–
Da nahm ich Handgeld von den Sachsen,
Meinte, da müßte mein Glück recht wachsen.
WACHTMEISTER.
Nun! da kamt Ihr ja eben recht
Zur böhmischen Beute.
ERSTER JÄGER.
Es ging mir schlecht.
Sollten da strenge Mannszucht halten,
Durften nicht recht als Feinde walten,
Mußten des Kaisers Schlösser bewachen,
Viel Umständ und Komplimente machen,
Führten den Krieg, als wärs nur Scherz,
Hatten für die Sach nur ein halbes Herz,
Wolltens mit niemand ganz verderben,
Kurz, da war wenig Ehr zu erwerben,
Und ich wär bald für Ungeduld
Wieder heimgelaufen zum Schreibepult,
Wenn nicht eben auf allen Straßen
Der Friedländer hätte werben lassen.
WACHTMEISTER.
Und wie lang denkt Ihrs hier auszuhalten?
ERSTER JÄGER.
Spaßt nur! solange der tut walten,
Denk ich Euch, mein Seel! an kein Entlaufen.
Kanus der Soldat wo besser kaufen? –
Da geht alles nach Kriegessitt,
Hat alles 'nen großen Schnitt.
Und der Geist, der im ganzen Korps tut leben,
Reißet gewaltig, wie Windesweben,
Auch den untersten Reiter mit.
Da tret ich auf mit beherztem Schritt,
Darf über den Bürger kühn wegschreiten,
Wie der Feldherr über der Fürsten Haupt.
Es ist hier wie in den alten Zeiten,
Wo die Klinge noch alles tät bedeuten,
Da gibts nur ein Vergehn und Verbrechen:
Der Ordre fürwitzig widersprechen!
Was nicht verboten ist, ist erlaubt;
Da fragt niemand, was einer glaubt.
Es gibt nur zwei Ding überhaupt,
Was zur Armee gehört und nicht,
Und nur der Fahne bin ich verpflicht.
WACHTMEISTER.
Jetzt gefallt Ihr mir, Jäger! Ihr sprecht
Wie ein Friedländischer Reitersknecht.
ERSTER JÄGER.
Der führt 's Kommando nicht wie ein Amt,
Wie eine Gewalt, die vom Kaiser stammt!
Es ist ihm nicht um des Kaisers Dienst,
Was bracht er dem Kaiser für Gewinst?
Was hat er mit seiner großen Macht
Zu des Landes Schirm und Schutz vollbracht?
Ein Reich von Soldaten wollt er gründen,
Die Welt anstecken und entzünden,
Sich alles vermessen und unterwinden –
TROMPETER.
Still! Wer wird solche Worte wagen!
ERSTER JÄGER.
Was ich denke, das darf ich sagen.
Das Wort ist frei, sagt da General.
WACHTMEISTER.
So sagt er, ich hörts wohl einigemal,
Ich stand dabei. »Das Wort ist frei,
Die Tat ist stumm, der Gehorsam blind«,
Dies urkundlich seine Worte sind.
ERSTER JÄGER.
Obs just seine Worte sind, weiß ich nicht;
Aber die Sach ist so, wie er spricht.
ZWEITER JÄGER.
Ihm schlägt das Kriegsglück nimmer um,
Wie's wohl bei andern pflegt zu geschehen.
Der Tilly überlebte seinen Ruhm.
Doch unter des Friedländers Kriegspanieren
Da bin ich gewiß zu victorisieren.
Er bannet das Glück, es muß ihm stehen.
Wer unter seinem Zeichen tut fechten,
Der steht unter besondern Mächten.
Denn das weiß ja die ganze Welt,
Daß der Friedländer einen Teufel
Aus der Hölle im Solde hält.
WACHTMEISTER.
Ja, daß er fest ist, das ist kein Zweifel.
Denn in der blutgen Affär bei Lützen
Ritt er euch unter des Feuers Blitzen
Auf und nieder mit kühlem Blut.
Durchlöchert von Kugeln war sein Hut,
Durch den Stiefel und Koller fuhren
Die Ballen, man sah die deutlichen Spuren,
Konnt ihm keine die Haut nur ritzen,
Weil ihn die höllische Salbe tät schützen.
ERSTER JÄGER.
Was wollt Ihr da für Wunder bringen!
Er trägt ein Koller von Elendshaut,
Das keine Kugel kann durchdringen.
WACHTMEISTER.
Nein, es ist die Salbe von Hexenkraut,
Unter Zaubersprüchen gekocht und gebraut.
TROMPETER.
Es geht nicht zu mit rechten Dingen!
WACHTMEISTER.
Sie sagen, er les auch in den Sternen
Die künftigen Dinge, die nahen und fernen;
Ich weiß aber besser, wie's damit ist.
Ein graues Männlein pflegt bei nächtlicher Frist
Durch verschlossene Türen zu ihm einzugehen,
Die Schildwachen habens oft angeschrien,
Und immer was Großes ist drauf geschehen,
Wenn je das graue Röcklein kam und erschien.
ZWEITER JÄGER.
Ja, er hat sich dem Teufel übergeben,
Drum führen wir auch das lustige Leben.
Siebenter Auftritt
Vorige. Ein Rekrut. Ein Bürger. Dragoner.
REKRUT tritt aus dem Zelt, eine Blechhaube auf dem Kopfe, eine Weinfasche in der Hand.
Grüß den Vater und Vaters Brüder!
Bin Soldat, komme nimmer wieder.
ERSTER JÄGER.
Sieh, da bringen sie einen Neuen!
BÜRGER.
O! gib acht, Franz! Es wird dich reuen.
REKRUT singt.
Trommeln und Pfeifen,
Kriegrischer Klang!
Wandern und streifen
Die Welt entlang,
Rosse gelenkt,
Mutig geschwenkt,
Schwert an der Seite,
Frisch in die Weite,
Flüchtig und flink,
Frei, wie der Fink
Auf Sträuchern und Bäumen,
In Himmels Räumen,
Heisa! ich folge des Friedländers Fahn!
ZWEITER JÄGER.
Seht mir! das ist ein wackrer Kumpan!
Sie begrüßen ihn.
BÜRGER.
O! laßt ihn! Er ist guter Leute Kind.
ERSTER JÄGER.
Wir auch nicht auf der Straße gefunden sind.
BÜRGER.
Ich sag euch, er hat Vermögen und Mittel.
Fühlt her, das feine Tüchlein am Kittel!
TROMPETER.
Des Kaisers Rock ist der höchste Titel.
BÜRGER.
Er erbt eine kleine Mützenfabrik.
ZWEITER JÄGER.
Des Menschen Wille, das ist sein Glück.
BÜRGER.
Von der Großmutter einen Kram und Laden.
ERSTER JÄGER.
Pfui! wer handelt mit Schwefelfaden!
BÜRGER.
Einen Weinschank dazu von seiner Paten,
Ein Gewölbe mit zwanzig Stückfaß Wein.
TROMPETER.
Den teilt er mit seinen Kameraden.
ZWEITER JÄGER.
Hör du! Wir müssen Zeltbrüder sein.
BÜRGER.
Eine Braut läßt er sitzen in Tränen und Schmerz.
ERSTER JÄGER.
Recht so, da zeigt er ein eisernes Herz.
BÜRGER.
Die Großmutter wird für Kummer sterben.
ZWEITER JÄGER.
Desto besser, so kann er sie gleich beerben.
WACHTMEISTER tritt gravitätisch herzu, dem Rekruten die Hand auf die Blechhaube legend.
Sieht Er! das hat Er wohl erwogen.
Einen neuen Menschen hat Er angezogen,
Mit dem Helm da und Wehrgehäng
Schließt Er sich an eine würdige Meng.
Muß ein führnehmer Geist jetzt in Ihn fahren –
ERSTER JÄGER.
Muß besonders das Geld nicht sparen.
WACHTMEISTER.
Auf der Fortuna ihrem Schiff
Ist Er zu segeln im Begriff,
Die Weltkugel liegt vor Ihm offen,
Wer nichts waget, der darf nichts hoffen.
Es treibt sich der Bürgersmann, träg und dumm,
Wie des Färbers Gaul, nur im Ring herum.
