Er steht auf sein Schlachtschwert gestützt.

 

Was ists, das die drei Völker des Gebirgs

Hier an des Sees unwirtlichem Gestade

Zusammenführte in der Geisterstunde?

Was soll der Inhalt sein des neuen Bunds,

Den wir hier unterm Sternenhimmel stiften?

STAUFFACHER tritt in den Ring.

Wir stiften keinen neuen Bund, es ist

Ein uralt Bündnis nur von Väter Zeit,

Das wir erneuern! Wisset, Eidgenossen!

Ob uns der See, ob uns die Berge scheiden,

Und jedes Volk sich für sich selbst regiert,

So sind wir eines Stammes doch und Bluts,

Und eine Heimat ists, aus der wir zogen.

WINKELRIED.

So ist es wahr, wies in den Liedern lautet,

Daß wir von fernher in das Land gewallt?

O, teilts uns mit, was Euch davon bekannt,

Daß sich der neue Bund am alten stärke.

STAUFFACHER.

Hört, was die alten Hirten sich erzählen.

– Es war ein großes Volk, hinten im Lande

Nach Mitternacht, das litt von schwerer Teurung.

In dieser Not beschloß die Landsgemeinde,

Daß je der zehnte Bürger nach dem Los

Der Väter Land verlasse – das geschah!

Und zogen aus, wehklagend, Männer und Weiber,

Ein großer Heerzug, nach der Mittagsonne,

Mit dem Schwert sich schlagend durch das deutsche Land,

Bis an das Hochland dieser Waldgebirge.

Und eher nicht ermüdete der Zug,

Bis daß sie kamen in das wilde Tal,

Wo jetzt die Muotta zwischen Wiesen rinnt –

Nicht Menschenspuren waren hier zu sehen,

Nur eine Hütte stand am Ufer einsam,

Da saß ein Mann und wartete der Fähre –

Doch heftig wogete der See und war

Nicht fahrbar; da besahen sie das Land

Sich näher und gewahrten schöne Fülle,

Des Holzes und entdeckten gute Brunnen,

Und meinten, sich im lieben Vaterland

Zu finden – Da beschlossen sie zu bleiben,

Erbaueten den alten Flecken Schwyz,

Und hatten manchen sauren Tag, den Wald

Mit weitverschlungnen Wurzeln auszuroden –

Drauf, als der Boden nicht mehr Gnügen tat

Der Zahl des Volks, da zogen sie hinüber

Zum schwarzen Berg, ja, bis ans Weißland hin,

Wo, hinter ewgem Eiseswall verborgen,

Ein andres Volk in andern Zungen spricht.

Den Flecken Stanz erbauten sie am Kernwald,

Den Flecken Altorf in dem Tal der Reuß –

Doch blieben sie des Ursprungs stets gedenk,

Aus all den fremden Stämmen, die seitdem

In Mitte ihres Lands sich angesiedelt,

Finden die Schwyzer Männer sich heraus,

Es gibt das Herz, das Blut sich zu erkennen.

 

Reicht rechts und links die Hand hin.

 

AUF DER MAUER.

Ja, wir sind eines Herzens, eines Bluts!

ALLE sich die Hände reichend.

Wir sind ein Volk, und einig wollen wir handeln.

STAUFFACHER.

Die andern Völker tragen fremdes Joch,

Sie haben sich dem Sieger unterworfen.

Es leben selbst in unsern Landesmarken

Der Sassen viel, die fremde Pflichten tragen,

Und ihre Knechtschaft erbt auf ihre Kinder.

Doch wir, der alten Schweizer echter Stamm,

Wir haben stets die Freiheit uns bewahrt.

Nicht unter Fürsten bogen wir das Knie,

Freiwillig wählten wir den Schirm der Kaiser.

RÖSSELMANN.

Frei wählten wir des Reiches Schutz und Schirm,

So stehts bemerkt in Kaiser Friedrichs Brief.

STAUFFACHER.

Denn herrenlos ist auch der Freiste nicht.

Ein Oberhaupt muß sein, ein höchster Richter,

Wo man das Recht mag schöpfen in dem Streit.

Drum haben unsre Väter für den Boden,

Den sie der alten Wildnis abgewonnen,

Die Ehr gegönnt dem Kaiser, der den Herrn

Sich nennt der deutschen und der welschen Erde,

Und wie die andern Freien seines Reichs

Sich ihm zu edelm Waffendienst gelobt,

Denn dieses ist der Freien einzge Pflicht,

Das Reich zu schirmen, das sie selbst beschirmt.

MELCHTHAL.

Was drüber ist, ist Merkmal eines Knechts.

STAUFFACHER.

Sie folgten, wenn der Heribann erging,

Dem Reichspanier und schlugen seine Schlachten.

Nach Welschland zogen sie gewappnet mit,

Die Römerkron ihm auf das Haupt zu setzen.

Daheim regierten sie sich fröhlich selbst

Nach altem Brauch und eigenem Gesetz,

Der höchste Blutbann war allein des Kaisers.

