Insofern solche Betrachtung vorläufig angestellt werden kann, ist dies anderwärts (in meiner Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften, 3. Ausgabe im »Vorbegriff«, § 61 ff.) geschehen. Hier mag daraus nur dies angeführt werden, daß es Nichts gibt, nichts im Himmel oder in der Natur oder im Geiste oder wo es sei, was nicht ebenso die Unmittelbarkeit enthält als die Vermittlung, so daß sich diese beiden Bestimmungen als ungetrennt und untrennbar und jener Gegensatz sich als ein Nichtiges zeigt. Was aber die wissenschaftliche Erörterung betrifft, so ist es jeder logische Satz, in welchem die Bestimmungen der Unmittelbarkeit und der Vermittlung und also die Erörterung ihres Gegensatzes und ihrer Wahrheit vorkommt. Insofern dieser Gegensatz in Beziehung auf Denken, Wissen, Erkennen die konkretere Gestalt von unmittelbarem oder vermitteltem Wissen erhält, wird die Natur des Erkennens überhaupt sowohl innerhalb[66] der Wissenschaft der Logik betrachtet, als dasselbe in seiner weiteren konkreten Form in die Wissenschaft vom Geiste und in die Phänomenologie desselben fällt. Vor der Wissenschaft aber schon über das Erkennen ins reine kommen wollen, heißt verlangen, daß es außerhalb derselben erörtert werden sollte; außerhalb der Wissenschaft läßt sich dies wenigstens nicht auf wissenschaftliche Weise, um die es hier allein zu tun ist, bewerkstelligen.
Logisch ist der Anfang, indem er im Element des frei für sich seienden Denkens, im reinen Wissen gemacht werden soll. Vermittelt ist er hiermit dadurch, daß das reine Wissen die letzte, absolute Wahrheit des Bewußtseins ist. Es ist in der Einleitung bemerkt, daß die Phänomenologie des Geistes die Wissenschaft des Bewußtseins, die Darstellung davon ist, daß das Bewußtsein den Begriff der Wissenschaft, d. i. das reine Wissen, zum Resultate hat. Die Logik hat insofern die Wissenschaft des erscheinenden Geistes zu ihrer Voraussetzung, welche die Notwendigkeit und damit den Beweis der Wahrheit des Standpunkts, der das reine Wissen ist, wie dessen Vermittlung überhaupt enthält und aufzeigt. In dieser Wissenschaft des erscheinenden Geistes wird von dem empirischen, sinnlichen Bewußtsein ausgegangen, und dieses ist das eigentliche unmittelbare Wissen; daselbst wird erörtert, was an diesem unmittelbaren Wissen ist. Anderes Bewußtsein, wie der Glaube an göttliche Wahrheiten, innere Erfahrung, Wissen durch innere Offenbarung usf., zeigt sich bei geringer Überlegung sehr uneigentlich als unmittelbares Wissen aufgeführt zu werden. In jener Abhandlung ist das unmittelbare Bewußtsein auch das in der Wissenschaft Erste und Unmittelbare, somit die Voraussetzung; in der Logik aber ist dasjenige die Voraussetzung, was aus jener Betrachtung sich als das Resultat erwiesen hatte, – die Idee als reines Wissen. Die Logik ist die reine Wissenschaft, d. i. das reine Wissen in dem ganzen Umfange seiner Entwicklung. Diese Idee aber hat sich in jenem Resultate dahin bestimmt, die zur Wahrheit gewordene Gewißheit zu sein, die Gewißheit,[67] die nach der einen Seite dem Gegenstande nicht mehr gegenüber ist, sondern ihn innerlich gemacht hat, ihn als sich selbst weiß, – und die auf der ändern Seite das Wissen von sich als von einem, das dem Gegenständlichen gegenüber und nur dessen Vernichtung sei, aufgegeben [hat], dieser Subjektivität entäußert und Einheit mit seiner Entäußerung ist.
Daß nun von dieser Bestimmung des reinen Wissens aus der Anfang seiner Wissenschaft immanent bleibe, ist nichts zu tun, als das zu betrachten oder vielmehr mit Beiseitsetzung aller Reflexionen, aller Meinungen, die man sonst hat, nur aufzunehmen, was vorhanden ist.
Das reine Wissen, als in diese Einheit zusammengegangen, hat alle Beziehung auf ein Anderes und auf Vermittlung aufgehoben; es ist das Unterschiedslose; dieses Unterschiedslose hört somit selbst auf, Wissen zu sein; es ist nur einfache Unmittelbarkeit vorhanden.