Aus dem Soldaten kann alles werden,
Denn Krieg ist jetzt die Losung auf Erden.
Seh Er mal mich an! In diesem Rock
Führ ich, sieht Er, des Kaisers Stock.
Alles Weltregiment, muß Er wissen,
Von dem Stock hat ausgehen müssen;
Und das Szepter in Königs Hand
Ist ein Stock nur, das ist bekannt.
Und wers zum Korporal erst hat gebracht,
Der steht auf der Leiter zur höchsten Macht,
Und so weit kann Ers auch noch treiben.
ERSTER JÄGER.
Wenn er nur lesen kann und schreiben.
WACHTMEISTER.
Da will ich Ihm gleich ein Exempel geben,
Ich täts vor kurzem selbst erleben.
Da ist der Schef vom Dragonerkorps,
Heißt Buttler, wir standen als Gemeine
Noch vor dreißig Jahren bei Köln am Rheine,
Jetzt nennt man ihn Generalmajor.
Das macht, er tät sich baß hervor,
Tät die Welt mit seinem Kriegsruhm füllen,
Doch meine Verdienste, die blieben im stillen.
Ja, und der Friedländer selbst, sieht Er,
Unser Hauptmann und hochgebietender Herr,
Der jetzt alles vermag und kann,
War erst nur ein schlichter Edelmann,
Und weil er der Kriegsgöttin sich vertraut,
Hat er sich diese Größ erbaut,
Ist nach dem Kaiser der nächste Mann,
Und wer weiß, was er noch erreicht und ermißt,
Pfiffig.
Denn noch nicht aller Tage Abend ist.
ERSTER JÄGER.
Ja, er fings klein an und ist jetzt so groß,
Denn zu Altdorf, im Studentenkragen,
Trieb ers, mit Permiß zu sagen,
Ein wenig locker und purschikos,
Hätte seinen Famulus bald erschlagen.
Wollten ihn drauf die Nürnberger Herren
Mir nichts, dir nichts ins Karzer sperren,
's war just ein neugebautes Nest,
Der erste Bewohner sollt es taufen.
Aber wie fängt ers an? Er läßt
Weislich den Pudel voran erst laufen.
Nach dem Hunde nennt sichs bis diesen Tag;
Ein rechter Kerl sich dran spiegeln mag.
Unter des Herrn großen Taten allen
Hat mir das Stückchen besonders gefallen.
Das Mädchen hat unterdessen aufgewartet; der zweite Jäger schäkert mit ihr.
DRAGONER tritt dazwischen.
Kamerad! laß Er das unterwegen.
ZWEITER JÄGER.
Wer, Henker! hat sich da dreinzulegen!
DRAGONER.
Ich wills Ihm nur sagen, die Dirn ist mein.
ERSTER JÄGER.
Der will ein Schätzchen für sich allein!
Dragoner, ist Er bei Troste! Sag Er!
ZWEITER JÄGER.
Will was Apartes haben im Lager.
Einer Dirne schön Gesicht
Muß allgemein sein, wie 's Sonnenlicht!
Küßt sie.
DRAGONER reißt sie weg.
Ich sags noch einmal, das leid ich nicht.
ERSTER JÄGER.
Lustig! lustig! da kommen die Prager!
ZWEITER JÄGER.
Sucht Er Händel? Ich bin dabei.
WACHTMEISTER.
Fried, ihr Herren! Ein Kuß ist frei!
Achter Auftritt
Bergknappen treten auf und spielen einen Walzer, erst langsam und dann immer geschwinder. Der erste Jäger tanzt mit der Aufwärterin, die Marketenderin mit dem Rekruten; das Mädchen entspringt, der Jäger hinter ihr her und bekommt den Kapuziner zu fassen, der eben hereintritt.
KAPUZINER.
Heisa, juchheia! Dudeldumdei!
Das geht ja hoch her. Bin auch dabei!
Ist das eine Armee von Christen?
Sind wir Türken? sind wir Antibaptisten?
Treibt man so mit dem Sonntag Spott,
Als hätte der allmächtige Gott
Das Chiragra, könnte nicht dreinschlagen?
Ists jetzt Zeit zu Saufgelagen?
Zu Banketten und Feiertagen?
Quid hic statis otiosi?
Was steht ihr und legt die Hände in Schoß?
Die Kriegsfuri ist an der Donau los,
Das Bollwerk des Bayerlands ist gefallen,
Regenspurg ist in des Feindes Krallen,
Und die Armee liegt hier in Böhmen,
Pflegt den Bauch, läßt sichs wenig grämen,
Kümmert sich mehr um den Krug als den Krieg,
Wetzt lieber den Schnabel als den Sabel,
Hetzt sich lieber herum mit der Dirn,
Frißt den Ochsen lieber als den Oxenstirn.
Die Christenheit trauert in Sack und Asche,
Der Soldat füllt sich nur die Tasche.
Es ist eine Zeit der Tränen und Not,
Am Himmel geschehen Zeichen und Wunder,
Und aus den Wolken, blutigrot,
Hängt der Herrgott den Kriegsmantel runter.
Den Kometen steckt er wie eine Rute
Drohend am Himmelsfenster aus,
Die ganze Welt ist ein Klagehaus,
Die Arche der Kirche schwimmt in Blute,
Und das römische Reich – daß Gott erbarm!
Sollte jetzt heißen römisch Arm,
Der Rheinstrom ist worden zu einem Peinstrom,
Die Klöster sind ausgenommene Nester,
Die Bistümer sind verwandelt in Wüsttümer,
Die Abteien und die Stifter
Sind nun Raubteien und Diebesklüfter,
Und alle die gesegneten deutschen Länder
Sind verkehrt worden in Elender –
Woher kommt das? das will ich euch verkünden,
Das schreibt sich her von euern Lastern und Sünden,
Von dem Greuel und Heidenleben,
Dem sich Offizier und Soldaten ergeben.
Denn die Sünd ist der Magnetenstein,
Der das Eisen ziehet ins Land herein.
Auf das Unrecht, da folgt das Übel,
Wie die Trän auf den herben Zwiebel,
Hinter dem U kömmt gleich das Weh,
Das ist die Ordnung im ABC.
Ubi erit victoriae spes,
Si offenditur Deus? Wie soll man siegen,
Wenn man die Predigt schwänzt und die Meß,
Nichts tut als in den Weinhäusern liegen?
Die Frau in dem Evangelium
Fand den verlornen Groschen wieder,
Der Saul seines Vaters Esel wieder,
Der Joseph seine saubern Brüder;
Aber wer bei den Soldaten sucht
Die Furcht Gottes und die gute Zucht
Und die Scham, der wird nicht viel finden,
Tät er auch hundert Laternen anzünden,
Zu dem Prediger in der Wüsten,
Wie wir lesen im Evangelisten,
Kamen auch die Soldaten gelaufen,
Taten Buß und ließen sich taufen,
Fragten ihn: Quid faciemus nos?
Wie machen wirs, daß wir kommen in Abrahams Schoß?
Et ait illis. Und er sagt:
Neminem concutiatis,
Wenn ihr niemanden schindet und plackt.
Neque calumniam faciatis,
Niemand verlästert, auf niemand lügt.
Contenti estote, euch begnügt,
Stipendiis vestris, mit eurer Löhnung
Und verflucht jede böse Angewöhnung.
Es ist ein Gebot: Du sollst den Namen
Deines Herrgotts nicht eitel auskramen,
Und wo hört man mehr blasphemieren
Als hier in den Friedländischen Kriegsquartieren?
Wenn man für jeden Donner und Blitz,
Den ihr losbrennt mit eurer Zungenspitz,
Die Glocken müßt läuten im Land umher,
Es wär bald kein Meßner zu finden mehr.
Und wenn euch für jedes böse Gebet,
Das aus eurem ungewaschnen Munde geht,
Ein Härlein ausging aus eurem Schopf,
Über Nacht wär er geschoren glatt,
Und wär er so dick wie Absalons Zopf.
Der Josua war doch auch ein Soldat,
König David erschlug den Goliath,
Und wo steht denn geschrieben zu lesen,
Daß sie solche Fluchmäuler sind gewesen?
