Sie enthält den Gedanken, insofern er ebensosehr die Sache an sich selbst ist, oder die Sache an sich selbst, insofern sie ebensosehr der reine Gedanke ist. Als Wissenschaft ist die Wahrheit das reine sich entwickelnde Selbstbewußtsein und hat die Gestalt des Selbsts, daß das an und für sich Seiende gewußter Begriff, der Begriff als solcher aber das an und für sich Seiende ist. Dieses objektive Denken ist denn der Inhalt der reinen Wissenschaft. Sie ist daher so wenig formell, sie entbehrt so wenig der Materie zu einer wirklichen und wahren Erkenntnis,[43] daß ihr Inhalt vielmehr allein das absolute Wahre oder, wenn man sich noch des Worts Materie bedienen wollte, die wahrhafte Materie ist – eine Materie aber, der die Form nicht ein Äußerliches ist, da diese Materie vielmehr der reine Gedanke, somit die absolute Form selbst ist. Die Logik ist sonach als das System der reinen Vernunft, als das Reich des reinen Gedankens zu fassen. Dieses Reich ist die Wahrheit, wie sie ohne Hülle an und für sich selbst ist. Man kann sich deswegen ausdrücken, daß dieser Inhalt die Darstellung Gottes ist, wie er in seinem ewigen Wesen vor der Erschaffung der Natur und eines endlichen Geistes ist.
Anaxagoras wird als derjenige gepriesen, der zuerst den Gedanken ausgesprochen habe, daß der Nus, der Gedanke, das Prinzip der Welt, daß das Wesen der Welt als der Gedanke zu bestimmen ist. Er hat damit den Grund zu einer Intellektualansicht des Universums gelegt, deren reine Gestalt die Logik sein muß. Es ist in ihr nicht um ein Denken über etwas, das für sich außer dem Denken zugrunde läge, zu tun, um Formen, welche bloße Merkmale der Wahrheit abgeben sollten; sondern die notwendigen Formen und eigenen Bestimmungen des Denkens sind der Inhalt und die höchste Wahrheit selbst.
Um dies in die Vorstellung wenigstens aufzunehmen, ist die Meinung auf die Seite zu legen, als ob die Wahrheit etwas Handgreifliches sein müsse. Solche Handgreiflichkeit wird zum Beispiel selbst noch in die Platonischen Ideen, die in dem Denken Gottes sind, hineingetragen, als ob sie gleichsam existierende Dinge, aber in einer anderen Welt oder Region seien, außerhalb welcher die Welt der Wirklichkeit sich befinde und eine von jenen Ideen verschiedene, erst durch diese Verschiedenheit reale Substantialität habe. Die Platonische Idee ist nichts anderes als das Allgemeine oder bestimmter der Begriff des Gegenstandes; nur in seinem Begriffe hat etwas Wirklichkeit; insofern es von seinem Begriffe verschieden ist, hört es auf, wirklich zu sein, und ist ein Nichtiges; die Seite der Handgreiflichkeit und des sinnlichen[44] Außersichseins gehört dieser nichtigen Seite an. – Von der ändern Seite aber kann man sich auf die eigenen Vorstellungen der gewöhnlichen Logik berufen; es wird nämlich angenommen, daß z.B. Definitionen nicht Bestimmungen enthalten, die nur ins erkennende Subjekt fallen, sondern die Bestimmungen des Gegenstandes, welche seine wesentlichste eigenste Natur ausmachen. Oder wenn von gegebenen Bestimmungen auf andere geschlossen wird, wird angenommen, daß das Erschlossene nicht ein dem Gegenstande Äußerliches und Fremdes sei, sondern daß es ihm vielmehr selbst zukomme, daß diesem Denken das Sein entspreche. – Es liegt überhaupt bei dem Gebrauche der Formen des Begriffs, Urteils, Schlusses, Definition, Division usf. zugrunde, daß sie nicht bloß Formen des selbstbewußten Denkens sind, sondern auch des gegenständlichen Verstandes. – Denken ist ein Ausdruck, der die in ihm enthaltene Bestimmung vorzugsweise dem Bewußtsein beilegt. Aber insofern gesagt wird, daß Verstand, daß Vernunft in der gegenständlichen Welt ist, daß der Geist und die Natur allgemeine Gesetze habe, nach welchen ihr Leben und ihre Veränderungen sich machen, so wird zugegeben, daß die Denkbestimmungen ebensosehr objektiven Wert und Existenz haben.
Die kritische Philosophie machte zwar bereits die Metaphysik zur Logik, aber sie wie der spätere Idealismus gab, wie vorhin erinnert worden, aus Angst vor dem Objekt den logischen Bestimmungen eine wesentliche subjektive Bedeutung; dadurch blieben sie zugleich mit dem Objekte, das sie flohen, behaftet, und ein Ding-an-sich, ein unendlicher Anstoß, blieb als ein Jenseits an ihnen übrig. Aber die Befreiung von dem Gegensatze des Bewußtseins, welche die Wissenschaft muß voraussetzen können, erhebt die Denkbestimmungen über diesen ängstlichen, unvollendeten Standpunkt und fordert die Betrachtung derselben, wie sie an und für sich, ohne eine solche Beschränkung und Rücksicht, das Logische, das Rein-Vernünftige sind.
