»Lauf zurück und sag deinem Vater, er soll den Kurs ändern.
Haltet nach Steuerbord und folgt der Küste. Desto eher werden wir unser Ziel erreichen.«
Er sagte es mit der Kraft einer Prophezeiung, und Ragnar glaubte ihm.
***
Die nächsten zwei Tage segelten sie die Küste Asaheims entlang. Zwei Tage ruhiger See und kalten Windes sowie einer Stille, die nur vom Krachen gewaltiger Eisbrocken durchbrochen wurde, welche von den Bergen fielen und aufs offene Meer trieben.
Dies war in der Tat Asaheim, der Ort weit im Norden, wo die großen Eisberge entstanden, das gefrorene Land, aus dem die eisigen schwimmenden Berge stammten. Am Himmel kreisten mächtige Seeadler, und hin und wieder sichteten die Männer die Wasserfontänen großer Orca-Herden, wenn sie aus dem kalten, sauberen Nass auftauchten, um Luft zu holen. Sie passierten die Einmündungen großer Fjorde, Orte von erstaunlicher Schönheit, und manchmal sahen sie die Steindörfer des Gletschervolks hoch oben auf ihren Hängen thronen. Dann ruderten sie schneller, denn die Fjordbewohner waren grimmig, manche sagten, trollblütig, und verspeisten angeblich ihre Gefangenen, anstatt sie in Knechtschaft zu nehmen. Solch ein Schicksal ließ selbst die Klauen der Meerdämonen verführerisch erscheinen.
In der ganzen Zeit, in der sie die Küste entlangsegelten, verließ der Fremde kein einziges Mal seinen Posten im Bug des Schiffs. Bei Sonnenuntergang stand er in das Licht der letzten Strahlen des Auges von Russ gehüllt da. Im Morgengrauen, wenn die Tagwache aufstand, stand er immer noch da. Ragnar redete mit der Nachtwache und war nicht im Geringsten überrascht, dass der Fremde nicht geschlafen hatte. Wenn er Müdigkeit verspürte, ließ der Fremde es sich jedenfalls nicht anmerken. Seine Augen blieben so klar und strahlend, wie sie es am Tag des Kampfes mit dem Drachen gewesen waren.
Ragnar hatte keine Ahnung, warum er dort stand und beobachtete, er war nur froh, dass der alte Mann es tat. Er hatte das Gefühl, dass ihnen nichts Böses zustoßen konnte, solange der Zauberer Wache hielt.
Dann fiel das Land hinter ihnen zurück, und sie waren wieder auf dem offenen Meer. Das Wetter blieb freundlich. Der Fremde schnupperte im Wind und verkündete, das Meer werde ruhig bleiben, bis sie ihren Bestimmungsort erreichten. Als habe es Angst, ihm nicht zu gehorchen, fügte sich das Meer.
Nach zwei Tagen auf hoher See sahen sie Rauch voraus und Feuer, die den Nachthimmel erhellten. Die Männer beteten in abergläubischer Scheu zu Russ, befürchteten aber, er werde sie nicht erhören. Sie wussten, dass sie ein Gebiet erreicht hatten, das den Feuerriesen heilig war, und hier hatten Russ und der Allvater nur geringes Gewicht.
Am nächsten Tag, als sie sich den Inseln näherten, erkannte Ragnar, dass sie in Flammen standen. Ihre Spitzen brannten.
Der geschmolzene rötliche Speichel der Feuerriesen rann an ihren schwarzen Flanken herunter und zischte und dampfte, wenn er ins Wasser glitt. Das Gebrüll der gefangenen Riesen ließ sie erzittern.
Voller Beklommenheit näherte Ragnar sich wieder einmal dem Zauberer.
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