Die intellektuelle Anschauung ist wohl die gewaltsame Zurückweisung des Vermittelns und der beweisenden, äußerlichen Reflexion. Was sie aber mehr ausspricht als einfache Unmittelbarkeit, ist ein Konkretes, ein in sich verschiedene Bestimmungen Enthaltendes. Das Aussprechen und die Darstellung eines solchen jedoch ist, wie schon bemerkt, eine vermittelnde Bewegung, die von einer der Bestimmungen anfängt und zu der anderen fortgeht, wenn diese auch zur ersten zurückgeht; – es ist eine Bewegung, die zugleich nicht willkürlich oder assertorisch sein darf. Von was daher in solcher Darstellung angefangen wird, ist nicht das Konkrete selbst, sondern nur das einfache Unmittelbare, von dem die[78] Bewegung ausgeht. Außerdem fehlt, wenn ein Konkretes zum Anfange gemacht wird, der Beweis, dessen die Verbindung der im Konkreten enthaltenen Bestimmungen bedarf.

Wenn also im Ausdrucke des Absoluten oder Ewigen oder Gottes (und das unbestrittenste Recht hätte Gott, daß mit ihm der Anfang gemacht werde), wenn in deren Anschauung oder Gedanken mehr liegt als im reinen Sein, so soll das, was darin hegt, ins Wissen als denkendes, nicht vorstellendes, erst hervortreten; das, was darin liegt, sei so reich, als es wolle, so ist die Bestimmung, die ins Wissen zuerst hervortritt, ein Einfaches, denn nur im Einfachen ist nicht mehr als der reine Anfang; nur das Unmittelbare ist einfach, denn nur im Unmittelbaren ist noch nicht ein Fortgegangensein von einem zu einem anderen. Was somit über das Sein ausgesprochen oder enthalten sein soll in den reicheren Formen des Vorstellens von Absolutem oder Gott, dies ist im Anfange nur leeres Wort und nur Sein; dies Einfädle, das sonst keine weitere Bedeutung hat, dies Leere ist also schlechthin der Anfang der Philosophie.

Diese Einsicht ist selbst so einfach, daß dieser Anfang als solcher keiner Vorbereitung noch weiteren Einleitung bedarf; und diese Vorläufigkeit von Räsonnement über ihn konnte nicht die Absicht haben, ihn herbeizuführen, als vielmehr alle Vorläufigkeit zu entfernen.[79]

 

Allgemeine Einteilung des Seins

Das Sein ist zuerst gegen Anderes überhaupt bestimmt; Zweitens ist es sich innerhalb seiner selbst bestimmend; Drittens, indem diese Vorläufigkeit des Einteilens weggeworfen ist, ist es die abstrakte Unbestimmtheit und Unmittelbarkeit, in der es der Anfang sein muß.

Nach der ersten Bestimmung teilt das Sein sich gegen das [79] Wesen ab, indem es weiterhin in seiner Entwicklung seine Totalität nur als eine Sphäre des Begriffs erweist und ihr als Moment eine andere Sphäre gegenüberstellt.

Nach der zweiten ist es die Sphäre, innerhalb welcher die Bestimmungen und die ganze Bewegung seiner Reflexion fällt. Das Sein wird sich darin in den drei Bestimmungen setzen:

I. als Bestimmtheit als solche; Qualität;

II. als aufgehobene Bestimmtheit; Größe, Quantität;

III. als qualitativ bestimmte Quantität; Maß.

Diese Einteilung ist hier, wie in der Einleitung von diesen Einteilungen überhaupt erinnert worden, eine vorläufige Anführung; ihre Bestimmungen haben erst aus der Bewegung des Seins selbst zu entstehen, sich dadurch zu definieren und zu rechtfertigen. Ober die Abweichung dieser Einteilung von der gewöhnlichen Aufführung der Kategorien, nämlich als Quantität, Qualität, Relation und Modalität, was übrigens bei Kant nur die Titel für seine Kategorien sein sollen, in der Tat aber selbst – nur allgemeinere – Kategorien sind, ist hier nichts zu erinnern, da die ganze Ausführung das überhaupt von der gewöhnlichen Ordnung und Bedeutung der Kategorien Abweichende zeigen wird.

