Die's befehligen, sind alle

In eine Schul gegangen, eine Milch

Hat sie ernährt, ein Herz belebt sie alle.

Fremdlinge stehn sie da auf diesem Boden,

Der Dienst allein ist ihnen Haus und Heimat.

Sie treibt der Eifer nicht fürs Vaterland,

Denn Tausende, wie mich, gebar die Fremde.

Nicht für den Kaiser, wohl die Hälfte kam

Aus fremdem Dienst feldflüchtig uns herüber,

Gleichgültig, unterm Doppeladler fechtend,

Wie unterm Löwen und den Lilien.

Doch alle führt an gleich gewaltgem Zügel

Ein Einziger, durch gleiche Lieb und Furcht

Zu einem Volke sie zusammenbindend.

Und wie des Blitzes Funke sicher, schnell,

Geleitet an der Wetterstange, läuft,

Herrscht sein Befehl vom letzten fernen Posten,

Der an die Dünen branden hört den Belt,

Der in der Etsch fruchtbare Täler sieht,

Bis zu der Wache, die ihr Schilderhaus

Hat aufgerichtet an der Kaiserburg.

QUESTENBERG.

Was ist der langen Rede kurzer Sinn?

BUTTLER.

Daß der Respekt, die Neigung, das Vertraun,

Das uns dem Friedland unterwürfig macht,

Nicht auf den ersten besten sich verpflanzt,

Den uns der Hof aus Wien herübersendet.

Uns ist in treuem Angedenken noch,

Wie das Kommando kam in Friedlands Hände.

Wars etwa kaiserliche Majestät,

Die ein gemachtes Heer ihm übergab,

Den Führer nur gesucht zu ihren Truppen?

– Noch gar nicht war das Heer. Erschaffen erst

Mußt es der Friedland, er empfing es nicht,

Er gabs dem Kaiser! Von dem Kaiser nicht

Erhielten wir den Wallenstein zum Feldherrn.

So ist es nicht, so nicht! Vom Wallenstein

Erhielten wir den Kaiser erst zum Herrn,

Er knüpft uns, er allein, an diese Fahnen.

OCTAVIO tritt dazwischen.

Es ist nur zur Erinnerung, Herr Kriegsrat,

Daß Sie im Lager sind und unter Kriegern. –

Die Kühnheit macht, die Freiheit den Soldaten. –

Vermöcht er keck zu handeln, dürft er nicht

Keck reden auch? – Eins geht ins andre drein. –

Die Kühnheit dieses würdgen Offiziers,

 

Auf Buttlern zeigend.

 

Die jetzt in ihrem Ziel sich nur vergriff,

Erhielt, wo nichts als Kühnheit retten konnte,

Bei einem furchtbarn Aufstand der Besatzung

Dem Kaiser seine Hauptstadt Prag.

 

Man hört von fern eine Kriegsmusik.

 

ILLO.

Das sind sie!

Die Wachen salutieren – Dies Signal

Bedeutet uns, die Fürstin sei herein.

OCTAVIO zu Questenberg.

So ist auch mein Sohn Max zurück. Er hat sie

Aus Kärnten abgeholt und hergeleitet.

ISOLANI zu Illo.

Gehn wir zusammen hin, sie zu begrüßen?

ILLO.

Wohl! Laßt uns gehen. Oberst Buttler, kommt!

 

Zum Octavio.

 

Erinnert Euch, daß wir vor Mittag noch

Mit diesem Herrn beim Fürsten uns begegnen.

 

 

Dritter Auftritt

Octavio und Questenberg, die zurückbleiben.

 

QUESTENBERG mit Zeichen des Erstaunens.

Was hab ich hören müssen, Genralleutnant!

Welch zügelloser Trotz! Was für Begriffe!

– Wenn dieser Geist der allgemeine ist –

OCTAVIO.

Drei Viertel der Armee vernahmen Sie.

QUESTENBERG.