Und dazu ward bestellt ein großer Graf,

Der hatte seinen Sitz nicht in dem Lande,

Wenn Blutschuld kam, so rief man ihn herein,

Und unter offnem Himmel, schlicht und klar,

Sprach er das Recht und ohne Furcht der Menschen.

Wo sind hier Spuren, daß wir Knechte sind?

Ist einer, der es anders weiß, der rede!

IM HOFE.

Nein, so verhält sich alles, wie Ihr sprecht,

Gewaltherrschaft ward nie bei uns geduldet.

STAUFFACHER.

Dem Kaiser selbst versagten wir Gehorsam,

Da er das Recht zu Gunst der Pfaffen bog.

Denn als die Leute von dem Gotteshaus

Einsiedeln uns die Alp in Anspruch nahmen,

Die wir beweidet seit der Väter Zeit,

Der Abt herfürzog einen alten Brief,

Der ihm die herrenlose Wüste schenkte –

Denn unser Dasein hatte man verhehlt –

Da sprachen wir: »Erschlichen ist der Brief,

Kein Kaiser kann, was unser ist, verschenken.

Und wird uns Recht versagt vom Reich, wir können

In unsern Bergen auch des Reichs entbehren.«

– So sprachen unsre Väter! Sollen wir

Des neuen Joches Schändlichkeit erdulden,

Erleiden von dem fremden Knecht, was uns

In seiner Macht kein Kaiser durfte bieten?

– Wir haben diesen Boden uns erschaffen

Durch unsrer Hände Fleiß, den alten Wald,

Der sonst der Bären wilde Wohnung war,

Zu einem Sitz für Menschen umgewandelt,

Die Brut des Drachen haben wir getötet,

Der aus den Sümpfen giftgeschwollen stieg,

Die Nebeldecke haben wir zerrissen,

Die ewig grau um diese Wildnis hing,

Den harten Fels gesprengt, über den Abgrund

Dem Wandersmann den sichern Steg geleitet,

Unser ist durch tausendjährigen Besitz

Der Boden – und der fremde Herrenknecht

Soll kommen dürfen und uns Ketten schmieden,

Und Schmach antun auf unsrer eignen Erde?

Ist keine Hülfe gegen solchen Drang?

 

Eine große Bewegung unter den Landleuten.

 

Nein, eine Grenze hat Tyrannenmacht,

Wenn der Gedrückte nirgends Recht kann finden,

Wenn unerträglich wird die Last – greift er

Hinauf getrosten Mutes in den Himmel

Und holt herunter seine ewgen Rechte,

Die droben hangen unveräußerlich

Und unzerbrechlich wie die Sterne selbst –

Der alte Urstand der Natur kehrt wieder,

Wo Mensch dem Menschen gegenübersteht –

Zum letzten Mittel, wenn kein andres mehr

Verfangen will, ist ihm das Schwert gegeben –

Der Güter höchstes dürfen wir verteidgen

Gegen Gewalt – Wir stehn vor unser Land,

Wir stehn vor unsre Weiber, unsre Kinder!

ALLE an ihre Schwerter schlagend.

Wir stehn vor unsre Weiber, unsre Kinder!

RÖSSELMANN tritt in den Ring.

Eh ihr zum Schwerte greift, bedenkt es wohl.

Ihr könnt es friedlich mit dem Kaiser schlichten.

Es kostet euch ein Wort, und die Tyrannen,

Die euch jetzt schwer bedrängen, schmeicheln euch.

– Ergreift, was man euch oft geboten hat,

Trennt euch vom Reich, erkennet Östreichs Hoheit –

AUF DER MAUER.

Was sagt der Pfarrer? Wir zu Östreich schwören!

AM BÜHEL.

Hört ihn nicht an!

WINKELRIED.

Das rät uns ein Verräter,

Ein Feind des Landes!

REDING.

Ruhig, Eidgenossen!

SEWA.

Wir Östreich huldigen, nach solcher Schmach!

VON DER FLÜE.

Wir uns abtrotzen lassen durch Gewalt,

Was wir der Güte weigerten!

MEIER.

Dann wären

Wir Sklaven und verdienten es zu sein!

AUF DER MAUER.

Der sei gestoßen aus dem Recht der Schweizer,

Wer von Ergebung spricht an Österreich!

– Landammann, ich bestehe drauf, dies sei

Das erste Landsgesetz, das wir hier geben.

MELCHTHAL.

So seis. Wer von Ergebung spricht an Östreich,

Soll rechtlos sein und aller Ehren bar,

Kein Landmann nehm ihn auf an seinem Feuer.

ALLE heben die rechte Hand auf.

Wir wollen es, das sei Gesetz!

REDING nach einer Pause.

Es ists.

RÖSSELMANN.

Jetzt seid ihr frei, ihr seids durch dies Gesetz,

Nicht durch Gewalt soll Österreich ertrotzen,

Was es durch freundlich Werben nicht erhielt –

JOST VON WEILER.

Zur Tagesordnung, weiter.

REDING.

Eidgenossen!

Sind alle sanften Mittel auch versucht?