Nur dies kann etwa bemerkt werden, daß sonst die Bestimmung der Quantität vor der Qualität aufgeführt wird, und dies – wie das meiste – ohne weiteren Grund. Es ist bereits gezeigt worden, daß der Anfang sich mit dem Sein als solchem macht, daher mit dem qualitativen Sein. Aus der Vergleichung der Qualität mit der Quantität erhellt leicht, daß jene die der Natur nach erste ist. Denn die Quantität ist die schon negativ gewordene Qualität; die Größe ist die Bestimmtheit, die nicht mehr mit dem Sein eins, sondern schon von ihm unterschieden, die aufgehobene, gleichgültig gewordene Qualität ist. Sie schließt die Veränderlichkeit des Seins ein, ohne daß die Sache selbst, das Sein, dessen Bestimmung sie ist, durch sie verändert werde; dahingegen die qualitative Bestimmtheit mit ihrem Sein eins ist, nicht darüber[80] hinausgeht noch innerhalb desselben steht, sondern dessen unmittelbare Beschränktheit ist. Die Qualität ist daher, als die unmittelbare Bestimmtheit, die erste und mit ihr der Anfang zu machen.

Das Maß ist eine Relation, aber nicht die Relation überhaupt, sondern bestimmt der Qualität und Quantität zueinander; die Kategorien, die Kant unter der Relation befaßt, werden ganz anderwärts ihre Stelle nehmen. Das Maß kann auch für eine Modalität, wenn man will, angesehen werden; aber indem bei Kant diese nicht mehr eine Bestimmung des Inhalts ausmachen, sondern nur die Beziehung desselben auf das Denken, auf das Subjektive, angehen soll, so ist dies eine ganz heterogene, hierher nicht gehörige Beziehung.

Die dritte Bestimmung des Seins fällt innerhalb des Abschnittes der Qualität, indem es sich als abstrakte Unmittelbarkeit zu einer einzelnen Bestimmtheit gegen seine anderen innerhalb seiner Sphäre herabsetzt.[81]

 

Erster Abschnitt
Bestimmtheit (Qualität)

Das Sein ist das unbestimmte Unmittelbare; es ist frei von der Bestimmtheit gegen das Wesen sowie noch von jeder, die es innerhalb seiner selbst erhalten kann. Dies reflexionslose Sein ist das Sein, wie es unmittelbar nur an ihm selber ist.

Weil es unbestimmt ist, ist es qualitätsloses Sein; aber an sich kommt ihm der Charakter der Unbestimmtheit nur im Gegensatze gegen das Bestimmte oder Qualitative zu. Dem Sein überhaupt tritt aber das bestimmte Sein als solches gegenüber; damit aber macht seine Unbestimmtheit selbst seine Qualität aus. Es wird sich daher zeigen, daß das erste Sein an sich bestimmtes [ist], und hiermit

Zweitens, daß es in das Dasein übergeht, Dasein ist; daß aber dieses als endliches Sein sich aufhebt und in die unendliche Beziehung des Seins auf sich selbst,

Drittens in das Fürsichsein übergeht.

 

Erstes Kapitel
Sein

A. Sein

Sein, reines Sein, – ohne alle weitere Bestimmung. In seiner unbestimmten Unmittelbarkeit ist es nur sich selbst gleich und auch nicht ungleich gegen Anderes, hat keine Verschiedenheit innerhalb seiner noch nach außen. Durch irgendeine Bestimmung oder Inhalt, der in ihm unterschieden oder wodurch es als unterschieden von einem Anderen gesetzt würde, würde es nicht in seiner Reinheit festgehalten. Es ist die reine Unbestimmtheit und Leere. – Es ist nichts in ihm anzuschauen, wenn von Anschauen hier gesprochen werden kann; oder es ist nur dies reine, leere Anschauen selbst. Es[82] ist ebensowenig etwas in ihm zu denken, oder es ist ebenso nur dies leere Denken. Das Sein, das unbestimmte Unmittelbare ist in der Tat Nichts und nicht mehr noch weniger als Nichts.[83]

 

B. Nichts

Nichts, das reine Nichts; es ist einfache Gleichheit mit sich selbst, vollkommene Leerheit, Bestimmungs- und Inhaltslosigkeit; Ununterschiedenheit in ihm selbst. – Insofern Anschauen oder Denken hier erwähnt werden kann, so gilt es als ein Unterschied, ob etwas oder nichts angeschaut oder gedacht wird. Nichts Anschauen oder Denken hat also eine Bedeutung; beide werden unterschieden, so ist (existiert) Nichts in unserem Anschauen oder Denken; oder vielmehr ist es das leere Anschauen und Denken selbst und dasselbe leere Anschauen oder Denken als das reine Sein.