Promachos fiel um, gurgelnd, als ob sein Mund voll Wasser wäre. Er fuchtelte mit den Armen haltsuchend durch die Luft und wälzte sich röchelnd von einer Seite auf die andere; dann krallte er, wie um Luft zu bekommen, seine Finger in den Linnenpanzer über der Brust, und so entsetzlich war seine Anstrengung, daß er das Gewand zu durchreißen vermochte. Von niemand beachtet, fiel ein schimmernder Gegenstand auf den Stein des Fußbodens, mitten in die Blutlache.
Die Hand des Sterbenden tastete danach, bis sie mit dem übrigen Körper erstarrte.
Die Röte des Abendhimmels begann unter dem Andringen großer Wolken zu ersticken. Aus der Tiefe der Halle, dem Verbin-dungsgang zum Palast, kamen Sklaven mit Fackeln; sie steckten die ehernen Schäfte in die Halter an den Säulen. Ein Söldner, der an der Leiche des Promachos stand, hob das blitzende und blut-besudelte Ding auf, das dem Getöteten entfallen war. Überrascht wollte er es den andern zeigen, als der Magier Osthanes, der hier in der Halle Alexander erwartete, neben ihn trat und ihm mit großer Erregung den Gegenstand entriß.
»Das Diadem!« rief er aus.
Eilig drängten sich die Söldner heran.
»Der Schuldige hat seine Schuld gebüßt«, sagte der Priester, auf die Leiche weisend. »Aber nichts vermag den Achämeniden-könig zu versöhnen; todbringend muß sein Diadem von Haupt zu Haupt wandern.«
Die Söldner erschienen sich den rachsüchtigen Göttern der Barbaren rettungslos preisgegeben. Furchtsam betrachteten sie den Magier. Osthanes genoß den Triumph, der in dem Schweigen um ihn her lag. In seinem langen Gesicht hing ein Bart schwarz wie Pech und glänzend wie Seide. Durchbohrende Augen leuchteten durch die struppigen Brauen wie glühende Kohlen durch die Stangen eines Feuerrostes. Seine Gesichtsfarbe war das dunkelste Braun, seine Zähne waren weiß wie das Fleisch der Mandel. Nie hat er gelächelt, niemals kann er lachen, kein grauen-hafteres Wesen war zu denken, wie er so im Fackellicht stand, die Baresmastäbe in der Hand, die heilige Schnur um den Nak-ken, die hohe Tiara auf dem Kopf. Die Söldner waren so betäubt, daß sie nicht einmal Alexander bemerkten, der mit Hephästion und Eumenes in die Halle getreten war. Ihre Blicke waren ganz von dem Diadem gefesselt, das der Magier vor sich hielt und mit düsterem Ausdruck besah.
Auf goldenem, eirundem Grund zwischen zwei goldenen Bändern waren vierundzwanzig Diamanten von blendendem Feuer befestigt. Diese waren umgeben von einem dichten, dreifach geschlungenen Kranz von Smaragden und Rubinen, und um diese wieder lief ein Saum von Kornalin, auf dem zwölf Stiere in schreitender Stellung eingraviert waren, in ihrer Mitte das Symbol des Lebens. Den oberen Rand krönte ein kunstvoller Strauß birnenförmiger Perlen, jede so groß wie ein Schwalbenei. Es hieß, diese Perlen seien die erstarrten Tränen der Göttin Anahita, die sie um den Helden Rustem geweint.
Der Magier schritt vor Alexander hin, warf sich nieder und be-rührte mit der Stirn den Boden. Alexander und Hephästion trugen beide das unscheinbare makedonische Gewand; Hephästion war viel größer von Gestalt, aber Alexanders Gesicht und Kopf waren von so mächtigen Formen, daß er dadurch alle zu über-ragen schien. Seine Augen schweiften über die versammelten Edelscharen, als wollten sie den allertiefsten Grund jeder Brust kennenlernen. Die Söldner zitterten vor diesem Blick, die Glieder zitterten ihnen, wenn er sie so anschaute, trotzdem seine Züge ruhig, ja sogar freundlich waren.
»Nie möge dein Schatten sich mindern, Herr«, sagte der Magier, indem er aufstand. »Haoma schütze dich, das schönste Wesen vor den Augen Zarathustras.
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