Vielleicht weiß es der König nicht, es ist

Wohl gar sein Wille nicht, was wir erdulden.

Auch dieses letzte sollten wir versuchen,

Erst unsre Klage bringen vor sein Ohr,

Eh wir zum Schwerte greifen. Schrecklich immer

Auch in gerechter Sache ist Gewalt,

Gott hilft nur dann, wenn Menschen nicht mehr helfen.

STAUFFACHER zu Konrad Hunn.

Nun ists an Euch, Bericht zu geben. Redet.

KONRAD HUNN.

Ich war zu Rheinfeld an des Kaisers Pfalz,

Wider der Vögte harten Druck zu klagen,

Den Brief zu holen unsrer alten Freiheit,

Den jeder neue König sonst bestätigt.

Die Boten vieler Städte fand ich dort,

Vom schwäbschen Lande und vom Lauf des Rheins,

Die all erhielten ihre Pergamente,

Und kehrten freudig wieder in ihr Land.

Mich, euren Boten, wies man an die Räte,

Und die entließen mich mit leerem Trost:

»Der Kaiser habe diesmal keine Zeit,

Er würde sonst einmal wohl an uns denken.«

– Und als ich traurig durch die Säle ging

Der Königsburg, da sah ich Herzog Hansen

In einem Erker weinend stehn, um ihn

Die edeln Herrn von Wart und Tegerfeld.

Die riefen mir und sagten: »Helft euch selbst,

Gerechtigkeit erwartet nicht vom König.

Beraubt er nicht des eignen Bruders Kind,

Und hinterhält ihm sein gerechtes Erbe?

Der Herzog fleht' ihn um sein Mütterliches,

Er habe seine Jahre voll, es wäre

Nun Zeit, auch Land und Leute zu regieren.

Was ward ihm zum Bescheid? Ein Kränzlein setzt' ihm

Der Kaiser auf: das sei die Zier der Jugend.«

AUF DER MAUER.

Ihr habts gehört. Recht und Gerechtigkeit

Erwartet nicht vom Kaiser! Helft euch selbst!

REDING.

Nichts andres bleibt uns übrig. Nun gebt Rat,

Wie wir es klug zum frohen Ende leiten.

WALTER FÜRST tritt in den Ring.

Abtreiben wollen wir verhaßten Zwang,

Die alten Rechte, wie wir sie ererbt

Von unsern Vätern, wollen wir bewahren,

Nicht ungezügelt nach dem Neuen greifen.

Dem Kaiser bleibe, was des Kaisers ist,

Wer einen Herrn hat, dien ihm pflichtgemäß.

MEIER.

Ich trage Gut von Österreich zu Lehen.

WALTER FÜRST.

Ihr fahret fort, Östreich die Pflicht zu leisten.

JOST VON WEILER.

Ich steure an die Herrn von Rappersweil.

WALTER FÜRST.

Ihr fahret fort, zu zinsen und zu steuern.

RÖSSELMANN.

Der großen Frau zu Zürch bin ich vereidet.

WALTER FÜRST.

Ihr gebt dem Kloster, was des Klosters ist.

STAUFFACHER.

Ich trage keine Lehen als des Reichs.

WALTER FÜRST.

Was sein muß, das geschehe, doch nicht drüber.

Die Vögte wollen wir mit ihren Knechten

Verjagen und die festen Schlösser brechen,

Doch, wenn es sein mag, ohne Blut. Es sehe

Der Kaiser, daß wir notgedrungen nur

Der Ehrfurcht fromme Pflichten abgeworfen.

Und sieht er uns in unsern Schranken bleiben,

Vielleicht besiegt er staatsklug seinen Zorn,

Denn billge Furcht erwecket sich ein Volk,

Das mit dem Schwerte in der Faust sich mäßigt.

REDING.

Doch lasset hören! Wie vollenden wirs?

Es hat der Feind die Waffen in der Hand,

Und nicht fürwahr in Frieden wird er weichen.

STAUFFACHER.

Er wirds, wenn er in Waffen uns erblickt,

Wir überraschen ihn, eh er sich rüstet.

MEIER.

Ist bald gesprochen, aber schwer getan.

Uns ragen in dem Land zwei feste Schlösser,

Die geben Schirm dem Feind und werden furchtbar,

Wenn uns der König in das Land sollt fallen.

Roßberg und Sarnen muß bezwungen sein,

Eh man ein Schwert erhebt in den drei Landen.

STAUFFACHER.

Säumt man so lang, so wird der Feind gewarnt.

Zuviele sinds, die das Geheimnis teilen.

MEIER.

In den Waldstätten findt sich kein Verräter.

RÖSSELMANN.

Der Eifer auch, der gute, kann verraten.

WALTER FÜRST.

Schiebt man es auf, so wird der Twing vollendet

In Altorf, und der Vogt befestigt sich.

MEIER.

Ihr denkt an euch.

SIGRIST.

Und ihr seid ungerecht.

MEIER auffahrend.

Wir ungerecht! Das darf uns Uri bieten!

REDING.