Muß man den Mund doch, ich sollte meinen,
Nicht weiter aufmachen zu einem Helf Gott!
Als zu einem Kreuz Sackerlot!
Aber wessen das Gefäß ist gefüllt,
Davon es sprudelt und überquillt.
Wieder ein Gebot ist: Du sollst nicht stehlen.
Ja, das befolgt ihr nach dem Wort,
Denn ihr tragt alles offen fort,
Vor euren Klauen und Geiersgriffen,
Vor euren Praktiken und bösen Kniffen
Ist das Geld nicht geborgen in der Truh,
Das Kalb nicht sicher in der Kuh,
Ihr nehmt das Ei und das Huhn dazu.
Was sagt der Prediger? Contenti estote,
Begnügt euch mit eurem Kommißbrote.
Aber wie soll man die Knechte loben,
Kömmt doch das Ärgernis von oben!
Wie die Glieder, so auch das Haupt!
Weiß doch niemand, an wen der glaubt!
ERSTER JÄGER.
Herr Pfaff! Uns Soldaten mag Er schimpfen,
Den Feldherrn soll Er uns nicht verunglimpfen.
KAPUZINER.
Ne custodias gregem meam!
Das ist so ein Ahab und Jerobeam,
Der die Völker von der wahren Lehren
Zu falschen Götzen tut verkehren.
TROMPETER UND REKRUT.
Laß Er uns das nicht zweimal hören!
KAPUZINER.
So ein Bramarbas und Eisenfresser,
Will einnehmen alle festen Schlösser.
Rühmte sich mit seinem gottlosen Mund,
Er müsse haben die Stadt Stralsund,
Und wär sie mit Ketten an den Himmel geschlossen.
Hat aber sein Pulver umsonst verschossen.
TROMPETER.
Stopft ihm keiner sein Lästermaul?
KAPUZINER.
So ein Teufelsbeschwörer und König Saul,
So ein Jehu und Holofern,
Verleugnet wie Petrus seinen Meister und Herrn,
Drum kann er den Hahn nicht hören krähn –
BEIDE JÄGER.
Pfaffe, jetzt ists um dich geschehn!
KAPUZINER.
So ein listiger Fuchs Herodes –
TROMPETER UND BEIDE JÄGER auf ihn eindringend.
Schweig stille! Du bist des Todes.
KROATEN legen sich drein.
Bleib da, Pfäfflein, fürcht dich nit,
Sag dein Sprüchel und teils uns mit.
KAPUZINER schreit lauter.
So ein hochmütiger Nebukadnezer,
So ein Sündenvater und muffiger Ketzer,
Läßt sich nennen den Wallenstein,
Ja freilich ist er uns allen ein Stein
Des Anstoßes und Ärgernisses,
Und so lang der Kaiser diesen Friedeland
Läßt walten, so wird nicht Fried im Land.
Er hat nach und nach bei den letzten Worten, die er mit erhobener Stimme spricht, seinen Rückzug genommen, indem die Kroaten die übrigen Soldaten von ihm abwehren.
Neunter Auftritt
Vorige ohne den Kapuziner.
ERSTER JÄGER zum Wachtmeister.
Sagt mir! Was meint' er mit dem Göckelhahn,
Den der Feldherr nicht krähen hören kann?
Es war wohl nur so gesagt ihm zum Schimpf und Hohne?
WACHTMEISTER.
Da will ich Euch dienen! Es ist nicht ganz ohne!
Der Feldherr ist wundersam geboren,
Besonders hat er gar kitzligte Ohren.
Kann die Katze nicht hören mauen,
Und wenn der Hahn kräht, so machts ihm Grauen.
ERSTER JÄGER.
Das hat er mit dem Löwen gemein.
WACHTMEISTER.
Muß alles mausstill um ihn sein.
Den Befehl haben alle Wachen,
Denn er denkt gar zu tiefe Sachen.
STIMMEN im Zelt. Auflauf.
Greift ihn, den Schelm! Schlagt zu! Schlagt zu.
DES BAUERN STIMME.
Hilfe! Barmherzigkeit!
ANDRE STIMMEN.
Friede! Ruh!
ERSTER JÄGER.
Hol mich der Teufel! Da setzts Hiebe.
ZWEITER JÄGER.
Da muß ich dabei sein!
Laufen ins Zelt.
MARKETENDERIN kommt heraus.
Schelmen und Diebe!
TROMPETER.
Frau Wirtin, was setzt Euch so in Eifer?
MARKETENDERIN.
Der Lump! der Spitzbub! der Straßenläufer!
Das muß mir in meinem Zelt passieren!
Es beschimpft mich bei allen Herrn Offizieren.
WACHTMEISTER.
Bäschen, was gibts denn?
MARKETENDERIN.
Was wirds geben?
Da erwischten sie einen Bauer eben,
Der falsche Würfel tät bei sich haben.
TROMPETER.
Sie bringen ihn hier mit seinem Knaben.
Zehnter Auftritt
Soldaten bringen den Bauer geschleppt.
ERSTER JÄGER.
Der muß baumeln!
SCHARFSCHÜTZEN UND DRAGONER.
Zum Profoß! zum Profoß!
WACHTMEISTER.
Das Mandat ist noch kürzlich ausgegangen.
MARKETENDERIN.
In einer Stunde seh ich ihn hangen!
WACHTMEISTER.
Böses Gewerbe bringt bösen Lohn.
ERSTER ARKEBUSIER zum andern.
Das kommt von der Desperation.
Denn seht! erst tut man sie ruinieren,
Das heißt sie zum Stehlen selbst verführen.
TROMPETER.
Was? was? Ihr redt ihm das Wort noch gar?
Dem Hunde! tut Euch der Teufel plagen?
ERSTER ARKEBUSIER.
Der Bauer ist auch ein Mensch – so zu sagen,
ERSTER JÄGER zum Trompeter.
Laß sie gehen! sind Tiefenbacher.
Gevatter Schneider und Handschuhmacher!
Lagen in Garnison zu Brieg,
Wissen viel, was der Brauch ist im Krieg.
Eilfter Auftritt
Vorige. Kürassiere.
ERSTER KÜRASSIER.
Friede! Was gibts mit dem Bauer da?
ERSTER SCHARFSCHÜTZ.
's ist ein Schelm, hat im Spiel betrogen!
ERSTER KÜRASSIER.
Hat er dich betrogen etwa?
ERSTER SCHARFSCHÜTZ.
Ja, und hat mich rein ausgezogen.
ERSTER KÜRASSIER.
Wie? du bist ein Friedländischer Mann,
Kannst dich so wegwerfen und blamieren,
Mit einem Bauer dein Glück probieren?
Der laufe, was er laufen kann.
Bauer entwischt, die andern treten zusammen.
ERSTER ARKEBUSIER.
Der macht kurze Arbeit, ist resolut,
Das ist mit solchem Volke gut.
Was ists für einer? Es ist kein Böhm.
MARKETENDERIN.
's ist ein Wallon! Respekt vor dem!
Von des Pappenheims Kürassieren.
ERSTER DRAGONER tritt dazu.
Der Piccolomini, der junge, tut sie jetzt führen,
Den haben sie sich aus eigner Macht
Zum Oberst gesetzt in der Lützner Schlacht,
Als der Pappenheim umgekommen.
ERSTER ARKEBUSIER.
Haben sie sich so was rausgenommen?
ERSTER DRAGONER.
Dies Regiment hat was voraus,
Es war immer voran bei jedem Strauß.
Darf auch seine eigene Justiz ausüben,
Und der Friedländer tuts besonders lieben.
ERSTER KÜRASSIER zum andern.
Ists auch gewiß? Wer bracht es aus?
ZWEITER KÜRASSIER.
Ich habs aus des Obersts eigenem Munde.
ERSTER KÜRASSIER.
Was Teufel! Wir sind nicht ihre Hunde.
ERSTER JÄGER.
Was haben die da? sind voller Gift.
ZWEITER JÄGER.
Ists was, ihr Herrn, das uns mitbetrifft?
ERSTER KÜRASSIER.
Es hat sich keiner drüber zu freuen.