Weh uns! Wo dann ein zweites Heer gleich finden,

Um dieses zu bewachen! – Dieser Illo, fürcht ich,

Denkt noch viel schlimmer, als er spricht. Auch dieser Buttler

Kann seine böse Meinung nicht verbergen.

OCTAVIO.

Empfindlichkeit – gereizter Stolz – nichts weiter! –

Diesen Buttler geb ich noch nicht auf, ich weiß,

Wie dieser böse Geist zu bannen ist.

QUESTENBERG voll Unruh auf und ab gehend.

Nein! das ist schlimmer, o! viel schlimmer, Freund!

Als wirs in Wien uns hatten träumen lassen.

Wir sahens nur mit Höflingsaugen an,

Die von dem Glanz des Throns geblendet waren;

Den Feldherrn hatten wir noch nicht gesehn,

Den allvermögenden, in seinem Lager.

Hier ists ganz anders!

Hier ist kein Kaiser mehr. Der Fürst ist Kaiser!

Der Gang, den ich an Ihrer Seite jetzt

Durchs Lager tat, schlägt meine Hoffnung nieder.

OCTAVIO.

Sie sehn nun selbst, welch ein gefährlich Amt

Es ist, das Sie vom Hof mir überbrachten –

Wie mißlich die Person, die ich hier spiele.

Der leiseste Verdacht des Generals,

Er würde Freiheit mir und Leben kosten,

Und sein verwegenes Beginnen nur

Beschleunigen.

QUESTENBERG.

Wo war die Überlegung,

Als wir dem Rasenden das Schwert vertraut,

Und solche Macht gelegt in solche Hand!

Zu stark für dieses schlimmverwahrte Herz

War die Versuchung! Hätte sie doch selbst

Dem bessern Mann gefährlich werden müssen!

Er wird sich weigern, sag ich Ihnen,

Der kaiserlichen Ordre zu gehorchen. –

Er kanns und wirds. – Sein unbestrafter Trotz

Wird unsre Ohnmacht schimpflich offenbaren.

OCTAVIO.

Und glauben Sie, daß er Gemahlin, Tochter

Umsonst hieher ins Lager kommen ließ,

Gerade jetzt, da wir zum Krieg uns rüsten?

Daß er die letzten Pfänder seiner Treu

Aus Kaisers Landen führt, das deutet uns

Auf einen nahen Ausbruch der Empörung.

QUESTENBERG.

Weh uns! und wie dem Ungewitter stehn,

Das drohend uns umzieht von allen Enden?

Der Reichsfeind an den Grenzen, Meister schon

Vom Donaustrom, stets weiter um sich greifend –

Im innern Land des Aufruhrs Feuerglocke –

Der Bauer in Waffen – alle Stände schwürig –

Und die Armee, von der wir Hülf erwarten,

Verführt, verwildert, aller Zucht entwohnt

Vom Staat, von ihrem Kaiser losgerissen,

Vom Schwindelnden die schwindelnde geführt,

Ein furchtbar Werkzeug, dem verwegensten

Der Menschen blind gehorchend hingegeben –

OCTAVIO.

Verzagen wir auch nicht zu früh, mein Freund!

Stets ist die Sprache kecker als die Tat,

Und mancher, der in blindem Eifer jetzt

Zu jedem Äußersten entschlossen scheint,

Findet unerwartet in der Brust ein Herz,

Spricht man des Frevels wahren Namen aus.

Zudem – ganz unverteidigt sind wir nicht.

Graf Altringer und Gallas, wissen Sie,

Erhalten in der Pflicht ihr kleines Heer –

Verstärken es noch täglich. – Überraschen

Kann er uns nicht, Sie wissen, daß ich ihn

Mit meinen Horchern rings umgeben habe;

Vom kleinsten Schritt erhalt ich Wissenschaft

Sogleich – ja, mir entdeckts sein eigner Mund.

QUESTENBERG.