Bei eurem Eide, Ruh!

MEIER.

Ja, wenn sich Schwyz

Versteht mit Uri, müssen wir wohl schweigen.

REDING.

Ich muß euch weisen vor der Landsgemeinde,

Daß ihr mit heftgem Sinn den Frieden stört!

Stehn wir nicht alle für dieselbe Sache?

WINKELRIED.

Wenn wirs verschieben bis zum Fest des Herrn,

Dann bringts die Sitte mit, daß alle Sassen

Dem Vogt Geschenke bringen auf das Schloß,

So können zehen Männer oder zwölf

Sich unverdächtig in der Burg versammeln,

Die führen heimlich spitzge Eisen mit,

Die man geschwind kann an die Stäbe stecken,

Denn niemand kommt mit Waffen in die Burg.

Zunächst im Wald hält dann der große Haufe,

Und wenn die andern glücklich sich des Tors

Ermächtiget, so wird ein Horn geblasen,

Und jene brechen aus dem Hinterhalt,

So wird das Schloß mit leichter Arbeit unser.

MELCHTHAL.

Den Roßberg übernehm ich zu ersteigen,

Denn eine Dirn des Schlosses ist mir hold,

Und leicht betör ich sie, zum nächtlichen

Besuch die schwanke Leiter mir zu reichen,

Bin ich droben erst, zieh ich die Freunde nach.

REDING.

Ists aller Wille, daß verschoben werde?

 

Die Mehrheit erhebt die Hand.

 

STAUFFACHER zählt die Stimmen.

Es ist ein Mehr von zwanzig gegen zwölf!

WALTER FÜRST.

Wenn am bestimmten Tag die Burgen fallen,

So geben wir von einem Berg zum andern

Das Zeichen mit dem Rauch, der Landsturm wird

Aufgeboten, schnell, im Hauptort jedes Landes,

Wenn dann die Vögte sehn der Waffen Ernst,

Glaubt mir, sie werden sich des Streits begeben

Und gern ergreifen friedliches Geleit,

Aus unsern Landesmarken zu entweichen.

STAUFFACHER.

Nur mit dem Geßler fürcht ich schweren Stand,

Furchtbar ist er mit Reisigen umgeben,

Nicht ohne Blut räumt er das Feld, ja selbst

Vertrieben bleibt er furchtbar noch dem Land,

Schwer ists und fast gefährlich, ihn zu schonen.

BAUMGARTEN.

Wos halsgefährlich ist, da stellt mich hin,

Dem Tell verdank ich mein gerettet Leben.

Gern schlag ichs in die Schanze für das Land,

Mein Ehr hab ich beschützt, mein Herz befriedigt.

REDING.

Die Zeit bringt Rat. Erwartets in Geduld.

Man muß dem Augenblick auch was vertrauen.

– Doch seht, indes wir nächtlich hier noch tagen,

Stellt auf den höchsten Bergen schon der Morgen

Die glühnde Hochwacht aus – Kommt, laßt uns scheiden,

Eh uns des Tages Leuchten überrascht.

WALTER FÜRST.

Sorgt nicht, die Nacht weicht langsam aus den Tälern.

 

Alle haben unwillkürlich die Hüte abgenommen und betrachten mit stiller Sammlung die Morgenröte.

 

RÖSSELMANN.

Bei diesem Licht, das uns zuerst begrüßt

Von allen Völkern, die tief unter uns

Schweratmend wohnen in dem Qualm der Städte,

Laßt uns den Eid des neuen Bundes schwören.

– Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern,

In keiner Not uns trennen und Gefahr.

 

Alle sprechen es nach mit erhobenen drei Fingern.

 

– Wir wollen frei sein, wie die Väter waren,

Eher den Tod, als in der Knechtschaft leben.

 

Wie oben.

 

– Wir wollen trauen auf den höchsten Gott

Und uns nicht fürchten vor der Macht der Menschen.

 

Wie oben. Die Landleute umarmen einander.

 

STAUFFACHER.

Jetzt gehe jeder seines Weges still

Zu seiner Freundschaft und Genoßsame,

Wer Hirt ist, wintre ruhig seine Herde

Und werb im stillen Freunde für den Bund,

Was noch bis dahin muß erduldet werden,

Erduldets! Laßt die Rechnung der Tyrannen

Anwachsen, bis ein Tag die allgemeine

Und die besondre Schuld auf einmal zahlt.

Bezähme jeder die gerechte Wut,

Und spare für das Ganze seine Rache,

Denn Raub begeht am allgemeinen Gut,

Wer selbst sich hilft in seiner eignen Sache.

 

Indem sie zu drei verschiednen Seiten in größter Ruhe abgehen, fällt das Orchester mit einem prachtvollen Schwung ein, die leere Szene bleibt noch eine Zeitlang offen und zeigt das Schauspiel der aufgehenden Sonne über den Eisgebirgen.

 

 

Dritter Aufzug

 

Erste Szene

Hof vor Tells Hause.

Er ist mit der Zimmeraxt, Hedwig mit einer häuslichen Arbeit beschäftigt.

