Dennoch gab es keine Rettung für ihn, und der Kampf endigte damit, daß die Wölfin ihn an der Kehle packte, während die Zähne der andern überall in sein Fleisch einschlugen und sie ihn zu verzehren begannen, ehe noch sein letzter Atemzug getan und sein Todeskampf vorüber war.

Nun gab es Speise in Fülle. Der Elch wog über achthundert Pfund, was auf jeden der ungefähr vierzig Wölfe zwanzig Pfund Fleisch ausmachte. Wenn sie aber auch lange und andauernd fasten konnten, so vertrugen sie auch eine reichliche Mahlzeit, und bald waren ein paar umhergestreute Knochen alles, was von dem herrlichen Geschöpf übrig war, das noch vor wenigen Stunden dem Rudel die Stirn geboten hatte.

Nun legten sie sich zu langer Ruhe und zum Schlafe nieder. Doch mit dem vollen Magen fingen unter den jüngeren Wölfen Uneinigkeit, Streit und Hader an. Und dies dauerte an, bis das Rudel sich auflöste. Denn die Zeit der Not war vorüber. Sie waren in einem Lande, wo es Wild gab, und sie jagten nun vorsichtiger, indem sie nur lahme und krüppelige Tiere aus kleinen Elchrudeln aussuchten.

Dann kam in diesem Land der Fülle ein Tag, wo das Rudel sich teilte und ein Teil in anderer Richtung abzog. Die Wölfin, der junge Führer an ihrer Linken und der alte Einäugige ihr zur Rechten führten die Hälfte des Rudels nach dem Mackenzieflusse hinunter und in das Land der Seen im Osten.

Von Tag zu Tag verminderte sich dieser Rest des Rudels. Zu zweien, immer, ein Wolf und eine Wölfin, machten sie sich aus dem Staube. Dann und wann wurde auch ein Einzelwolf von den scharfen Zähnen der Nebenbuhler ausgetrieben. Zuletzt blieben nur noch vier übrig: die Wölfin, der junge Führer, der Einäugige und der ehrgeizige Dreijährige.

Die Wölfin zeigte jetzt grimmige Laune, bald trugen ihre Bewerber alle drei die Spuren ihrer Zähne. Dennoch verteidigten sie sich nie, noch vergalten sie Gleiches mit Gleichem. Bei den ungestümsten Angriffen drehten sie ihr die Schulter zu und suchten, mit dem Schweife wedelnd und mit zierlichen Schritten sie umtänzelnd, ihren Zorn zu beschwichtigen. Waren sie aber auch ihr gegenüber ganz zahm, so waren sie wild genug gegeneinander. Der Dreijährige wurde in seinem Ärger eines Tages gar zu frech. Er zauste den Einäugigen auf der blinden Seite und riß ihm das Ohr in Fetzen; Wenn auch der alte Wolf nur auf einer Seite sehen konnte, so brachte er gegen die Jugendkraft des Gegners doch die Weisheit und Erfahrung vieler Jahre ins Feld, und sein verlorenes Auge, seine narbenvolle Schnauze zeugten von der Natur dieser Erfahrungen. Er hatte zu viele Kämpfe überlebt, um über das, was er zu tun hatte, einen Augenblick im Zweifel zu sein.

Der Kampf begann ehrlich, endigte jedoch nicht so. Wer hätte das Ende voraussagen können, wenn nicht der dritte Wolf sich auf die Seite des alten gestellt hätte, und nun griffen beide, der alte und der junge Führer, den ehrgeizigen Dreijährigen an, in der Absicht, ihn zu töten. Von beiden Seiten fielen die unbarmherzigen Zähne seiner früheren Kameraden ihn an. Vergessen waren die Tage, da sie miteinander getrabt, das Wild, das sie gejagt, die Hungersnot, die sie durchgemacht hatten! Das lag in der Vergangenheit; aber was sie jetzt beschäftigte, war ein viel ernsteres, grausameres Geschäft als die Jagd nach Speise.

Währenddessen setzte sich die Wölfin, die Ursache und der Preis des Kampfes, geduldig hin und wartete. Sie schaute sehr befriedigt drein. Dies war der Tag ihres Triumphes, der nicht oft kam, der Tag, da um ihren Besitz die Haare der Gegner sich sträubten, die Zähne aufeinanderklappten oder Wunden in weiches Fleisch rissen. Und bei diesem Liebesabenteuer, dem ersten, das der Dreijährige wahrscheinlich gehabt hatte, mußte er das Leben lassen. Zu beiden Seiten seines Leichnams standen die Nebenbuhler. Sie blickten die Wölfin an, die zufrieden dreinschauend im Schnee saß. Allein der alte Wolf war klug, sehr klug, in der Liebe sowohl wie im Kampf.

Als der jüngere den Kopf wandte, um eine Wunde an der Schulter zu lecken, kehrte er die Krümmung des Halses dem Nebenbuhler zu. Mit dem einen Auge erschaute der ältere die günstige Gelegenheit. Er schoß auf jenen los und packte ihn an der Gurgel. Er biß tief und scharf zu und zerriß ihm die große Schlagader am Halse. Dann sprang er zurück.

Der junge Anführer knurrte fürchterlich, aber das Knurren ging plötzlich in ein prustendes Husten über.