Soldaten treten herzu.
Sie wollen uns in die Niederland leihen;
Kürassiere, Jäger, reitende Schützen,
Sollen achttausend Mann aufsitzen.
MARKETENDERIN.
Was? was? da sollen wir wieder wandern?
Bin erst seit gestern zurück aus Flandern.
ZWEITER KÜRASSIER zu den Dragonern.
Ihr Buttlerischen sollt auch mitreiten.
ERSTER KÜRASSIER.
Und absonderlich wir Wallonen.
MARKETENDERIN.
Ei, das sind ja die allerbesten Schwadronen!
ERSTER KÜRASSIER.
Den aus Mailand sollen wir hinbegleiten.
ERSTER JÄGER.
Den Infanten! Das ist ja kurios!
ZWEITER JÄGER.
Den Pfaffen! Da geht der Teufel los.
ERSTER KÜRASSIER.
Wir sollen von dem Friedländer lassen,
Der den Soldaten so nobel hält,
Mit dem Spanier ziehen zu Feld,
Dem Knauser, den wir von Herzen hassen?
Nein, das geht nicht! Wir laufen fort.
TROMPETER.
Was zum Henker! sollen wir dort?
Dem Kaiser verkauften wir unser Blut
Und nicht dem hispanischen roten Hut.
ZWEITER JÄGER.
Auf des Friedländers Wort und Kredit allein
Haben wir Reitersdienst genommen;
Wärs nicht aus Lieb für den Wallenstein,
Der Ferdinand hätt uns nimmer bekommen.
ERSTER DRAGONER.
Tät uns der Friedländer nicht formieren?
Seine Fortuna soll uns führen.
WACHTMEISTER.
Laßt euch bedeuten, hört mich an.
Mit dem Gered da ists nicht getan.
Ich sehe weiter als ihr alle,
Dahinter steckt eine böse Falle.
ERSTER JÄGER.
Hört das Befehlbuch! Stille doch!
WACHTMEISTER.
Bäschen Gustel, füllt mir erst noch
Ein Gläschen Melnecker für den Magen,
Alsdann will ich euch meine Gedanken sagen.
MARKETENDERIN ihm einschenkend.
Hier, Herr Wachtmeister! Er macht mir Schrecken.
Es wird doch nichts Böses dahinterstecken!
WACHTMEISTER.
Seht, ihr Herrn, das ist all recht gut,
Daß jeder das Nächste bedenken tut;
Aber, pflegt der Feldherr zu sagen,
Man muß immer das Ganze überschlagen.
Wir nennen uns alle des Friedländers Truppen.
Der Bürger, er nimmt uns ins Quartier,
Und pflegt uns und kocht uns warme Suppen.
Der Bauer muß den Gaul und den Stier
Vorspannen an unsre Bagagewagen,
Vergebens wird er sich drüber beklagen.
Läßt sich ein Gefreiter mit sieben Mann
In einem Dorfe von weitem spüren,
Er ist die Obrigkeit drin und kann
Nach Lust drin walten und kommandieren.
Zum Henker! Sie mögen uns alle nicht,
Und sähen des Teufels sein Angesicht
Weit lieber als unsre gelben Kolletter.
Warum schmeißen sie uns nicht aus dem Land? Potz Wetter!
Sind uns an Anzahl doch überlegen,
Führen den Knittel, wie wir den Degen.
Warum dürfen wir ihrer lachen?
Weil wir einen furchtbaren Haufen ausmachen!
ERSTER JÄGER.
Ja, ja, im Ganzen, da sitzt die Macht!
Der Friedländer hat das wohl erfahren,
Wie er dem Kaiser vor acht – neun Jahren
Die große Armee zusammenbracht.
Sie wollten erst nur von zwölftausend hören:
Die, sagt' er, die kann ich nicht ernähren;
Aber ich will sechzigtausend werben,
Die, weiß ich, werden nicht Hungers sterben.
Und so wurden wir Wallensteiner.
WACHTMEISTER.
Zum Exempel, da hack mir einer
Von den fünf Fingern, die ich hab,
Hier an der Rechten den kleinen ab.
Habt ihr mir den Finger bloß genommen?
Nein, beim Kuckuck! ich bin um die Hand gekommen!
's ist nur ein Stumpf, und nichts mehr wert.
Ja, und diese achttausend Pferd,
Die man nach Flandern jetzt begehrt,
Sind von der Armee nur der kleine Finger.
Läßt man sie ziehn, ihr tröstet euch,
Wir seien um ein Fünftel nur geringer?
Prost Mahlzeit! da fällt das Ganze gleich.
Die Furcht ist weg, der Respekt, die Scheu,
Da schwillt dem Bauer der Kamm aufs neu,
Da schreiben sie uns in der Wiener Kanzlei
Den Quartier- und den Küchenzettel,
Und es ist wieder der alte Bettel.
Ja, und wie lang wirds stehen an,
So nehmen sie uns auch noch den Feldhauptmann –
Sie sind ihm am Hofe so nicht grün,
Nun, da fällt eben alles hin!
Wer hilft uns dann wohl zu unserm Geld?
Sorgt, daß man uns die Kontrakte hält?
Wer hat den Nachdruck und hat den Verstand,
Den schnellen Witz und die feste Hand,
Diese gestückelten Heeresmassen
Zusammenzufügen und – zupassen?
Zum Exempel – Dragoner – sprich:
Aus welchem Vaterland schreibst du dich?
ERSTER DRAGONER.
Weit aus Hibernien her komm ich.
WACHTMEISTER zu den beiden Kürassieren.
Ihr, das weiß ich, seid ein Wallon,
Ihr ein Welscher. Man hörts am Ton.
ERSTER KÜRASSIER.
Wer ich bin? ich habs nie können erfahren,
Sie stahlen mich schon in jungen Jahren.
WACHTMEISTER.
Und du bist auch nicht aus der Näh?
ERSTER ARKEBUSIER.
Ich bin von Buchau am Feder-See.
WACHTMEISTER.
Und Ihr, Nachbar?
ZWEITER ARKEBUSIER.
Aus der Schwitz.
WACHTMEISTER zum zweiten Jäger.
Was für ein Landsmann bist du, Jäger?
ZWEITER JÄGER.
Hinter Wismar ist meiner Eltern Sitz.
WACHTMEISTER auf den Trompeter zeigend.
Und der da und ich, wir sind aus Eger.
Nun! und wer merkt uns das nun an,
Daß wir aus Süden und aus Norden
Zusammengeschneit und – geblasen worden?
Sehn wir nicht aus wie aus einem Span?
Stehn wir nicht gegen den Feind geschlossen,
Recht wie zusammengeleimt und – gegossen?
Greifen wir nicht wie ein Mühlwerk flink
Ineinander, auf Wort und Wink?
Wer hat uns so zusammengeschmiedet,
Daß ihr uns nimmer unterschiedet?
Kein andrer sonst als der Wallenstein!
ERSTER JÄGER.
Das fiel mir mein Lebtag nimmer ein,
Daß wir so gut zusammenpassen;
Hab mich immer nur gehen lassen.
ERSTER KÜRASSIER.
Dem Wachtmeister muß ich Beifall geben.
Dem Kriegsstand kämen sie gern ans Leben;
Den Soldaten wollen sie niederhalten,
Daß sie alleine können walten.
's ist eine Verschwörung, ein Komplott.
MARKETENDERIN.
Eine Verschwörung? du lieber Gott!
Da können die Herren ja nicht mehr zahlen.
WACHTMEISTER.
Freilich! Es wird alles bankerott.
Viele von den Hauptleuten und Generalen
Stellten aus ihren eignen Kassen
Die Regimenter, wollten sich sehen lassen,
Täten sich angreifen über Vermögen,
Dachten, es bring ihnen großen Segen.
Und die alle sind um ihr Geld,
Wenn das Haupt, wenn der Herzog fällt.
MARKETENDERIN.
Ach! du mein Heiland! das bringt mir Fluch!
Die halbe Armee steht in meinem Buch.
Der Graf Isolani, der böse Zahler,
Restiert mir allein noch zweihundert Taler.
ERSTER KÜRASSIER.
