– So wird noch mehr der absolute Geist, der als die konkrete und letzte höchste Wahrheit alles Seins sich ergibt, erkannt, als am Ende der Entwicklung sich mit Freiheit entäußernd und sich zur Gestalt eines unmittelbaren Seins entlassend, – zur Schöpfung einer Welt sich entschließend, welche alles das enthält, was in die Entwicklung, die jenem Resultate vorangegangen, fiel und das durch diese umgekehrte Stellung mit seinem Anfang in ein von dem Resultate als dem Prinzip Abhängiges verwandelt wird. Das Wesentliche für die Wissenschaft ist nicht so sehr, daß ein rein Unmittelbares der Anfang sei, sondern daß das Ganze derselben ein Kreislauf in sich selbst ist, worin das Erste auch das Letzte und das Letzte auch das Erste wird.

Daher ergibt sich auf der ändern Seite als ebenso notwendig, dasjenige, in welches die Bewegung als in seinen Grund zurückgeht, als Resultat zu betrachten. Nach dieser Rücksicht ist das Erste ebensosehr der Grund und das Letzte ein Abgeleitetes;[70] indem von dem Ersten ausgegangen und durch richtige Folgerungen auf das Letzte als auf den Grund gekommen wird, ist dieser Resultat. Der Fortgang ferner von dem, was den Anfang macht, ist nur als eine weitere Bestimmung desselben zu betrachten, so daß das Anfangende allem Folgenden zugrunde liegen bleibt und nicht daraus verschwindet. Das Fortgehen besteht nicht darin, daß nur ein Anderes abgeleitet oder daß in ein wahrhaft Anderes übergegangen würde; – und insofern dies Übergehen vorkommt, so hebt es sich ebensosehr wieder auf. So ist der Anfang der Philosophie die in allen folgenden Entwicklungen gegenwärtige und sich erhaltende Grundlage, das seinen weiteren Bestimmungen durchaus immanent Bleibende.

Durch diesen Fortgang denn verliert der Anfang das, was er in dieser Bestimmtheit, ein Unmittelbares und Abstraktes überhaupt zu sein, Einseitiges hat; er wird ein Vermitteltes, und die Linie der wissenschaftlichen Fortbewegung macht sich damit zu einem Kreise. – Zugleich ergibt sich, daß das, was den Anfang macht, indem es darin das noch Unentwickelte, Inhaltslose ist, im Anfange noch nicht wahrhaft erkannt wird und daß erst die Wissenschaft, und zwar in ihrer ganzen Entwicklung, seine vollendete, inhaltsvolle und erst wahrhaft begründete Erkenntnis ist.

Darum aber, weil das Resultat erst als der absolute Grund hervortritt, ist das Fortschreiten dieses Erkennens nicht etwas Provisorisches noch ein problematisches und hypothetisches, sondern es muß durch die Natur der Sache und des Inhaltes selbst bestimmt sein. Weder ist jener Anfang etwas Willkürliches und nur einstweilen Angenommenes noch ein als willkürlich Erscheinendes und bittweise Vorausgesetztes, von dem sich aber doch in der Folge zeige, daß man recht daran getan habe, es zum Anfange zu machen; nicht wie bei den Konstruktionen, die man zum Behuf des Beweises eines geometrischen Satzes zu machen angewiesen wird, es der Fall ist, daß von ihnen es sich erst hinterher an den Beweisen ergibt, daß man wohlgetan habe, gerade diese Linien zu[71] ziehen und dann in den Beweisen selbst mit der Vergleichung dieser Linien oder Winkel anzufangen; für sich an diesem Linienziehen oder Vergleichen begreift es sich nicht.

So ist vorhin der Grund, warum in der reinen Wissenschaft vom reinen Sein angefangen wird, unmittelbar an ihr selbst angegeben worden. Dies reine Sein ist die Einheit, in die das reine Wissen zurückgeht, oder wenn dieses selbst noch als Form von seiner Einheit unterschieden gehalten werden soll, so ist es auch der Inhalt desselben. Dies ist die Seite, nach welcher dies reine Sein, dies Absolut-Unmittelbare, ebenso absolut Vermitteltes ist. Aber es muß ebenso wesentlich nur in der Einseitigkeit, das Rein-Unmittelbare zu sein, genommen werden, eben weil es hier als der Anfang ist. Insofern es nicht diese reine Unbestimmtheit, insofern es bestimmt wäre, würde es als Vermitteltes, schon Weitergeführtes genommen; ein Bestimmtes enthält ein Anderes zu einem Ersten. Es liegt also in der Natur des Anfangs selbst, daß er das Sein sei und sonst nichts. Es bedarf daher keiner sonstigen Vorbereitungen, um in die Philosophie hineinzukommen, noch anderweitiger Reflexionen und Anknüpfungspunkte.

