Da sie es nicht fanden, schmähten sie Adalbert als Verbrecher und Beschützer des Ehebruches. Er aber sagte: ›Nicht den Ehebruch schütze ich, sondern einen schrecklichen Brauch hindere ich, der gegen das Christentum ist, das nicht den Tod des Sünders will, sondern, daß er sich bessere‹, da sprang das Haupt der Wrse zu Adalbert, und rief: ›Dich will ich nicht töten, daß du nicht ein Märtyrer wirst, aber deinen Brüdern und deinem Hause will ich es gedenken bis in das letzte Glied.‹ Dann liefen sie fort, und als man ihnen den Aufenthalt der Schuldigen verraten hatte, drängten sie das Kloster, bis ihnen die Frau herausgegeben wurde. Und als ihr Ehegatte sich entsetzte, sie zu töten, ließen ihr die Wrse durch einen gemeinen Diener den Kopf abschlagen. Adalbert zürnte, weinte, verfluchte die Wrse, verließ sogleich Prag, und eilte nach Rom. Die Wrse begannen die Fehde gegen die Brüder Adalberts, deren noch fünf im Lande waren, das ungeteilte Erbe Slawniks besaßen, und in der Burg Libic hausten. Der Kampf dauerte lange, er ruhte, er fing wieder an, ruhte wieder, und begann wieder, und da die Slawnike alles bis auf Libic verloren hatten, wurde auch Libic belagert. Anastasius der Abt von Brewnow, der ein Freund des Geschlechtes der Slawnike war, befand sich in der Burg, und riet, als die tapfere Gegenwehr vergeblich war, sie sollen sich in die Kirche flüchten. Alle Nachkommen Slawniks gingen in die Kirche und zu dem Altare, und da die Wrse in die Burg kamen, und die Flüchtigen aus der Kirche durch Versprechungen gelockt hatten, ermordeten sie alle ohne Unterschied, Männer, Weiber, Kinder und Jungfrauen. Was sie von Dienern und Mannen der Ermordeten in der Burg fanden, führten sie in die Leibeigenschaft ab. Der Abt Anastasius floh nach Ungarn, und ist nie wieder zurückgekehrt. Die Wrse nahmen die Güter der Slawnike, und das Haupt derselben wohnte nun öfter in Libic. Drei der Slawnike waren dem Untergange ihres Geschlechtes entronnen: Adalbert, welcher in Rom war, Radim, sein jüngster Bruder, welcher ihn begleitet hatte, und Sobebor, der älteste, welcher, da einmal die Fehde ruhte, in einem böhmischen Heere mit dem Kaiser Otto gegen die mitternächtlichen Slawen gezogen war, den polnischen König Boleslaw kennen gelernt, in Polen geblieben war, und dort Besitz und Ansehen erworben hatte. Aber das Geschlecht erhob sich nie wieder, und blieb erloschen.«
»Und warum haben denn die Herzoge solches nicht gewehrt?« fragte Witiko.
»Ja, da war ein Prinz«, antwortete der Scharlachreiter, »der Boleslaw Rothaar hieß, und der mit seinem ganzen Anhange die Wrse begünstigte, und sogar mit ihnen gegen die Slawnike kämpfte. Und als er den Herzogstuhl bestiegen hatte, gab er einem Wrsen seine Tochter zum Weibe, und die Wrse waren die Nächsten an ihm. Aber Boleslaw verlor alle Nebenländer des Reiches, und war wütig gegen Hohe und Niedere. Da brach die Empörung aus, und die Wrse waren die ersten gegen ihn. Er mußte entfliehen. Dann kam er wieder zur Macht, und lud in der Fastnacht, in der alle sich erlustigten, die vornehmsten Männer des Landes und auch Wrse zu sich, und da er sie durch Freundlichkeit getäuscht hatte, überfiel er sie mit seinen Häschern, stieß seinem Schwiegersohne zuerst selber den Dolch in den Leib, und tötete alle, die er fürchtete. Er wurde aber noch in dem nämlichen Monate von dem polnischen Herzoge Boleslaw geblendet, und starb nach Jahren unbeklagt in einer entfernten polnischen Burg. Als der Herzog Wratislaw als König in diesem Lande herrschte, etwa siebenzig Jahre später, waren die Wrse wieder in Ansehen: Buc, Cac, Dobromil, Tista und andere. Da jedoch der Herzog Wratislaw gestorben war, und sein Sohn Bretislaw auf dem Herzogstuhle saß, wurden die zwei mächtigsten Wrse aus dem Lande verbannt: Mutina, der bisher der Freund des Herzogs und Zupan von Leitmeritz gewesen war, und Bozey, das Haupt der Wrse, Herr auf Libic und Zupan von Saaz. Der Herzog hatte nämlich erfahren, daß sie bei der Belagerung der polnischen Veste Brdo im Einverständnisse mit dem Feinde gewesen waren. Als vier Jahre seit dieser Verbannung verflossen waren, da man das Jahr 1100 schrieb, und der Herzog Bretislaw in der Abenddämmerung des heiligen Thomastages von der Jagd in den Wäldern von Bürglitz gegen seinen Hof Zbecna zurückkehrte, und man ihm in dem Dunkel der Wälder mit Fackeln entgegen ging, sprang ein Mann namens Lorek aus dem Dickichte hervor, und stieß ihm mit Gewalt einen Jagdspieß in den Leib. Der Leche Cosmas hat aufgeschrieben: ›Wie ein Stern vom Himmel fiel der hohe Fürst in dem Walde zu Boden.‹ Seine Mannen kamen zu spät, und hoben den Sterbenden empor. Man rannte dahin, den Mörder zu suchen, und fand ihn mit seinem Pferde in einen Graben gestürzt von dem eignen Schwerte durchbohrt. Ob mit Absicht, weil er der Verfolgung nicht entrinnen konnte, oder aus Unglück, konnte man nicht mehr erkennen. Es war der Glaube verbreitet, daß der Mörder von den verbannten Wrsen Bozey und Mutina angestiftet gewesen sei. Und als nach Bretislaw sein Bruder Boriwoy den Fürstenstuhl inne hatte, wurden die Wrse zurückgerufen, und sie dienten treu. Da aber der Vetter Boriwoys, Swatopluk von Olmütz, nach dem Herzogstuhle strebte, da er einen falschen Boten an Boriwoy abgeschickt hatte, der ihm seine Feinde nennen mußte, und ihm die Wrse nannte, und da Boriwoy mißtrauisch wurde, und den Wrsen Bozey zweimal zu fangen strebte, fielen die Wrse von ihm ab, gingen zu Swatopluk, halfen ihm siegen, und den Fürstenstuhl besteigen. Boriwoy mußte nach Polen fliehen.
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