Was ist da zu machen, Kameraden?
Es ist nur eins, was uns retten kann,
Verbunden können sie uns nichts schaden,
Wir stehen alle für einen Mann.
Laßt sie schicken und ordenanzen,
Wir wollen uns fest in Böhmen pflanzen,
Wir geben nicht nach und marschieren nicht,
Der Soldat jetzt um seine Ehre ficht.
ZWEITER JÄGER.
Wir lassen uns nicht so im Land rum führen!
Sie sollen kommen und sollens probieren!
ERSTER ARKEBUSIER.
Liebe Herren, bedenkts mit Fleiß,
's ist des Kaisers Will und Geheiß.
TROMPETER.
Werden uns viel um den Kaiser scheren.
ERSTER ARKEBUSIER.
Laß Er mich das nicht zweimal hören.
TROMPETER.
's ist aber doch so, wie ich gesagt.
ERSTER JÄGER.
Ja, ja, ich hörts immer so erzählen,
Der Friedländer hab hier allein zu befehlen.
WACHTMEISTER.
So ists auch, das ist sein Beding und Pakt.
Absolute Gewalt hat er, müßt ihr wissen,
Krieg zu führen und Frieden zu schließen,
Geld und Gut kann er konfiszieren,
Kann henken lassen und pardonieren,
Offiziere kann er und Obersten machen,
Kurz, er hat alle die Ehrensachen.
Das hat er vom Kaiser eigenhändig.
ERSTER ARKEBUSIER.
Der Herzog ist gewaltig und hochverständig;
Aber er bleibt doch, schlecht und recht,
Wie wir alle, des Kaisers Knecht.
WACHTMEISTER.
Nicht wie wir alle! das wißt Ihr schlecht.
Er ist ein unmittelbarer und freier
Des Reiches Fürst, so gut wie der Bayer.
Sah ichs etwa nicht selbst mit an,
Als ich zu Brandeis die Wach getan,
Wie ihm der Kaiser selbsten erlaubt
Zu bedecken sein fürstlich Haupt?
ERSTER ARKEBUSIER.
Das war für das Mecklenburger Land,
Das ihm der Kaiser versetzt als Pfand.
ERSTER JÄGER zum Wachtmeister.
Wie? In des Kaisers Gegenwart?
Das ist doch seltsam und sehr apart!
WACHTMEISTER fährt in die Tasche.
Wollt ihr mein Wort nicht gelten lassen,
Sollt ihrs mit Händen greifen und fassen.
Eine Münze zeigend.
Wes ist das Bild und Gepräg?
MARKETENDERIN.
Weist her!
Ei, das ist ja ein Wallensteiner!
WACHTMEISTER.
Na! da habt ihrs, was wollt ihr mehr?
Ist er nicht Fürst so gut als einer?
Schlägt er nicht Geld, wie der Ferdinand?
Hat er nicht eigenes Volk und Land?
Eine Durchlauchtigkeit läßt er sich nennen!
Drum muß er Soldaten halten können.
ERSTER ARKEBUSIER.
Das disputiert ihm niemand nicht.
Wir aber stehn in des Kaisers Pflicht,
Und wer uns bezahlt, das ist der Kaiser.
TROMPETER.
Das leugn ich Ihm, sieht Er, ins Angesicht.
Wer uns nicht zahlt, das ist der Kaiser!
Hat man uns nicht seit vierzig Wochen
Die Löhnung immer umsonst versprochen?
ERSTER ARKEBUSIER.
Ei was! das steht ja in guten Händen.
ERSTER KÜRASSIER.
Fried, ihr Herrn! Wollt ihr mit Schlägen enden?
Ist denn darüber Zank und Zwist,
Ob der Kaiser unser Gebieter ist?
Eben drum, weil wir gern in Ehren
Seine tüchtigen Reiter wären,
Wollen wir nicht seine Herde sein,
Wollen uns nicht von den Pfaffen und Schranzen
Herum lassen führen und verpflanzen.
Sagt selber! Kommts nicht dem Herrn zugut,
Wenn sein Kriegsvolk was auf sich halten tut?
Wer anders macht ihn als seine Soldaten
Zu dem großmächtigen Potentaten?
Verschafft und bewahrt ihm weit und breit
Das große Wort in der Christenheit?
Mögen sich die sein Joch auf laden,
Die mitessen von seinen Gnaden,
Die mit ihm tafeln im goldnen Zimmer.
Wir, wir haben von seinem Glanz und Schimmer
Nichts als die Müh und als die Schmerzen,
Und wofür wir uns halten in unserm Herzen.
ZWEITER JÄGER.
Alle großen Tyrannen und Kaiser
Hieltens so und waren viel weiser.
Alles andre täten sie hudeln und schänden,
Den Soldaten trugen sie auf den Händen.
ERSTER KÜRASSIER.
Der Soldat muß sich können fühlen.
Wers nicht edel und nobel treibt,
Lieber weit von dem Handwerk bleibt.
Soll ich frisch um mein Leben spielen,
Muß mir noch etwas gelten mehr.
Oder ich lasse mich eben schlachten
Wie der Kroat – und muß mich verachten.
BEIDE JÄGER.
Ja, übers Leben noch geht die Ehr!
ERSTER KÜRASSIER.
Das Schwert ist kein Spaten, kein Pflug,
Wer damit ackern wollte, wäre nicht klug.
Es grünt uns kein Halm, es wächst keine Saat,
Ohne Heimat muß der Soldat
Auf dem Erdboden flüchtig schwärmen,
Darf sich an eignem Herd nicht wärmen,
Er muß vorbei an der Städte Glanz,
An des Dörfleins lustigen, grünen Auen,
Die Traubenlese, den Erntekranz
Muß er wandernd von ferne schauen.
Sagt mir, was hat er an Gut und Wert,
Wenn der Soldat sich nicht selber ehrt?
Etwas muß er sein eigen nennen,
Oder der Mensch wird morden und brennen.
ERSTER ARKEBUSIER.
Das weiß Gott, 's ist ein elend Leben!
ERSTER KÜRASSIER.
Möchts doch nicht für ein andres geben.
Seht, ich bin weit in der Welt rumkommen,
Hab alles in Erfahrung genommen.
Hab der hispanischen Monarchie
Gedient und der Republik Venedig
Und dem Königreich Napoli,
Aber das Glück war mir nirgends gnädig.
Hab den Kaufmann gesehn und den Ritter,
Und den Handwerksmann und den Jesuiter,
Und kein Rock hat mir unter allen
Wie mein eisernes Wams gefallen.
ERSTER ARKEBUSIER.
Ne! das kann ich eben nicht sagen.
ERSTER KÜRASSIER.
Will einer in der Welt was erjagen,
Mag er sich rühren und mag sich plagen,
Will er zu hohen Ehren und Würden,
Bück er sich unter die goldnen Bürden.
Will er genießen den Vatersegen,
Kinder und Enkelein um sich pflegen,
Treib er ein ehrlich Gewerb in Ruh.
Ich – ich hab kein Gemüt dazu.
Frei will ich leben und also sterben,
Niemand berauben und niemand beerben,
Und auf das Gehudel unter mir
Leicht wegschauen von meinem Tier.
ERSTER JÄGER.
Bravo! Just so ergeht es mir.
ERSTER ARKEBUSIER.
Lustiger freilich mag sichs haben,
Über anderer Köpf wegtraben.
ERSTER KÜRASSIER.
Kamerad, die Zeiten sind schwer,
Das Schwert ist nicht bei der Waage mehr;
Aber so mag mirs keiner verdenken,
Daß ich mich lieber zum Schwert will lenken.
Kann ich im Krieg mich doch menschlich fassen,
Aber nicht auf mir trommeln lassen.
ERSTER ARKEBUSIER.
Wer ist dran schuld, als wir Soldaten,
Daß der Nährstand in Schimpf geraten?
Der leidige Krieg, und die Not und Plag
In die sechzehn Jahr schon währen mag.
ERSTER KÜRASSIER.
Bruder, den lieben Gott da droben,
Es können ihn alle zugleich nicht loben.
Einer will die Sonn, die den andern beschwert,
Dieser wills trocken, was jener feucht begehrt.