Ganz unbegreiflich ists, daß er den Feind nicht merkt

An seiner Seite.

OCTAVIO.

Denken Sie nicht etwa,

Daß ich durch Lügenkünste, gleisnerische

Gefälligkeit in seine Gunst mich stahl,

Durch Heuchelworte sein Vertrauen nähre.

Befiehlt mir gleich die Klugheit und die Pflicht,

Die ich dem Reich, dem Kaiser schuldig bin,

Daß ich mein wahres Herz vor ihm verberge,

Ein falsches hab ich niemals ihm geheuchelt!

QUESTENBERG.

Es ist des Himmels sichtbarliche Fügung.

OCTAVIO.

Ich weiß nicht, was es ist – was ihn an mich

Und meinen Sohn so mächtig zieht und kettet.

Wir waren immer Freunde, Waffenbrüder;

Gewohnheit, gleichgeteilte Abenteuer

Verbanden uns schon frühe – doch ich weiß

Den Tag zu nennen, wo mit einemmal

Sein Herz mir aufging, sein Vertrauen wuchs.

Es war der Morgen vor der Lützner Schlacht –

Mich trieb ein böser Traum, ihn aufzusuchen,

Ein ander Pferd zur Schlacht ihm anzubieten.

Fern von den Zelten, unter einem Baum

Fand ich ihn eingeschlafen. Als ich ihn

Erweckte, mein Bedenken ihm erzählte,

Sah er mich lange staunend an; drauf fiel er

Mir um den Hals, und zeigte eine Rührung,

Wie jener kleine Dienst sie gar nicht wert war.

Seit jenem Tag verfolgt mich sein Vertrauen

In gleichem Maß, als ihn das meine flieht.

QUESTENBERG.

Sie ziehen Ihren Sohn doch ins Geheimnis?

OCTAVIO.

Nein!

QUESTENBERG.

Wie? auch warnen wollen Sie ihn nicht,

In welcher schlimmen Hand er sich befinde?

OCTAVIO.

Ich muß ihn seiner Unschuld anvertrauen.

Verstellung ist der offnen Seele fremd,

Unwissenheit allein kann ihm die Geistesfreiheit

Bewahren, die den Herzog sicher macht.

QUESTENBERG besorglich.

Mein würdger Freund! Ich hab die beste Meinung

Vom Oberst Piccolomini – doch – wenn –

Bedenken Sie –

OCTAVIO.

Ich muß es darauf wagen – Still! Da kommt er.

 

 

Vierter Auftritt

Max Piccolomini. Octavio Piccolomini. Questenberg.

 

MAX.

Da ist er ja gleich selbst. Willkommen, Vater!

 

Er umarmt ihn. Wie er sich umwendet, bemerkt er Questenbergen und tritt kalt zurück.

 

Beschäftigt, wie ich seh? Ich will nicht stören.

OCTAVIO.

Wie, Max? Sieh diesen Gast doch näher an.

Aufmerksamkeit verdient ein alter Freund;

Ehrfurcht gebührt dem Boten deines Kaisers.

MAX trocken.

Von Questenberg! Willkommen, wenn was Gutes

Ins Hauptquartier Sie herführt.

QUESTENBERG hat seine Hand gefaßt.

Ziehen Sie

Die Hand nicht weg, Graf Piccolomini,

Ich fasse sie nicht bloß von meinetwegen,

Und nichts Gemeines will ich damit sagen.

 

Beider Hände fassend.

 

Octavio – Max Piccolomini!

Heilbringend, vorbedeutungsvolle Namen!

Nie wird das Glück von Österreich sich wenden,

So lang zwei solche Sterne, segenreich

Und schützend, leuchten über seinen Heeren.

MAX.

Sie fallen aus der Rolle, Herr Minister,

Nicht Lobens wegen sind Sie hier, ich weiß,

Sie sind geschickt, zu tadeln und zu schelten –

Ich will voraus nichts haben vor den andern.