Daß der Anfang Anfang der Philosophie ist, daraus kann eigentlich auch keine nähere Bestimmung oder ein positiver Inhalt für denselben genommen werden. Denn die Philosophie ist hier im Anfange, wo die Sache selbst noch nicht vorhanden ist, ein leeres Wort oder irgendeine angenommene ungerechtfertigte Vorstellung. Das reine Wissen gibt nur diese negative Bestimmung, daß er der abstrakte Anfang sein soll. Insofern das reine Sein als Inhalt des reinen Wissens genommen wird, so hat dieses von seinem Inhalte zurückzutreten, ihn für sich selbst gewähren zu lassen und nicht weiter zu bestimmen. – Oder indem das reine Sein als die Einheit zu betrachten ist, in die das Wissen auf seiner höchsten Spitze der Einigung mit dem Objekte zusammengefallen, so ist das Wissen in diese Einheit verschwunden und hat keinen Unterschied von ihr und somit keine Bestimmung für sie übriggelassen. – Auch sonst ist nicht etwas oder[72] irgendein Inhalt vorhanden, der gebraucht werden könnte, um damit den bestimmteren Anfang zu machen.

Aber auch die bisher als Anfang angenommene Bestimmung des Seins könnte weggelassen werden, so daß nur gefordert würde, daß ein reiner Anfang gemacht werde. Dann ist nichts vorhanden als der Anfang selbst, und es wäre zu sehen, was er ist. – Diese Stellung könnte zugleich als ein Vorschlag zur Güte an diejenigen gemacht werden, welche teils damit, daß mit dem Sein angefangen werde, aus welchen Reflexionen es sei, sich nicht beruhigen und noch weniger mit dem Erfolge, den das Sein hat, in das Nichts überzugehen, teils [es] überhaupt nicht anders wissen, als daß in einer Wissenschaft mit der Voraussetzung einer Vorstellung angefangen werde – einer Vorstellung, welche hierauf analysiert werde, so daß nun das Ergebnis solcher Analyse den ersten bestimmten Begriff in der Wissenschaft abgebe. Indem wir auch dies Verfahren beobachteten, so hätten wir keinen besonderen Gegenstand, weil der Anfang, als des Denkens, ganz abstrakt, ganz allgemein, ganz Form ohne allen Inhalt sein soll; wir hätten somit gar nichts als die Vorstellung von einem bloßen Anfang als solchem. Es ist also nur zu sehen, was wir in dieser Vorstellung haben.

Es ist noch Nichts, und es soll Etwas werden. Der Anfang ist nicht das reine Nichts, sondern ein Nichts, von dem Etwas ausgehen soll; das Sein ist also auch schon im Anfang enthalten. Der Anfang enthält also beides, Sein und Nichts; ist die Einheit von Sein und Nichts, – oder ist Nichtsein, das zugleich Sein, und Sein, das zugleich Nichtsein ist.

Ferner: Sein und Nichts sind im Anfang als unterschieden vorhanden; denn er weist auf etwas anderes hin; – er ist ein Nichtsein, das auf das Sein als auf ein Anderes bezogen ist; das Anfangende ist noch nicht; es geht erst dem Sein zu. Der Anfang enthält also das Sein als ein solches, das sich von dem Nichtsein entfernt oder es aufhebt, als ein ihm Entgegengesetztes.

Ferner aber ist das, was anfängt, schon; ebensosehr aber ist[73] es auch noch nicht. Die Entgegengesetzten, Sein und Nichtsein, sind also in ihm in unmittelbarer Vereinigung; oder er ist ihre ununterschiedene Einheit.

Die Analyse des Anfangs gäbe somit den Begriff der Einheit des Seins und des Nichtseins – oder, in reflektierterer Form, der Einheit des Unterschieden- und des Nichtunterschiedenseins – oder der Identität der Identität und Nichtidentität. Dieser Begriff könnte als die erste, reinste, d. i. abstrakteste Definition des Absoluten angesehen werden, – wie er dies in der Tat sein würde, wenn es überhaupt um die Form von Definitionen und um den Namen des Absoluten zu tun wäre.