Wo du nur die Not siehst und die Plag,
Da scheint mir des Lebens heller Tag.
Gehts auf Kosten des Bürgers und Bauern,
Nun wahrhaftig, sie werden mich dauern;
Aber ich kanns nicht ändern – seht,
's ist hier just, wies beim Einhaun geht,
Die Pferde schnauben und setzen an,
Liege wer will mitten in der Bahn,
Seis mein Bruder, mein leiblicher Sohn,
Zerriß mir die Seele sein Jammerton,
Über seinen Leib weg muß ich jagen,
Kann ihn nicht sachte beiseitetragen.
ERSTER JÄGER.
Ei, wer wird nach dem andern fragen!
ERSTER KÜRASSIER.
Und weil sichs nun einmal so gemacht,
Daß das Glück dem Soldaten lacht,
Laßts uns mit beiden Händen fassen,
Lang werden sies uns nicht so treiben lassen.
Der Friede wird kommen über Nacht,
Der dem Wesen ein Ende macht;
Der Soldat zäumt ab, der Bauer spannt ein,
Eh mans denkt, wirds wieder das alte sein.
Jetzt sind wir noch beisammen im Land,
Wir haben's Heft noch in der Hand,
Lassen wir uns auseinander sprengen,
Werden sie uns den Brotkorb höher hängen.
ERSTER JÄGER.
Nein, das darf nimmermehr geschehn!
Kommt, laßt uns alle für einen stehn.
ZWEITER JÄGER.
Ja, laßt uns Abrede nehmen, hört!
ERSTER ARKEBUSIER ein ledernes Beutelchen ziehend, zur Marketenderin.
Gevatterin, was hab ich verzehrt,
MARKETENDERIN.
Ach! es ist nicht der Rede wert!
Sie rechnen.
TROMPETER.
Ihr tut wohl, daß ihr weiter geht,
Verderbt uns doch nur die Sozietät.
Arkebusiere gehen ab.
ERSTER KÜRASSIER.
Schad um die Leut! Sind sonst wackre Brüder.
ERSTER JÄGER.
Aber das denkt wie ein Seifensieder.
ZWEITER JÄGER.
Jetzt sind wir unter uns, laßt hören,
Wie wir den neuen Anschlag stören.
TROMPETER.
Was? wir gehen eben nicht hin.
ERSTER KÜRASSIER.
Nichts, ihr Herrn, gegen die Disziplin!
Jeder geht jetzt zu seinem Korps,
Trägts den Kameraden vernünftig vor,
Daß sies begreifen und einsehn lernen.
Wir dürfen uns nicht so weit entfernen.
Für meine Wallonen sag ich gut.
So, wie ich, jeder denken tut.
WACHTMEISTER.
Terzkas Regimenter zu Roß und Fuß
Stimmen alle in diesen Schluß.
ZWEITER KÜRASSIER stellt sich zum ersten.
Der Lombard sich nicht vom Wallonen trennt.
ERSTER JÄGER.
Freiheit ist Jägers Element.
ZWEITER JÄGER.
Freiheit ist bei der Macht allein.
Ich leb und sterb bei dem Wallenstein.
ERSTER SCHARFSCHÜTZ.
Der Lothringer geht mit der großen Flut,
Wo der leichte Sinn ist und lustiger Mut.
DRAGONER.
Der Irländer folgt des Glückes Stern.
ZWEITER SCHARFSCHÜTZ.
Der Tiroler dient nur dem Landesherrn.
ERSTER KÜRASSIER.
Also laßt jedes Regiment
Ein Pro memoria reinlich schreiben:
Daß wir zusammen wollen bleiben,
Daß uns keine Gewalt noch List
Von dem Friedländer weg soll treiben,
Der ein Soldatenvater ist.
Das reicht man in tiefer Devotion
Dem Piccolomini – ich meine den Sohn –
Der versteht sich auf solche Sachen,
Kann bei dem Friedländer alles machen,
Hat auch einen großen Stein im Brett
Bei des Kaisers und Königs Majestät.
ZWEITER JÄGER.
Kommt! Dabei bleibts! Schlagt alle ein!
Piccolomini soll unser Sprecher sein.
TROMPETER, DRAGONER, ERSTER JÄGER, ZWEITER KÜRASSIER, SCHARFSCHÜTZEN zugleich.
Piccolomini soll unser Sprecher sein.
Wollen fort.
WACHTMEISTER.
Erst noch ein Gläschen, Kameraden!
Trinkt.
Des Piccolomini hohe Gnaden!
MARKETENDERIN bringt eine Flasche.
Das kommt nicht aufs Kerbholz. Ich geb es gern.
Gute Verrichtung, meine Herrn!
KÜRASSIERE.
Der Wehrstand soll leben!
BEIDE JÄGER.
Der Nährstand soll geben!
DRAGONER UND SCHARFSCHÜTZEN.
Die Armee soll florieren!
TROMPETER UND WACHTMEISTER.
Und der Friedländer soll sie regieren.
ZWEITER KÜRASSIER singt.
Wohl auf, Kameraden, aufs Pferd, aufs Pferd!
Ins Feld, in die Freiheit gezogen.
Im Felde, da ist der Mann noch was wert,
Da wird das Herz noch gewogen.
Da tritt kein anderer für ihn ein,
Auf sich selber steht er da ganz allein.
Die Soldaten aus dem Hintergrunde haben sich während des Gesangs herbeigezogen und machen den Chor.
CHOR.
Da tritt kein anderer für ihn ein,
Auf sich selber steht er da ganz allein.
DRAGONER.
Aus der Welt die Freiheit verschwunden ist,
Man sieht nur Herren und Knechte;
Die Falschheit herrschet, die Hinterlist
Bei dem feigen Menschengeschlechte.
Der dem Tod ins Angesicht schauen kann,
Der Soldat allein ist der freie Mann.
CHOR.
Der dem Tod ins Angesicht schauen kann,
Der Soldat allein ist der freie Mann.
ERSTER JÄGER.
Des Lebens Ängsten, er wirft sie weg,
Hat nicht mehr zu fürchten, zu sorgen;
Er reitet dem Schicksal entgegen keck,
Triffts heute nicht, trifft es doch morgen,
Und trifft es morgen, so lasset uns heut
Noch schlürfen die Neige der köstlichen Zeit.
CHOR.
Und trifft es morgen, so lasset uns heut
Noch schlürfen die Neige der köstlichen Zeit.
Die Gläser sind aufs neue gefüllt worden, sie stoßen an und trinken.
WACHTMEISTER.
Von dem Himmel fällt ihm sein lustiges Los,
Brauchts nicht mit Müh zu erstreben,
Der Fröner, der sucht in der Erde Schoß,
Da meint er den Schatz zu erheben.
Er gräbt und schaufelt, so lang er lebt,
Und gräbt, bis er endlich sein Grab sich gräbt.
CHOR.
Er gräbt und schaufelt, so lang er lebt,
Und gräbt, bis er endlich sein Grab sich gräbt.
ERSTER JÄGER.
Der Reiter und sein geschwindes Roß,
Sie sind gefürchtete Gäste;
Es flimmern die Lampen im Hochzeitschloß,
Ungeladen kommt er zum Feste,
Er wirbt nicht lange, er zeiget nicht Gold,
Im Sturm erringt er den Minnesold.
CHOR.
Er wirbt nicht lange, er zeiget nicht Gold,
Im Sturm erringt er den Minnesold.
ZWEITER KÜRASSIER.
Warum weint die Dirn und zergrämet sich schier?
Laß fahren dahin, laß fahren!
Er hat auf Erden kein bleibend Quartier,
Kann treue Lieb nicht bewahren.
Das rasche Schicksal, es treibt ihn fort,
Seine Ruh läßt er an keinem Ort.
CHOR.
Das rasche Schicksal, es treibt ihn fort,
Seine Ruh läßt er an keinem Ort.
ERSTER JÄGER faßt die zwei Nächsten an der Hand, die übrigen ahmen es nach; alle, welche gesprochen, bilden einen großen Halbkreis.
Drum frisch, Kameraden, den Rappen gezäumt,
Die Brust im Gefechte gelüftet.
