Er machte eine geringschätzende Handbewegung und fügte hinzu:
»Rowdys, diese beiden Enters! Haben sich hier beinahe unmöglich gemacht. Diese Mrs. und Mr. May aus Germany, die nach solchen Leuten suchen, passen wohl nicht für uns. Werden keine Zimmer bekommen!«
Wie gut, daß ich einen andern Namen eingetragen hatte! Auch diese Aeußerung des Kellners mahnte zur Vorsicht, obgleich ein Rowdy zwar ein roher, aber immerhin noch kein schlechter Mensch zu sein braucht.
Dieses erste Frühstück war splendid im höchsten Grade: Kaffee, Tee, Kakao, Schokolade, eine Menge Fleisch- und Eierspeisen, Trauben, Ananas, Melonen und andere Früchte, so viel man wollte. Bedient wurden wir von unserm Zimmerkellner. Er hatte sich das von der Direktion ausgebeten. Mir war das lieb.
Es gibt im Clifton-House nur Einzeltische, keine große, gemeinschaftliche Tafel. Am besten sitzt und speist es sich in einer langen, an den großen Saal stoßenden Veranda, die so schmal ist, daß da nur zwei Reihen von Tischen Platz finden. Es gibt von da aus eine prächtige Aussicht nach den Fällen. Wir hatten uns einen dieser Tische gewählt und beschlossen, ihn für uns zu belegen. Als wir den Kellner fragten, ob man das könne, antwortete er:
»Gewöhnlich nicht, aber Mrs. und Mr. Burton können das. Ich werde es besorgen. Der beste Tisch wäre allerdings nicht dieser, sondern der hinterste, weil man da nur von einer Seite aus gesehen, gehört und belästigt werden kann. Den aber haben schon zwei Gentlemen in Beschlag genommen. Man schlug ihnen diesen Wunsch nicht ab.«
Das hatte er in gewöhnlichem Tone gesagt. Mit gesenkter Stimme aber fügte er hinzu:
»Sie bezahlen nämlich Alles nur mit Nuggets! Sie haben eine ganze, schwere Tasche mit gediegenen Goldkörnern in Verwahrung gegeben!«
Viele, welche kamen und nach diesem Tische gingen, um dort Platz zu nehmen, wurden abgewiesen, bis wir fast am Schlusse der Frühstückszeit zwei Männer eintreten sahen, welche sofort Aller Augen auf sich zogen. Sie standen ungefähr im gleichen Alter und waren Indianer. Das sah man gleich beim ersten Blicke. Hoch und breitschulterig gebaut, mit scharf, aber, ich möchte beinahe sagen, edel geschnittenen Zügen, gingen sie, scheinbar ohne Jemand anzusehen, langsam und würdevoll nach dem erwähnten Tische und setzten sich dort nieder. Sie waren nicht indianisch gekleidet, sondern sie trugen seine Stoffanzüge nach gewöhnlicher Fassung, und ihr Haar war genau so verschnitten wie anderer Leute Haar; aber man konnte unbesorgt die höchste Wette darauf eingehen, daß sie im Sattel, auf der Savanne und zwischen den Kolossen des Felsengebirges wohl noch gebieterischer erscheinen würden als hier. Jedoch trotz der tiefen Sonnenbräune ihrer Gesichter zeigte sich auf ihnen eine sehr sichtbare Spur jenes eigenartigen Hauches, den es nur bei Leuten gibt, welche viel nachgedacht haben und gewohnt sind, dieses ihr Nachdenken auf höhere Pfade zu lenken. Man pflegt bei solchen Personen von »durchgeistigten« Gesichtern, von »durchgeistigten« Zügen zu sprechen, und der Eindruck dieses »Durchgeistigtseins« ist um so größer, um so tiefer und um so dauernder, wenn dabei der Blick des Auges jene tiefe Schwermut, jene seelische Trauer bekundet, welche verschwindenden Jahren, zu Ende gehenden Tagen und sterbenden Völkern eigen ist. Diese stille, aber doch laut sprechende, unbeschreibliche Elegie des Auges war hier bei diesen Indianern vorhanden.
»Das sind die Gentlemen,« sagte der Kellner. »Feine Leute, wenn auch nur Indianer! Hochfein!«
Er schnippste dabei mit dem Daumen und Mittelfinger, um seinem Lobe Nachdruck zu geben.
»Woher sind sie?« fragte ich.
»Weiß es nicht genau. Der Eine von weither, sehr weit, der Andere von näher. Kamen Beide über Quebek und Montreal den Fluß herauf.«
»Ihre Namen?«
»Mr. Athabaska und Mr.
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