OCTAVIO zu Max.

Er kommt vom Hofe, wo man mit dem Herzog

Nicht ganz so wohl zufrieden ist als hier.

MAX.

Was gibts aufs neu denn an ihm auszustellen?

Daß er für sich allein beschließt, was er

Allein versteht? Wohl! daran tut er recht,

Und wirds dabei auch sein Verbleiben haben. –

Er ist nun einmal nicht gemacht, nach andern

Geschmeidig sich zu fügen und zu wenden,

Es geht ihm wider die Natur, er kanns nicht.

Geworden ist ihm eine Herrscherseele,

Und ist gestellt auf einen Herrscherplatz.

Wohl uns, daß es so ist! Es können sich

Nur wenige regieren, den Verstand

Verständig brauchen – Wohl dem Ganzen, findet

Sich einmal einer, der ein Mittelpunkt

Für viele tausend wird, ein Halt; – sich hinstellt

Wie eine feste Säul, an die man sich

Mit Lust mag schließen und mit Zuversicht.

So einer ist der Wallenstein, und taugte

Dem Hof ein andrer besser – der Armee

Frommt nur ein solcher.

QUESTENBERG.

Der Armee! Jawohl!

MAX.

Und eine Lust ists, wie er alles weckt

Und stärkt und neu belebt um sich herum,

Wie jede Kraft sich ausspricht, jede Gabe

Gleich deutlicher sich wird in seiner Nähe!

Jedwedem zieht er seine Kraft hervor,

Die eigentümliche, und zieht sie groß,

Läßt jeden ganz das bleiben, was er ist,

Er wacht nur drüber, daß ers immer sei

Am rechten Ort; so weiß er aller Menschen

Vermögen zu dem seinigen zu machen.

QUESTENBERG.

Wer spricht ihm ab, daß er die Menschen kenne,

Sie zu gebrauchen wisse! Überm Herrscher

Vergißt er nur den Diener ganz und gar,

Als wär mit seiner Würd er schon geboren.

MAX.

Ist ers denn nicht? Mit jeder Kraft dazu

Ist ers, und mit der Kraft noch obendrein,

Buchstäblich zu vollstrecken die Natur,

Dem Herrschtalent den Herrschplatz zu erobern.

QUESTENBERG.

So kommts zuletzt auf seine Großmut an,

Wieviel wir überall noch gelten sollen!

MAX.

Der seltne Mann will seltenes Vertrauen,

Gebt ihm den Raum, das Ziel wird er sich setzen.

QUESTENBERG.

Die Proben gebens.

MAX.

Ja! so sind sie! Schreckt

Sie alles gleich, was eine Tiefe hat;

Ist ihnen nirgends wohl, als wos recht flach ist.

OCTAVIO zu Questenberg.

Ergeben Sie sich nur in gutem, Freund!

Mit dem da werden Sie nicht fertig.

MAX.

Da rufen sie den Geist an in der Not,

Und grauet ihnen gleich, wenn er sich zeigt.

Das Ungemeine soll, das Höchste selbst

Geschehn wie das Alltägliche. Im Felde

Da dringt die Gegenwart – Persönliches

Muß herrschen, eignes Auge sehn. Es braucht

Der Feldherr jedes Große der Natur,

So gönne man ihm auch, in ihren großen

Verhältnissen zu leben. Das Orakel

In seinem Innern, das lebendige, –

Nicht tote Bücher, alte Ordnungen,

Nicht modrigte Papiere soll er fragen.

OCTAVIO.

Mein Sohn! Laß uns die alten, engen Ordnungen

Gering nicht achten! Köstlich unschätzbare

Gewichte sinds, die der bedrängte Mensch

An seiner Dränger raschen Willen band;

Denn immer war die Willkür fürchterlich –

Der Weg der Ordnung, ging' er auch durch Krümmen,

Er ist kein Umweg. Grad aus geht des Blitzes,

Geht des Kanonballs fürchterlicher Pfad –

Schnell, auf dem nächstem Wege, langt er an,

Macht sich zermalmend Platz, um zu zermalmen.

