außer seinem ganz äußerlichen Verhältnisse keine Bedeutung hat, das weder an ihm selbst noch dessen Beziehung ein Gedanke ist. Wenn auf mechanische Weise ausgerechnet wird, daß drei Viertel mit zwei Dritteln multipliziert ein Halbes ausmacht, so enthält diese Operation ungefähr soviel und sowenig Gedanken als die Berechnung, ob in einer Figur diese oder jene Art des Schlusses statthaben könne.
Damit, daß dies tote Gebein der Logik durch den Geist zu Gehalt und Inhalt belebt werde, muß ihre Methode diejenige sein, wodurch sie allein fähig ist, reine Wissenschaft zu sein. In dem Zustande, in dem sie sich befindet, ist kaum eine Ahnung von wissenschaftlicher Methode zu erkennen. Sie hat ungefähr die Form einer Erfahrungswissenschaft. Erfahrungswissenschaften haben für das, was sie sein sollen, ihre eigentümliche Methode des Definierens und des Klassifizierens ihres Stoffes, so gut es geht, gefunden. Auch die reine Mathematik hat ihre Methode, die für ihre abstrakten Gegenstände und für die quantitative Bestimmung, in der sie sie allein betrachtet, passend ist. Ich habe über diese Methode und überhaupt das Untergeordnete der Wissenschaftlichkeit, die in der Mathematik stattfinden kann, in der Vorrede zur Phänomenologie des Geistes das Wesentliche gesagt; aber sie wird auch innerhalb der Logik selbst näher betrachtet werden. Spinoza, Wolff und andere haben sich verführen lassen, sie auch auf die Philosophie anzuwenden und den äußerlichen Gang der begrifflosen Quantität zum Gange des Begriffes zu machen, was an und für sich widersprechend ist. Bisher hatte die Philosophie ihre Methode noch nicht gefunden; sie betrachtete mit Neid das systematische Gebäude der Mathematik und borgte sie, wie gesagt, von ihr oder behalf sich mit der Methode von Wissenschaften,[48] die nur Vermischungen von gegebenem Stoffe, Erfahrungssätzen und Gedanken sind, – oder half sich auch mit dem rohen Wegwerfen aller Methode. Die Exposition dessen aber, was allein die wahrhafte Methode der philosophischen Wissenschaft sein kann, fällt in die Abhandlung der Logik selbst; denn die Methode ist das Bewußtsein über die Form der inneren Selbstbewegung ihres Inhalts. Ich habe in der Phänomenologie des Geistes ein Beispiel von dieser Methode an einem konkreteren Gegenstande, an dem Bewußtsein, aufgestellt.4 Es sind hier Gestalten des Bewußtseins, deren jede in ihrer Realisierung sich zugleich selbst auflöst, ihre eigene Negation zu ihrem Resultate hat – und damit in eine höhere Gestalt übergegangen ist. Das Einzige, um den wissenschaftlichen Fortgang zu gewinnen – und um dessen ganz einfache Einsicht sich wesentlich zu bemühen ist –, ist die Erkenntnis des logischen Satzes, daß das Negative ebensosehr positiv ist oder daß das sich Widersprechende sich nicht in Null, in das abstrakte Nichts auflöst, sondern wesentlich nur in die Negation seines besonderen Inhalts, oder daß eine solche Negation nicht alle Negation, sondern die Negation der bestimmten Sache, die sich auflöst, somit bestimmte Negation ist; daß also im Resultate wesentlich das enthalten ist, woraus es resultiert, – was eigentlich eine Tautologie ist, denn sonst wäre es ein Unmittelbares, nicht ein Resultat. Indem das Resultierende, die Negation, bestimmte Negation ist, hat sie einen Inhalt. Sie ist ein neuer Begriff, aber der höhere, reichere Begriff als der vorhergehende; denn sie ist um dessen Negation oder Entgegengesetztes reicher geworden, enthält ihn also, aber auch mehr als ihn, und ist die Einheit seiner und seines Entgegengesetzten. – In diesem Wege hat sich das System der Begriffe überhaupt zu bilden – und in unaufhaltsamem, reinem, von außen nichts hereinnehmendem Gange sich zu vollenden.[49]
Wie würde ich meinen können, daß nicht die Methode, die ich in diesem Systeme der Logik befolge – oder vielmehr die dies System an ihm selbst befolgt –, noch vieler Vervollkommnung, vieler Durchbildung im einzelnen fähig sei; aber ich weiß zugleich, daß sie die einzige wahrhafte ist. Dies erhellt für sich schon daraus, daß sie von ihrem Gegenstande und Inhalte nichts Unterschiedenes ist; – denn es ist der Inhalt in sich, die Dialektik, die er an ihm selbst hat, welche ihn fortbewegt. Es ist klar, daß keine Darstellungen für wissenschaftlich gelten können, welche nicht den Gang dieser Methode gehen und ihrem einfachen Rhythmus gemäß sind, denn es ist der Gang der Sache selbst.