Die einfache Unmittelbarkeit ist selbst ein Reflexionsausdruck und bezieht sich auf den Unterschied von dem Vermittelten. In ihrem wahren Ausdrucke ist daher diese einfache Unmittelbarkeit das reine Sein. Wie das reine Wissen nichts heißen soll als das Wissen als solches, ganz abstrakt, so soll auch reines Sein nichts heißen als das Sein überhaupt; Sein, sonst nichts, ohne alle weitere Bestimmung und Erfüllung.
Hier ist das Sein das Anfangende, als durch Vermittlung, und zwar durch sie, welche zugleich Aufheben ihrer selbst ist, entstanden dargestellt; mit der Voraussetzung des reinen Wissens als Resultats des endlichen Wissens, des Bewußtseins. Soll aber keine Voraussetzung gemacht, der Anfang selbst unmittelbar genommen werden, so bestimmt er sich nur dadurch, daß es der Anfang der Logik, des Denkens für sich, sein soll. Nur der Entschluß, den man auch für eine Willkür ansehen kann, nämlich daß man das Denken als solches betrachten wolle, ist vorhanden. So muß der Anfang absoluter oder, was hier gleichbedeutend ist, abstrakter Anfang[68] sein; er darf so nichts voraussetzen, muß durch nichts vermittelt sein noch einen Grund haben; er soll vielmehr selbst Grund der ganzen Wissenschaft sein. Er muß daher schlechthin ein Unmittelbares sein oder vielmehr nur das Unmittelbare selbst. Wie er nicht gegen Anderes eine Bestimmung haben kann, so kann er auch keine in sich, keinen Inhalt enthalten, denn dergleichen wäre Unterscheidung und Beziehung von Verschiedenem aufeinander, somit eine Vermittlung. Der Anfang ist also das reine Sein.
Nach dieser einfachen Darlegung dessen, was zunächst nur zu diesem selbst Allereinfachsten, dem logischen Anfang gehört, können noch folgende weitere Reflexionen beigebracht werden; doch können sie nicht sowohl zur Erläuterung und Bestätigung jener Darlegung, die für sich fertig ist, dienen sollen, als sie vielmehr nur durch Vorstellungen und Reflexionen veranlaßt werden, die uns zum voraus in den Weg kommen können, jedoch, wie alle anderen vorangehenden Vorurteile, in der Wissenschaft selbst ihre Erledigung finden müssen, und daher eigentlich zur Geduld hierauf zu verweisen wäre.
Die Einsicht, daß das Absolut-Wahre ein Resultat sein müsse, und umgekehrt, daß ein Resultat ein erstes Wahres voraussetzt, das aber, weil es Erstes ist, objektiv betrachtet nicht notwendig und nach der subjektiven Seite nicht erkannt ist, – hat in neueren Zeiten den Gedanken hervorgebracht, daß die Philosophie nur mit einem hypothetischen und problematischen Wahren anfangen und das Philosophieren daher zuerst nur ein Suchen sein könne, eine Ansicht, welche Reinhold in den späteren Zeiten seines Philosophierens vielfach urgiert hat und der man die Gerechtigkeit widerfahren lassen muß, daß ihr ein wahrhaftes Interesse zugrunde liegt, welches die spekulative Natur des philosophischen Anfangs betrifft. Die Auseinandersetzung dieser[69] Ansicht ist zugleich eine Veranlassung, ein vorläufiges Verständnis über den Sinn des logischen Fortschreitens überhaupt einzuleiten; denn jene Ansicht schließt die Rücksicht auf das Fortgehen sogleich in sich. Und zwar stellt sie es so vor, daß das Vorwärtsschreiten in der Philosophie vielmehr ein Rückwärtsgehen und Begründen sei, durch welches erst sich ergebe, daß das, womit angefangen wurde, nicht bloß ein willkürlich Angenommenes, sondern in der Tat teils das Wahre, teils das erste Wahre sei.
Man muß zugeben, daß es eine wesentliche Betrachtung ist – die sich innerhalb der Logik selbst näher ergeben wird –, daß das Vorwärtsgehen ein Rückgang in den Grund, zu dem Ursprünglichen und Wahrhaften ist, von dem das, womit der Anfang ge macht wurde, abhängt und in der Tat hervorgebracht wird. – So wird das Bewußtsein auf seinem Wege von der Unmittelbarkeit aus, mit der es anfängt, zum absoluten Wissen als seiner innersten Wahrheit zurückgeführt. Dies Letzte, der Grund, ist denn auch dasjenige, aus welchem das Erste hervorgeht, das zuerst als Unmittelbares auftrat.
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