Walter und Wilhelm in der Tiefe spielen mit einer kleinen Armbrust.

 

WALTER singt.

Mit dem Pfeil, dem Bogen

Durch Gebirg und Tal

Kommt der Schütz gezogen

Früh am Morgenstrahl.

 

Wie im Reiche der Lüfte

König ist der Weih, –

Durch Gebirg und Klüfte

Herrscht der Schütze frei.

 

Ihm gehört das Weite,

Was sein Pfeil erreicht,

Das ist seine Beute,

Was da kreucht und fleugt.

 

Kommt gesprungen.

 

Der Strang ist mir entzwei. Mach mir ihn, Vater.

TELL.

Ich nicht. Ein rechter Schütze hilft sich selbst.

 

Knaben entfernen sich.

 

HEDWIG.

Die Knaben fangen zeitig an zu schießen.

TELL.

Früh übt sich, was ein Meister werden will.

HEDWIG.

Ach wollte Gott, sie lerntens nie!

TELL.

Sie sollen alles lernen. Wer durchs Leben

Sich frisch will schlagen, muß zu Schutz und Trutz

Gerüstet sein.

HEDWIG.

Ach, es wird keiner seine Ruh

Zu Hause finden.

TELL.

Mutter, ich kanns auch nicht,

Zum Hirten hat Natur mich nicht gebildet,

Rastlos muß ich ein flüchtig Ziel verfolgen,

Dann erst genieß ich meines Lebens recht,

Wenn ich mirs jeden Tag aufs neu erbeute.

HEDWIG.

Und an die Angst der Hausfrau denkst du nicht,

Die sich indessen, deiner wartend, härmt,

Denn mich erfüllts mit Grausen, was die Knechte

Von euren Wagefahrten sich erzählen.

Bei jedem Abschied zittert mir das Herz,

Daß du mir nimmer werdest wiederkehren.

Ich sehe dich im wilden Eisgebirg,

Verirrt, von einer Klippe zu der andern

Den Fehlsprung tun, seh, wie die Gemse dich

Rückspringend mit sich in den Abgrund reißt,

Wie eine Windlawine dich verschüttet,

Wie unter dir der trügerische Firn

Einbricht und du hinabsinkst, ein lebendig

Begrabner, in die schauerliche Gruft –

Ach, den verwegnen Alpenjäger hascht

Der Tod in hundert wechselnden Gestalten,

Das ist ein unglückseliges Gewerb,

Das halsgefährlich führt am Abgrund hin!

TELL.

Wer frisch umherspäht mit gesunden Sinnen,

Auf Gott vertraut und die gelenke Kraft,

Der ringt sich leicht aus jeder Fahr und Not,

Den schreckt der Berg nicht, der darauf geboren.

 

Er hat seine Arbeit vollendet, legt das Gerät hinweg.

 

Jetzt, mein ich, hält das Tor auf Jahr und Tag.

Die Axt im Haus erspart den Zimmermann.

 

Nimmt den Hut.

 

HEDWIG.

Wo gehst du hin?

TELL.

Nach Altorf, zu dem Vater.

HEDWIG.

Sinnst du auch nichts Gefährliches? Gesteh mirs.

TELL.

Wie kommst du darauf, Frau?

HEDWIG.

Es spinnt sich etwas

Gegen die Vögte – Auf dem Rütli ward

Getagt, ich weiß, und du bist auch im Bunde.

TELL.

Ich war nicht mit dabei – doch werd ich mich

Dem Lande nicht entziehen, wenn es ruft.

HEDWIG.

Sie werden dich hinstellen, wo Gefahr ist,

Das Schwerste wird dein Anteil sein, wie immer.

TELL.

Ein jeder wird besteuert nach Vermögen.

HEDWIG.

Den Unterwaldner hast du auch im Sturme

Über den See geschafft – Ein Wunder wars,

Daß ihr entkommen – Dachtest du denn gar nicht

An Kind und Weib?

TELL.

Lieb Weib, ich dacht an euch,

Drum rettet ich den Vater seinen Kindern.

HEDWIG.

Zu schiffen in dem wütgen See! Das heißt

Nicht Gott vertrauen! Das heißt Gott versuchen.

TELL.

Wer gar zuviel bedenkt, wird wenig leisten.

HEDWIG.

Ja, du bist gut und hilfreich, dienest allen,

Und wenn du selbst in Not kommst, hilft dir keiner.

TELL.

Verhüt es Gott, daß ich nicht Hülfe brauche.

 

Er nimmt die Armbrust und Pfeile.

 

HEDWIG.

Was willst du mit der Armbrust? Laß sie hier.

TELL.

Mir fehlt der Arm, wenn mir die Waffe fehlt.

 

Die Knaben kommen zurück.

 

WALTER.

Vater, wo gehst du hin?

TELL.

Nach Altorf, Knabe,

Zum Ehni – Willst du mit?

WALTER.

Ja freilich will ich.

HEDWIG.

Der Landvogt ist jetzt dort. Bleib weg von Altorf.

TELL.

Er geht, noch heute.