Kant preist sonst die Logik, nämlich das Aggregat von Bestimmungen[45] und Sätzen, das im gewöhnlichen Sinne Logik heißt, darüber glücklich, daß ihr vor anderen Wissenschaften eine so frühe Vollendung zuteil geworden sei; seit Aristoteles habe sie keinen Rückschritt getan, aber auch keinen Schritt vorwärts, das letztere deswegen, weil sie allem Ansehen nach geschlossen und vollendet zu sein scheine. – Wenn die Logik seit Aristoteles keine Veränderung erlitten hat – wie denn in der Tat die Veränderungen, wenn man die neueren Kompendien der Logik betrachtet, häufig mehr nur in Weglassungen bestehen –, so ist daraus eher zu folgern, daß sie um so mehr einer totalen Umarbeitung bedürfe; denn ein zweitausendjähriges Fortarbeiten des Geistes muß ihm ein höheres Bewußtsein über sein Denken und über seine reine Wesenheit in sich selbst verschafft haben. Die Vergleichung der Gestalten, zu denen sich der Geist der praktischen und der religiösen Welt und der Geist der Wissenschaft in jeder Art reellen und ideellen Bewußtseins emporgehoben hat, mit der Gestalt, in der sich die Logik, sein Bewußtsein über sein reines Wesen, befindet, zeigt einen zu großen Unterschied, als daß es nicht der oberflächlichsten Betrachtung sogleich auffallen sollte, daß dies letztere Bewußtsein den ersteren Erhebungen durchaus unangemessen und ihrer unwürdig ist.
In der Tat ist das Bedürfnis einer Umgestaltung der Logik längst gefühlt worden. In der Form und im Inhalt, wie sie sich in den Lehrbüchern zeigt, ist sie, man darf sagen, in Verachtung gekommen. Sie wird noch mitgeschleppt mehr im Gefühle, daß eine Logik überhaupt nicht zu entbehren sei, und aus einer noch fortdauernden Gewohnheit an die Tradition von ihrer Wichtigkeit als aus Überzeugung, daß jener gewöhnliche Inhalt und die Beschäftigung mit jenen leeren Formen Wert und Nutzen habe.
Die Erweiterungen, die ihr durch psychologisches, pädagogisches und selbst physiologisches Material eine Zeitlang gegeben wurden, sind nachher für Verunstaltungen ziemlich allgemein anerkannt worden. An und für sich muß ein[46] großer Teil dieser psychologischen, pädagogischen, physiologischen Beobachtungen, Gesetze und Regeln, sie mochten in der Logik oder wo es sei stehen, als sehr schal und trivial erscheinen. Vollends solche Regeln als zum Beispiel, daß man dasjenige durchdenken und prüfen solle, was man in Büchern lese oder mündlich höre; daß man, wenn man nicht gut sehe, seinen Augen durch Brillen zu Hilfe zu kommen habe – Regeln, die von den Lehrbüchern in der sogenannten angewandten Logik, und zwar ernsthaft in Paragraphen abgeteilt, gegeben wurden, auf daß man zur Wahrheit gelange –, müssen jedermann als überflüssig vorkommen, nur höchstens dem Schriftsteller oder Lehrer nicht, der in Verlegenheit ist, den sonst zu kurzen und toten Inhalt der Logik durch irgend etwas auszudehnen.3
Was solchen Inhalt betrifft, so ist schon oben der Grund angegeben worden, warum er so geistlos ist. Die Bestimmungen desselben gelten in ihrer Festigkeit unverrückt und werden nur in äußerliche Beziehung miteinander gebracht. Dadurch, daß bei den Urteilen und Schlüssen die Operationen vornehmlich auf das Quantitative der Bestimmungen zurückgeführt und gegründet werden, beruht alles auf einem äußerlichen Unterschiede, auf bloßer Vergleichung, wird ein völlig analytisches Verfahren und begriffloses Kalkulieren. Das Ableiten der sogenannten Regeln und Gesetze, des Schließens vornehmlich, ist nicht viel besser als ein Befingern von Stäbchen von ungleicher Länge, um sie nach ihrer Größe zu sortieren und zu verbinden, – als die spielende Beschäftigung der Kinder, von mannigfaltig zerschnittenen Gemälden[47] die passenden Stücke zusammenzusuchen. – Man hat daher nicht mit Unrecht dieses Denken dem Rechnen und das Rechnen wieder diesem Denken gleichgesetzt. In der Arithmetik werden die Zahlen als das Begrifflose genommen, das außer seiner Gleichheit oder Ungleichheit, d.h.
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