Die Jugend brauset, das Leben schäumt,
Frisch auf! eh der Geist noch verdüftet.
Und setzet ihr nicht das Leben ein,
Nie wird euch das Leben gewonnen sein.
CHOR.
Und setzet ihr nicht das Leben ein,
Nie wird euch das Leben gewonnen sein.
Der Vorhang fällt, ehe der Chor ganz ausgesungen.
Die Piccolomini
In fünf Aufzügen
Personen.
Wallenstein, Herzog zu Friedland, kaiserlicher Generalissimus im Dreißigjährigen Kriege.
Octavio Piccolomini, Generalleutnant.
Max Piccolomini, sein Sohn, Oberst bei einem Kürassierregiment.
Graf Terzky, Wallensteins Schwager, Chef mehrerer Regimenter.
Illo, Feldmarschall, Wallensteins Vertrauter.
Isolani, General der Kroaten.
Buttler, Chef eines Dragonerregiments.
Tiefenbach,
Don Maradas,
Götz,
Colalto, , Generale unter Wallenstein.
Rittmeister Neumann, Terzkys Adjutant.
Kriegsrat von Questenberg, vom Kaiser gesendet.
Baptista Seni, Astrolog.
Herzogin von Friedland, Wallensteins Gemahlin.
Thekla, Prinzessin von Friedland, ihre Tochter.
Gräfin Terzky, der Herzogin Schwester.
Ein Kornett.
Kellermeister des Grafen Terzky.
Friedländische Pagen und Bediente.
Terzkysche Bediente und Hoboisten.
Mehrere Obersten und Generale.
Erster Aufzug
Ein alter gotischer Saal auf dem Rathause zu Pilsen, mit Fahnen und anderm Kriegsgeräte dekoriert.
Erster Auftritt
Illo mit Buttler und Isolani.
ILLO.
Spät kommt Ihr – Doch Ihr kommt! Der weite Weg,
Graf Isolan, entschuldigt Euer Säumen.
ISOLANI.
Wir kommen auch mit leeren Händen nicht!
Es ward uns angesagt bei Donauwerth,
Ein schwedischer Transport sei unterwegs
Mit Proviant, an die sechshundert Wagen. –
Den griffen die Kroaten mir noch auf,
Wir bringen ihn.
ILLO.
Er kommt uns grad zu paß,
Die stattliche Versammlung hier zu speisen.
BUTTLER.
Es ist schon lebhaft hier, ich sehs.
ISOLANI.
Ja, ja,
Die Kirchen selber liegen voll Soldaten,
Sich umschauend.
Auch auf dem Rathaus, seh ich, habt ihr euch
Schon ziemlich eingerichtet – Nun! nun! der Soldat
Behilft und schickt sich, wie er kann!
ILLO.
Von dreißig Regimentern haben sich
Die Obersten zusammen schon gefunden,
Den Terzky trefft Ihr hier, den Tiefenbach,
Colalto, Götz, Maradas, Hinnersam,
Auch Sohn und Vater Piccolomini, –
Ihr werdet manchen alten Freund begrüßen.
Nur Gallas fehlt uns noch und Altringer.
BUTTLER.
Auf Gallas wartet nicht.
ILLO stutzt.
Wieso? Wißt Ihr –
ISOLANI unterbricht ihn.
Max Piccolomini hier? O! führt mich zu ihm.
Ich seh ihn noch – es sind jetzt zehen Jahr –
Als wir bei Dessau mit dem Mansfeld schlugen,
Den Rappen sprengen von der Brücke herab,
Und zu dem Vater, der in Nöten war,
Sich durch der Elbe reißend Wasser schlagen.
Da sproßt' ihm kaum der erste Flaum ums Kinn,
Jetzt, hör ich, soll der Kriegsheld fertig sein.
ILLO.
Ihr sollt ihn heut noch sehn. Er führt aus Kärnten
Die Fürstin Friedland her und die Prinzessin,
Sie treffen diesen Vormittag noch ein.
BUTTLER.
Auch Frau und Tochter ruft der Fürst hieher?
Er ruft hier viel zusammen.
ISOLANI.
Desto besser.
Erwartet ich doch schon von nichts als Märschen
Und Batterien zu hören und Attacken;
Und siehe da! der Herzog sorgt dafür,
Daß auch was Holdes uns das Aug ergötze.
ILLO der nachdenkend gestanden, zu Buttlern, den er ein wenig auf die Seite führt.
Wie wißt Ihr, daß Graf Gallas außenbleibt?
BUTTLER mit Bedeutung.
Weil er auch mich gesucht zurückzuhalten.
ILLO warm.
Und Ihr seid festgeblieben?
Drückt ihm die Hand.
Wackrer Buttler!
BUTTLER.
Nach der Verbindlichkeit, die mir der Fürst
Noch kürzlich aufgelegt –
ILLO.
Ja, Generalmajor! Ich gratuliere!
ISOLANI.
Zum Regiment, nicht wahr, das ihm der Fürst
Geschenkt? Und noch dazu dasselbe, hör ich,
Wo er vom Reiter hat heraufgedient?
Nun, das ist wahr! dem ganzen Korps gereichts
Zum Sporn, zum Beispiel, macht einmal ein alter
Verdienter Kriegsmann seinen Weg.
BUTTLER.
Ich bin verlegen,
Ob ich den Glückwunsch schon empfangen darf,
– Noch fehlt vom Kaiser die Bestätigung.
ISOLANI.
Greif zu! greif zu! Die Hand, die Ihn dahin
Gestellt, ist stark genug Ihn zu erhalten,
Trotz Kaiser und Ministern.
ILLO.
Wenn wir alle
So gar bedenklich wollten sein!
Der Kaiser gibt uns nichts – vom Herzog
Kommt alles, was wir hoffen, was wir haben.
ISOLANI zu Illo.
Herr Bruder! Hab ichs schon erzählt? Der Fürst
Will meine Kreditoren kontentieren,
Will selber mein Kassier sein künftighin,
Zu einem ordentlichen Mann mich machen.
Und das ist nun das dritte Mal, bedenk Er!
Daß mich der Königlichgesinnte vom
Verderben rettet, und zu Ehren bringt.
ILLO.
Könnt er nur immer, wie er gerne wollte!
Er schenkte Land und Leut an die Soldaten.
Doch wie verkürzen sie in Wien ihm nicht den Arm,
Beschneiden, wo sie können, ihm die Flügel! –
Da! diese neuen, saubern Foderungen,
Die dieser Questenberger bringt!
BUTTLER.
Ich habe mir
Von diesen kaiserlichen Foderungen auch
Erzählen lassen – doch ich hoffe,
Der Herzog wird in keinem Stücke weichen.
ILLO.
Von seinem Recht gewißlich nicht, wenn nur nicht
– Vom Platze!
BUTTLER betroffen.
Wißt Ihr etwas? Ihr erschreckt mich.
ISOLANI zugleich.
Wir wären alle ruiniert!
ILLO.
Brecht ab!
Ich sehe unsern Mann dort eben kommen
Mit Genralleutnant Piccolomini.
BUTTLER den Kopf bedenklich schüttelnd.
Ich fürchte,
Wir gehn nicht von hier, wie wir kamen.
Zweiter Auftritt
Vorige. Octavio Piccolomini. Questenberg.
OCTAVIO noch in der Entfernung.
Wie? Noch der Gäste mehr? Gestehn Sie, Freund!
Es brauchte diesen tränenvollen Krieg,
So vieler Helden ruhmgekrönte Häupter
In eines Lagers Umkreis zu versammeln.
QUESTENBERG.
In kein Friedländisch Heereslager komme,
Wer von dem Kriege Böses denken will.
Beinah vergessen hätt ich seine Plagen,
Da mir der Ordnung hoher Geist erschienen,
Durch die er, weltzerstörend, selbst besteht,
Das Große mir erschienen, das er bildet.
OCTAVIO.
Und siehe da! ein tapfres Paar, das würdig
Den Heldenreihen schließt: Graf Isolan
Und Obrist Buttler. – Nun, da haben wir
Vor Augen gleich das ganze Kriegeshandwerk.
Buttlern und Isolani präsentierend.