Mein Sohn! Die Straße, die der Mensch befährt,

Worauf der Segen wandelt, diese folgt

Der Flüsse Lauf, der Täler freien Krümmen,

Umgeht das Weizenfeld, den Rebenhügel,

Des Eigentums gemeßne Grenzen ehrend –

So führt sie später, sicher doch zum Ziel.

QUESTENBERG.

O! hören Sie den Vater – hören Sie

Ihn, der ein Held ist und ein Mensch zugleich.

OCTAVIO.

Das Kind des Lagers spricht aus dir, mein Sohn.

Ein fünfzehnjährger Krieg hat dich erzogen,

– Du hast den Frieden nie gesehn! Es gibt

Noch höhern Wert, mein Sohn, als kriegerischen,

Im Kriege selber ist das Letzte nicht der Krieg.

Die großen, schnellen Taten der Gewalt,

Des Augenblicks erstaunenswerte Wunder,

Die sind es nicht, die das Beglückende,

Das ruhig, mächtig Daurende erzeugen.

In Hast und Eile bauet der Soldat

Von Leinwand seine leichte Stadt, da wird

Ein augenblicklich Brausen und Bewegen,

Der Markt belebt sich, Straßen, Flüsse sind

Bedeckt mit Fracht, es rührt sich das Gewerbe.

Doch eines Morgens plötzlich siehet man

Die Zelte fallen, weiter rückt die Horde,

Und ausgestorben, wie ein Kirchhof, bleibt

Der Acker, das zerstampfte Saatfeld liegen,

Und um des Jahres Ernte ists getan.

MAX.

O! laß den Kaiser Friede machen, Vater!

Den blutgen Lorbeer geb ich hin, mit Freuden,

Fürs erste Veilchen, das der März uns bringt,

Das duftige Pfand der neuverjüngten Erde.

OCTAVIO.

Wie wird dir? Was bewegt dich so auf einmal?

MAX.

Ich hab den Frieden nie gesehn? – Ich hab ihn

Gesehen, alter Vater, eben komm ich –

Jetzt eben davon her – es führte mich

Der Weg durch Länder, wo der Krieg nicht hin

Gekommen – o! das Leben, Vater,

Hat Reize, die wir nie gekannt. – Wir haben

Des schönen Lebens öde Küste nur

Wie ein umirrend Räubervolk befahren,

Das in sein dumpfig-enges Schiff gepreßt,

Im wüsten Meer mit wüsten Sitten haust,

Vom großen Land nichts als die Buchten kennt,

Wo es die Diebeslandung wagen darf.

Was in den innern Tälern Köstliches

Das Land verbirgt, o! davon – davon ist

Auf unsrer wilden Fahrt uns nichts erschienen.

OCTAVIO wird aufmerksam.

Und hätt es diese Reise dir gezeigt?

MAX.

Es war die erste Muße meines Lebens.

Sag mir, was ist der Arbeit Ziel und Preis,

Der peinlichen, die mir die Jugend stahl,

Das Herz mir öde ließ und unerquickt

Den Geist, den keine Bildung noch geschmücket?

Denn dieses Lagers lärmendes Gewühl,

Der Pferde Wiehern, der Trompete Schmettern,

Des Dienstes immer gleichgestellte Uhr,

Die Waffenübung, das Kommandowort, –

Dem Herzen gibt es nichts, dem lechzenden.

Die Seele fehlt dem nichtigen Geschäft –

Es gibt ein andres Glück und andre Freuden.

OCTAVIO.

Viel lerntest du auf diesem kurzen Weg, mein Sohn!

MAX.

O schöner Tag! wenn endlich der Soldat

Ins Leben heimkehrt, in die Menschlichkeit,

Zum frohen Zug die Fahnen sich entfalten,

Und heimwärts schlägt der sanfte Friedensmarsch.