HEDWIG.

Drum laß ihn erst fort sein.

Gemahn ihn nicht an dich, du weißt, er grollt uns.

TELL.

Mir soll sein böser Wille nicht viel schaden,

Ich tue recht und scheue keinen Feind.

HEDWIG.

Die recht tun, eben die haßt er am meisten.

TELL.

Weil er nicht an sie kommen kann – Mich wird

Der Ritter wohl in Frieden lassen, mein ich.

HEDWIG.

So, weißt du das?

TELL.

Es ist nicht lange her,

Da ging ich jagen durch die wilden Gründe

Des Schächentals auf menschenleerer Spur,

Und da ich einsam einen Felsensteig

Verfolgte, wo nicht auszuweichen war,

Denn über mir hing schroff die Felswand her,

Und unten rauschte fürchterlich der Schächen,

 

Die Knaben drängen sich rechts und links an ihn und sehen mit gespannter Neugier an ihm hinauf.

 

Da kam der Landvogt gegen mich daher,

Er ganz allein mit mir, der auch allein war,

Bloß Mensch zu Mensch, und neben uns der Abgrund.

Und als der Herre mein ansichtig ward

Und mich erkannte, den er kurz zuvor

Um kleiner Ursach willen schwer gebüßt,

Und sah mich mit dem stattlichen Gewehr

Dahergeschritten kommen, da verblaßt' er,

Die Knie versagten ihm, ich sah es kommen,

Daß er jetzt an die Felswand würde sinken.

– Da jammerte mich sein, ich trat zu ihm

Bescheidentlich und sprach: Ich bins, Herr Landvogt.

Er aber konnte keinen armen Laut

Aus seinem Munde geben – Mit der Hand nur

Winkt' er mir schweigend, meines Wegs zu gehn,

Da ging ich fort und sandt ihm sein Gefolge.

HEDWIG.

Er hat vor dir gezittert – Wehe dir!

Daß du ihn schwach gesehn, vergibt er nie.

TELL.

Drum meid ich ihn, und er wird mich nicht suchen.

HEDWIG.

Bleib heute nur dort weg. Geh lieber jagen.

TELL.

Was fällt dir ein?

HEDWIG.

Mich ängstigts. Bleibe weg.

TELL.

Wie kannst du dich so ohne Ursach quälen?

HEDWIG.

Weils keine Ursach hat – Tell, bleibe hier.

TELL.

Ich habs versprochen, liebes Weib, zu kommen.

HEDWIG.

Mußt du, so geh – Nur lasse mir den Knaben!

WALTER.

Nein, Mütterchen. Ich gehe mit dem Vater.

HEDWIG.

Wälty, verlassen willst du deine Mutter?

WALTER.

Ich bring dir auch was Hübsches mit vom Ehni.

 

Geht mit dem Vater.

 

WILHELM.

Mutter, ich bleibe bei dir!

HEDWIG umarmt ihn.

Ja, du bist

Mein liebes Kind, du bleibst mir noch allein!

 

Sie geht an das Hoftor und folgt den Abgehenden lange mit den Augen.

 

Zweite Szene

Eine eingeschlossene wilde Waldgegend, Staubbäche stürzen von den Felsen.

Berta im Jagdkleid. Gleich darauf Rudenz.

 

BERTA.

Er folgt mir. Endlich kann ich mich erklären.

RUDENZ tritt rasch ein.

Fräulein, jetzt endlich find ich Euch allein,

Abgründe schließen ringsumher uns ein,

In dieser Wildnis fürcht ich keinen Zeugen,

Vom Herzen wälz ich dieses lange Schweigen –

BERTA.

Seid Ihr gewiß, daß uns die Jagd nicht folgt?

RUDENZ.

Die Jagd ist dort hinaus – Jetzt oder nie!

Ich muß den teuren Augenblick ergreifen –

Entschieden sehen muß ich mein Geschick,

Und sollt es mich auf ewig von Euch scheiden.

– O, waffnet Eure gütgen Blicke nicht

Mit dieser finstern Strenge – Wer bin ich,

Daß ich den kühnen Wunsch zu Euch erhebe?

Mich hat der Ruhm noch nicht genannt, ich darf

Mich in die Reih nicht stellen mit den Rittern,

Die siegberühmt und glänzend Euch umwerben.

Nichts hab ich als mein Herz voll Treu und Liebe –

BERTA ernst und streng.

Dürft Ihr von Liebe reden und von Treue,

Der treulos wird an seinen nächsten Pflichten?

 

Rudenz tritt zurück.

 

Der Sklave Österreichs, der sich dem Fremdling

Verkauft, dem Unterdrücker seines Volks?

RUDENZ.

Von Euch, mein Fräulein, hör ich diesen Vorwurf?

Wen such ich denn, als Euch auf jener Seite?

BERTA.

Mich denkt Ihr auf der Seite des Verrats

Zu finden? Eher wollt ich meine Hand

Dem Geßler selbst, dem Unterdrücker, schenken,

Als dem naturvergeßnen Sohn der Schweiz,

Der sich zu seinem Werkzeug machen kann!