Es ist die Stärke, Freund, und Schnelligkeit.
QUESTENBERG zu Octavio.
Und zwischen beiden der erfahrne Rat.
OCTAVIO Questenbergen an jene vorstellend.
Den Kammerherrn und Kriegsrat Questenberg,
Den Überbringer kaiserlicher Befehle,
Der Soldaten großen Gönner und Patron
Verehren wir in diesem würdigen Gaste.
Allgemeines Stillschweigen.
ILLO nähert sich Questenbergen.
Es ist das erstemal nicht, Herr Minister,
Daß Sie im Lager uns die Ehr erweisen.
QUESTENBERG.
Schon einmal sah ich mich vor diesen Fahnen.
ILLO.
Und wissen Sie, wo das gewesen ist?
Zu Znaim wars, in Mähren, wo Sie sich
Von Kaisers wegen eingestellt, den Herzog
Um Übernahm des Regiments zu flehen.
QUESTENBERG.
Zu flehn, Herr General? So weit ging weder
Mein Auftrag, daß ich wüßte, noch mein Eifer.
ILLO.
Nun! Ihn zu zwingen, wenn Sie wollen. Ich
Erinnre michs recht gut – Graf Tilly war
Am Lech aufs Haupt geschlagen – offen stand
Das Bayerland dem Feind – nichts hielt ihn auf,
Bis in das Herz von Östreich vorzudringen.
Damals erschienen Sie und Werdenberg
Vor unserm Herrn, mit Bitten in ihn stürmend,
Und mit der kaiserlichen Ungnad drohend,
Wenn sich der Fürst des Jammers nicht erbarme.
ISOLANI tritt dazu.
Ja, ja! 's ist zu begreifen, Herr Minister,
Warum Sie sich bei Ihrem heutgen Auftrag
An jenen alten just nicht gern erinnern.
QUESTENBERG.
Wie sollt ich nicht! Ist zwischen beiden doch
Kein Widerspruch! Damalen galt es, Böhmen
Aus Feindes Hand zu reißen, heute soll ichs
Befrein von seinen Freunden und Beschützern.
ILLO.
Ein schönes Amt! Nachdem wir dieses Böhmen,
Mit unserm Blut, dem Sachsen abgefochten,
Will man zum Dank uns aus dem Lande werfen.
QUESTENBERG.
Wenn es nicht bloß ein Elend mit dem andern
Vertauscht soll haben, muß das arme Land
Von Freund und Feindes Geißel gleich befreit sein.
ILLO.
Ei was! Es war ein gutes Jahr, der Bauer kann
Schon wieder geben.
QUESTENBERG.
Ja, wenn Sie von Herden
Und Weideplätzen reden, Herr Feldmarschall –
ISOLANI.
Der Krieg ernährt den Krieg. Gehn Bauern drauf,
Ei, so gewinnt der Kaiser mehr Soldaten.
QUESTENBERG.
Und wird um so viel Untertanen ärmer!
ISOLANI.
Pah! Seine Untertanen sind wir alle!
QUESTENBERG.
Mit Unterschied, Herr Graf! Die einen füllen
Mit nützlicher Geschäftigkeit den Beutel,
Und andre wissen nur ihn brav zu leeren.
Der Degen hat den Kaiser arm gemacht;
Der Pflug ists, der ihn wieder stärken muß.
BUTTLER.
Der Kaiser wär nicht arm, wenn nicht so viel
– Blutigel saugten an dem Mark des Landes.
ISOLANI.
So arg kanns auch nicht sein. Ich sehe ja,
Indem er sich vor ihn hinstellt und seinen Anzug mustert.
Es ist noch lang nicht alles Gold gemünzt.
QUESTENBERG.
Gottlob! Noch etwas weniges hat man
Geflüchtet – vor den Fingern der Kroaten.
ILLO.
Da! der Slawata und der Martinitz,
Auf die der Kaiser, allen guten Böhmen
Zum Ärgernisse, Gnadengaben häuft –
Die sich vom Raube der vertriebnen Bürger mästen –
Die von der allgemeinen Fäulnis wachsen,
Allein im öffentlichen Unglück ernten –
Mit königlichem Prunk dem Schmerz des Landes
Hohn sprechen – die und ihresgleichen laßt
Den Krieg bezahlen, den verderblichen,
Den sie allein doch angezündet haben.
BUTTLER.
Und diese Landschmarutzer, die die Füße
Beständig unterm Tisch des Kaisers haben,
Nach allen Benefizen hungrig schnappen,
Die wollen dem Soldaten, der vorm Feind liegt,
Das Brot vorschneiden und die Rechnung streichen.
ISOLANI.
Mein Lebtag denk ich dran, wie ich nach Wien
Vor sieben Jahren kam, um die Remonte
Für unsre Regimenter zu betreiben,
Wie sie von einer Antecamera
Zur andern mich herumgeschleppt, mich unter
Den Schranzen stehen lassen, stundenlang,
Als wär ich da, ums Gnadenbrot zu betteln.
Zuletzt – da schickten sie mir einen Kapuziner,
Ich dacht, es wär um meiner Sünden willen!
Nein doch, das war der Mann, mit dem
Ich um die Reiterpferde sollte handeln.
Ich mußt auch abziehn unverrichteter Ding.
Da Fürst nachher verschaffte mir in drei Tagen,
Was ich zu Wien in dreißig nicht erlangte.
QUESTENBERG.
Ja, ja! Der Posten fand sich in der Rechnung,
Ich weiß, wir haben noch daran zu zahlen.
ILLO.
Es ist der Krieg ein roh, gewaltsam Handwerk.
Man kommt nicht aus mit sanften Mitteln, alles
Läßt sich nicht schonen. Wollte mans erpassen,
Bis sie zu Wien aus vierundzwanzig Übeln
Das kleinste ausgewählt, man paßte lange!
– Frisch mitten durchgegriffen, das ist besser!
Reiß dann, was mag! – Die Menschen, in der Regel,
Verstehen sich aufs Flicken und aufs Stückeln,
Und finden sich in ein verhaßtes Müssen
Weit besser als in eine bittre Wahl.
QUESTENBERG.
Ja, das ist wahr! Die Wahl spart uns der Fürst.
ILLO.
Der Fürst trägt Vatersorge für die Truppen,
Wir sehen, wie's der Kaiser mit uns meint.
QUESTENBERG.
Für jeden Stand hat er ein gleiches Herz,
Und kann den einen nicht dem andern opfern.
ISOLANI.
Drum stößt er uns zum Raubtier in die Wüste,
Um seine teuren Schafe zu behüten.
QUESTENBERG mit Hohn.
Herr Graf! Dies Gleichnis machen Sie – nicht ich.
ILLO.
Doch wären wir, wofür der Hof uns nimmt,
Gefährlich wars, die Freiheit uns zu geben.
QUESTENBERG mit Ernst.
Genommen ist die Freiheit, nicht gegeben,
Drum tut es not, den Zaum ihr anzulegen.
ILLO.
Ein wildes Pferd erwarte man zu finden.
QUESTENBERG.
Ein beßrer Reiter wirds besänftigen.
ILLO.
Es trägt den einen nur, der es gezähmt.
QUESTENBERG.
Ist es gezähmt, so folgt es einem Kinde.
ILLO.
Das Kind, ich weiß, hat man ihm schon gefunden.
QUESTENBERG.
Sie kümmre nur die Pflicht und nicht der Name.
BUTTLER der sich bisher mit Piccolomini seitwärts gehalten, doch mit sichtbarem Anteil an dem Gespräch, tritt näher.
Herr Präsident! Dem Kaiser steht in Deutschland
Ein stattlich Kriegsvolk da, es kantonieren
In diesem Königreich wohl dreißigtausend,
Wohl sechzehntausend Mann in Schlesien;
Zehn Regimenter stehn am Weserstrom,
Am Rhein und Main; in Schwaben bieten sechs,
In Bayern zwölf den Schwedischen die Spitze.
Nicht zu gedenken der Besatzungen,
Die an der Grenz die festen Plätze schirmen.
All dieses Volk gehorcht Friedländischen
Hauptleuten.
1 comment