In Gemäßheit dieser Methode erinnere ich, daß die Einteilungen und Überschriften der Bücher, Abschnitte und Kapitel, die in dem Werke angegeben sind, sowie etwa die damit verbundenen Erklärungen, zum Behuf einer vorläufigen Übersicht gemacht und daß sie eigentlich nur von historischem Werte sind. Sie gehören nicht zum Inhalte und Körper der Wissen schaft, sondern sind Zusammenstellungen der äußeren Reflexion, welche das Ganze der Ausführung schon durchlaufen hat, daher die Folge seiner Momente vorausweiß und angibt, ehe sie noch durch die Sache selbst sich herbeiführen.
In den anderen Wissenschaften sind solche Vorausbestimmungen und Einteilungen gleichfalls für sich nichts anderes als solche äußere Angaben; aber auch innerhalb der Wissenschaft werden sie nicht über diesen Charakter erhoben. Selbst in der Logik zum Beispiel heißt es etwa, »die Logik hat zwei Hauptstütze, die Elementarlehre und die Methodik«; alsdann unter der Elementarlehre findet sich ohne weiteres etwa die Überschrift: Gesetze des Denkens; alsdann erstes Kapitel: von den Begriffen; erster Abschnitt: von der Klarheit: der Begriffe usf. – Diese ohne irgendeine Deduktion und Rechtfertigung gemachten Bestimmungen und Einteilungen[50] machen das systematische Gerüst und den ganzen Zusammenhang solcher Wissenschaften aus. Eine solche Logik sieht es für ihren Beruf an, davon zu sprechen, daß die Begriffe und Wahrheiten aus Prinzipien müssen abgeleitet sein; aber bei dem, was sie Methode nennt, wird auch nicht von weitem an ein Ableiten gedacht. Die Ordnung besteht etwa in der Zusammenstellung von Gleichartigem, in der Vorausschickung des Einfacheren vor dem Zusammengesetzten und anderen äußerlichen Rücksichten. Aber in Rücksicht eines inneren, notwendigen Zusammenhangs bleibt es bei dem Register der Abteilungsbestimmungen, und der Obergang macht sich nur damit, daß es jetzt heißt: Zweites Kapitel, – oder: wir kommen nunmehr zu den Urteilen, u. dgl.
Auch die Überschriften und Einteilungen, die in diesem Systeme vorkommen, sollen für sich keine andere Bedeutung haben als die einer Inhaltsanzeige. Außerdem aber muß die Notwendigkeit des Zusammenhangs und die immanente Entstehung der Unterschiede sich in der Abhandlung der Sache selbst vorfinden, denn sie fällt in die eigene Fortbestimmung des Begriffes.
Das, wodurch sich der Begriff selbst weiterleitet, ist das vorhin angegebene Negative, das er in sich selbst hat; dies macht das wahrhaft Dialektische aus. Die Dialektik, die als ein abgesonderter Teil der Logik betrachtet und in Ansehung ihres Zwecks und Standpunkts, man kann sagen, gänzlich verkannt worden, erhält dadurch eine ganz andere Stellung. – Auch die Platonische Dialektik hat selbst im Parmenides, und anderswo ohnehin noch direkter, teils nur die Absicht, beschränkte Behauptungen durch sich selbst aufzulösen und zu widerlegen, teils aber überhaupt das Nichts zum Resultate. Gewöhnlich sieht man die Dialektik für ein äußerliches und negatives Tun an, das nicht der Sache selbst angehöre, in bloßer Eitelkeit als einer subjektiven Sucht, sich das Feste und Wahre in Schwanken zu setzen und aufzulösen, seinen Grund habe oder wenigstens zu nichts führe als zur Eitelkeit des dialektisch behandelten Gegenstandes.[51]
Kant hat die Dialektik höher gestellt – und diese Seite gehört unter die größten seiner Verdienste –, indem er ihr den Schein von Willkür nahm, den sie nach der gewöhnlichen Vorstellung hat, und sie als ein notwendiges Tun der Vernunft darstellte. Indem sie nur für die Kunst, Blendwerke vorzumachen und Illusionen hervorzubringen, galt, wurde schlechthin vorausgesetzt, daß sie ein falsches Spiel spiele und ihre ganze Kraft allein darauf beruhe, daß sie den Betrug verstecke; daß ihre Resultate nur erschlichen und ein subjektiver Schein seien. Kants dialektische Darstellungen in den Antinomien der reinen Vernunft verdienen zwar, wenn sie näher betrachtet werden, wie dies im Verfolge dieses Werkes weitläufiger geschehen wird, freilich kein großes Lob; aber die allgemeine Idee, die er zugrunde gelegt und geltend gemacht hat, ist die Objektivität des Scheins und Notwendigkeit des Widerspruchs, der zur Natur der Denkbestimmungen gehört: zunächst zwar in der Art, insofern diese Bestimmungen von der Vernunft auf die Dinge an sich angewendet werden; aber eben, was sie in der Vernunft und in Rücksicht auf das sind, was an sich ist, ist ihre Natur.
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