RUDENZ.

O Gott, was muß ich hören?

BERTA.

Wie? Was liegt

Dem guten Menschen näher als die Seinen?

Gibts schönre Pflichten für ein edles Herz,

Als ein Verteidiger der Unschuld sein,

Das Recht des Unterdrückten zu beschirmen?

– Die Seele blutet mir um Euer Volk,

Ich leide mit ihm, denn ich muß es lieben,

Das so bescheiden ist und doch voll Kraft,

Es zieht mein ganzes Herz mich zu ihm hin,

Mit jedem Tage lern ichs mehr verehren.

– Ihr aber, den Natur und Ritterpflicht

Ihm zum geborenen Beschützer gaben,

Und ders verläßt, der treulos übertritt

Zum Feind, und Ketten schmiedet seinem Land,

Ihr seids, der mich verletzt und kränkt, ich muß

Mein Herz bezwingen, daß ich Euch nicht hasse.

RUDENZ.

Will ich denn nicht das Beste meines Volks?

Ihm unter Östreichs mächtgem Szepter nicht

Den Frieden –

BERTA.

Knechtschaft wollt Ihr ihm bereiten!

Die Freiheit wollt Ihr aus dem letzten Schloß,

Das ihr noch auf der Erde blieb, verjagen.

Das Volk versteht sich besser auf sein Glück,

Kein Schein verführt sein sicheres Gefühl,

Euch haben sie das Netz ums Haupt geworfen –

RUDENZ.

Berta! Ihr haßt mich, Ihr verachtet mich!

BERTA.

Tät ichs, mir wäre besser – Aber den

Verachtet sehen und verachtungswert,

Den man gern lieben möchte –

RUDENZ.

Berta! Berta!

Ihr zeiget mir das höchste Himmelsglück,

Und stürzt mich tief in einem Augenblick.

BERTA.

Nein, nein, das Edle ist nicht ganz erstickt

In Euch! Es schlummert nur, ich will es wecken,

Ihr müßt Gewalt ausüben an Euch selbst,

Die angestammte Tugend zu ertöten,

Doch wohl Euch, sie ist mächtiger als Ihr,

Und trotz Euch selber seid Ihr gut und edel!

RUDENZ.

Ihr glaubt an mich! O Berta, alles läßt

Mich Eure Liebe sein und werden!

BERTA.

Seid,

Wozu die herrliche Natur Euch machte!

Erfüllt den Platz, wohin sie Euch gestellt,

Zu Eurem Volke steht und Eurem Lande,

Und kämpft für Euer heilig Recht.

RUDENZ.

Weh mir!

Wie kann ich Euch erringen, Euch besitzen,

Wenn ich der Macht des Kaisers widerstrebe?

Ists der Verwandten mächtger Wille nicht,

Der über Eure Hand tyrannisch waltet?

BERTA.

In den Waldstätten liegen meine Güter,

Und ist der Schweizer frei, so bin auch ichs.

RUDENZ.

Berta! welch einen Blick tut Ihr mir auf!

BERTA.

Hofft nicht, durch Östreichs Gunst mich zu erringen,

Nach meinem Erbe strecken sie die Hand,

Das will man mit dem großen Erb vereinen.

Dieselbe Ländergier, die Eure Freiheit

Verschlingen will, sie drohet auch der meinen!

– O Freund, zum Opfer bin ich ausersehn,

Vielleicht um einen Günstling zu belohnen –

Dort wo die Falschheit und die Ränke wohnen,

Hin an den Kaiserhof will man mich ziehn,

Dort harren mein verhaßter Ehe Ketten,

Die Liebe nur – die Eure kann mich retten!

RUDENZ.

Ihr könntet Euch entschließen, hier zu leben,

In meinem Vaterlande mein zu sein?

O Berta, all mein Sehnen in das Weite,

Was war es, als ein Streben nur nach Euch?

Euch sucht ich einzig auf dem Weg des Ruhms,

Und all mein Ehrgeiz war nur meine Liebe.

Könnt Ihr mit mir Euch in dies stille Tal

Einschließen und der Erde Glanz entsagen –

O dann ist meines Strebens Ziel gefunden,

Dann mag der Strom der wildbewegten Welt

Ans sichre Ufer dieser Berge schlagen –

Kein flüchtiges Verlangen hab ich mehr

Hinauszusenden in des Lebens Weiten –

Dann mögen diese Felsen um uns her

Die undurchdringlich feste Mauer breiten,

Und dies verschloßne selge Tal allein

Zum Himmel offen und gelichtet sein!

BERTA.

Jetzt bist du ganz, wie dich mein ahnend Herz

Geträumt, mich hat mein Glaube nicht betrogen!

RUDENZ.

Fahr hin, du eitler Wahn, der mich betört!

Ich soll das Glück in meiner Heimat finden.

Hier wo der Knabe fröhlich aufgeblüht,

Wo tausend Freudespuren mich umgeben,

Wo alle Quellen mir und Bäume leben,

Im Vaterland willst du die Meine werden!