Wenn alle Hüte sich und Helme schmücken

Mit grünen Maien, dem letzten Raub der Felder!

Der Städte Tore gehen auf, von selbst,

Nicht die Petarde braucht sie mehr zu sprengen,

Von Menschen sind die Wälle rings erfüllt,

Von friedlichen, die in die Lüfte grüßen, –

Hell klingt von allen Türmen das Geläut,

Des blutgen Tages frohe Vesper schlagend.

Aus Dörfern und aus Städten wimmelnd strömt

Ein jauchzend Volk, mit liebend emsiger

Zudringlichkeit des Heeres Fortzug hindernd –

Da schüttelt, froh des noch erlebten Tags,

Dem heimgekehrten Sohn der Greis die Hände.

Ein Fremdling tritt er in sein Eigentum,

Das längstverlaßne, ein, mit breiten Ästen

Deckt ihn der Baum bei seiner Wiederkehr,

Der sich zur Gerte bog, als er gegangen,

Und schamhaft tritt als Jungfrau ihm entgegen,

Die er einst an der Amme Brust verließ.

O! glücklich, wem dann auch sich eine Tür,

Sich zarte Arme sanft umschlingend öffnen –

QUESTENBERG gerührt.

O! daß Sie von so ferner, ferner Zeit,

Und nicht von morgen, nicht von heute sprechen!

MAX mit Heftigkeit sich zu ihm wendend.

Wer sonst ist schuld daran, als ihr in Wien? –

Ich wills nur frei gestehen, Questenberg!

Als ich vorhin Sie stehen sah, es preßte

Der Unmut mir das Innerste zusammen –

Ihr seid es, die den Frieden hindern, ihr!

Der Krieger ists, der ihn erzwingen muß.

Dem Fürsten macht ihr 's Leben sauer, macht

Ihm alle Schritte schwer, ihr schwärzt ihn an –

Warum? Weil an Europas großem Besten

Ihm mehr liegt als an ein paar Hufen Landes,

Die Östreich mehr hat oder weniger –

Ihr macht ihn zum Empörer, und, Gott weiß!

Zu was noch mehr, weil er die Sachsen schont,

Beim Feind Vertrauen zu erwecken sucht,

Das doch der einzge Weg zum Frieden ist;

Denn hört der Krieg im Kriege nicht schon auf,

Woher soll Friede kommen? – Geht nur, geht!

Wie ich das Gute liebe, haß ich euch –

Und hier gelob ichs an, versprützen will ich

Für ihn, für diesen Wallenstein, mein Blut,

Das letzte meines Herzens, tropfenweis, eh daß

Ihr über seinen Fall frohlocken sollt!

 

Er geht ab.

 

 

Fünfter Auftritt

Questenberg. Octavio Piccolomini.

 

QUESTENBERG.

O weh uns! Steht es so?

 

Dringend und ungeduldig.

 

Freund, und wir lassen ihn in diesem Wahn

Dahingehn, rufen ihn nicht gleich

Zurück, daß wir die Augen auf der Stelle

Ihm öffnen?

OCTAVIO aus einem tiefen Nachdenken zu sich kommend.

Mir hat er sie jetzt geöffnet,

Und mehr erblick ich, als mich freut.

QUESTENBERG.

Was ist es, Freund?

OCTAVIO.

Fluch über diese Reise!

QUESTENBERG.

Wie so? Was ist es?

OCTAVIO.

Kommen Sie! Ich muß

Sogleich die unglückselige Spur verfolgen,

Mit meinen Augen sehen – Kommen Sie –

 

Will ihn fortführen.

 

QUESTENBERG.

Was denn? Wohin?

OCTAVIO pressiert.

Zu ihr!

QUESTENBERG.

Zu –

OCTAVIO korrigiert sich.

Zum Herzog! Gehn wir.