Ach, wohl hab ich es stets geliebt! Ich fühls,

Es fehlte mir zu jedem Glück der Erden.

BERTA.

Wo wär die selge Insel aufzufinden,

Wenn sie nicht hier ist in der Unschuld Land?

Hier, wo die alte Treue heimisch wohnt,

Wo sich die Falschheit noch nicht hingefunden,

Da trübt kein Neid die Quelle unsers Glücks,

Und ewig hell entfliehen uns die Stunden.

– Da seh ich dich im echten Männerwert,

Den Ersten von den Freien und den Gleichen,

Mit reiner, freier Huldigung verehrt,

Groß wie ein König wirkt in seinen Reichen.

RUDENZ.

Da seh ich dich, die Krone aller Frauen,

In weiblich reizender Geschäftigkeit,

In meinem Haus den Himmel mir erbauen,

Und, wie der Frühling seine Blumen streut,

Mit schöner Anmut mir das Leben schmücken

Und alles rings beleben und beglücken!

BERTA.

Sieh, teurer Freund, warum ich trauerte,

Als ich dies höchste Lebensglück dich selbst

Zerstören sah – Weh mir! Wie stünds um mich,

Wenn ich dem stolzen Ritter müßte folgen,

Dem Landbedrücker auf sein finstres Schloß!

– Hier ist kein Schloß. Mich scheiden keine Mauern

Von einem Volk, das ich beglücken kann!

RUDENZ.

Doch wie mich retten – wie die Schlinge lösen,

Die ich mir töricht selbst ums Haupt gelegt?

BERTA.

Zerreiße sie mit männlichem Entschluß!

Was auch draus werde – Steh zu deinem Volk,

Es ist dein angeborner Platz.

 

Jagdhörner in der Ferne.

 

Die Jagd

Kommt näher – Fort, wir müssen scheiden – Kämpfe

Fürs Vaterland, du kämpfst für deine Liebe!

Es ist ein Feind, vor dem wir alle zittern,

Und eine Freiheit macht uns alle frei!

 

Gehen ab.

 

 

Dritte Szene

Wiese bei Altorf. Im Vordergrund Bäume, in der Tiefe der Hut auf einer Stange. Der Prospekt wird begrenzt durch den Bannberg, über welchem ein Schneegebirg emporragt.

Frießhardt und Leuthold halten Wache.

 

FRIESSHARDT.

Wir passen auf umsonst. Es will sich niemand

Heranbegeben und dem Hut sein' Reverenz

Erzeigen. 's war doch sonst wie Jahrmarkt hier,

Jetzt ist der ganze Anger wie verödet,

Seitdem der Popanz auf der Stange hängt.

LEUTHOLD.

Nur schlecht Gesindel läßt sich sehn und schwingt

Uns zum Verdrieße die zerlumpten Mützen.

Was rechte Leute sind, die machen lieber

Den langen Umweg um den halben Flecken,

Eh sie den Rücken beugten vor dem Hut.

FRIESSHARDT.

Sie müssen über diesen Platz, wenn sie

Vom Rathaus kommen um die Mittagstunde.

Da meint ich schon, 'nen guten Fang zu tun,

Denn keiner dachte dran, den Hut zu grüßen.

Da siehts der Pfaff, der Rösselmann – kam just

Von einem Kranken her – und stellt sich hin

Mit dem Hochwürdigen, grad vor die Stange –

Der Sigrist mußte mit dem Glöcklein schellen,

Da fielen all aufs Knie, ich selber mit,

Und grüßten die Monstranz, doch nicht den Hut. –

LEUTHOLD.

Höre, Gesell, es fängt mir an zu deuchten,

Wir stehen hier am Pranger vor dem Hut,

's ist doch ein Schimpf für einen Reitersmann,

Schildwach zu stehn vor einem leeren Hut –

Und jeder rechte Kerl muß uns verachten.

– Die Reverenz zu machen einem Hut,

Es ist doch traun! ein närrischer Befehl!

FRIESSHARDT.

Warum nicht einem leeren, hohlen Hut?

Bückst du dich doch vor manchem hohlen Schädel.

 

Hildegard, Mechthild und Elsbet treten auf mit Kindern und stellen sich um die Stange.

 

LEUTHOLD.

Und du bist auch so ein dienstfertger Schurke,

Und brächtest wackre Leute gern ins Unglück.

Mag, wer da will, am Hut vorübergehn,

Ich drück die Augen zu und seh nicht hin.

MECHTHILD.

Da hängt der Landvogt – Habt Respekt, ihr Buben.

ELSBET.

Wollts Gott, er ging, und ließ uns seinen Hut,

Es sollte drum nicht schlechter stehn ums Land!

FRIESSHARDT verscheucht sie.

Wollt ihr vom Platz? Verwünschtes Volk der Weiber!

Wer fragt nach euch? Schickt eure Männer her,

Wenn sie der Mut sticht, dem Befehl zu trotzen.

 

Weiber gehen.

Tell mit der Armbrust tritt auf, den Knaben an der Hand führend.