Welch ein Unsinn, daß der Mann kein passendes Tau finden wollte; bei ihr hatten schon viele Leute das richtige Tau gefunden. Was kostet denn der Schund? fragte der Mann schamlos und deutet auf ein Bündel Galoschen, die an der Wand hängen.

Schund? sagte Pauline. Das sind gute Galoschen. Vier Kronen.

Zwei sind genug, meinte der Mann.

Von nun an wollte Pauline überhaupt nicht mehr nach der Seite sehen, wo der Mann stand, dazu war sie sich zu gut; er war für sie jetzt Luft. Es war eine Schweinerei von einem fremden Kerl, sich so aufzuführen wie er.

Nachdem er sie noch ein paarmal angesprochen und keine Antwort bekommen hatte, wandte er sich plötzlich zu ihr um und fragte: Wo ist Joakim, dein Bruder?

Pauline sperrte den Mund auf, sie war ganz dumm vor lauter Staunen.

Jetzt aber konnte der Mann sich nicht mehr beherrschen; er brach in lautes Gelächter aus, hielt ihr die Hand hin und begrüßte sie: Grüß Gott, Pauline! Du solltest dich schämen, daß du einen alten Bewohner der Bucht nicht kennst!

Ich kenne dich, antwortete sie. Aber ich will, daß du es selber sagst, wer du bist, sonst glaube ich es nicht.

August, sagte er.

Ja richtig! Als du hereinkamst, war es mir gleich so, als hätte ich dich schon einmal gesehen, aber du warst zu unkenntlich. Die Zähne...

Es ist ja auch Jahr und Tag darüber vergangen, seit ich hier war.

Nein, daß du es bist, August! Ich kann es noch gar nicht fassen. Woher kommst du denn, und wo willst du hin?

Ich will hierhin.

Du willst wieder in der Bucht wohnen?

Zunächst einmal.

Das letztemal, als August daheim war, hatte er ein Gebiß aus reinem Gold, oh, sein Mund war so entsetzlich voller Gold, daß er wie ein heidnisches Götzenbild wirkte. Jetzt hatte er weiße, naturgetreue Zähne und war nicht wiederzuerkennen.

Pauline wandte sich an einen kleinen Jungen und bat ihn, Joakim zu holen: Sag ihm, er soll sofort kommen! Sie war ganz aus dem Häuschen und hatte rote Backen. Ich kann es noch gar nicht fassen! wiederholte sie.

Joakim erschien. Was gibt es? fragte er.

Was es gibt? erwiderte Pauline. Ich möchte, daß du diesen Mann hinauswirfst.

Joakim maß den Mann mit Blicken. Was hat er getan?

Getan? Seit er hereingekommen ist, tut er nichts anderes als mich ärgern. Er bietet mir nur den halben Preis für alles, was er sieht.

Das ist doch kein Grund für dich, zornig zu werden, vermittelte Joakim, der Bruder und Bürgermeister.

In dem ganzen Laden ist ja nichts als lauter Schund, sagte August.

Pauline stellt sich wütend: Da hörst du’s.

Das Tauwerk ist lauter Dreck und Manilagras, fährt August fort.

Aber Joakim ist nun aufmerksam geworden, er sieht sich den Fremden, den Ausländer, genauer an, Stimme und Tonfall haben ihn vielleicht an etwas erinnert. Und plötzlich hebt Joakim im Spaß beide Hände hoch und sagt: So, was gilt’s, Geld oder Leben, du Amerikaner, du?

Hahaha! lacht August laut.

Sie lachen alle drei, sie halten einander bei den Händen und lachen und reden. August war kein Räuber, er brachte Leben und Spaß und Freundlichkeit mit, er war eine Ewigkeit fortgewesen und war jetzt wieder zurückgekehrt - August, der Weltumsegler, der Landstreicher, der Helfer in mancher schwierigen Lage, August in eigener Person.

Aber zum Teufel noch einmal, was hast du denn mit deinen Zähnen gemacht? fragt Joakim. Die waren doch aus Gold?

August: Verkauft. Als ich es mir einmal nicht mehr leisten konnte, sie noch länger zu haben. Ich habe erfahren, daß sie nun dem Vanderbilt gehören.

Sie redeten und redeten, Pauline machte den Laden zu, und sie gingen in die Stube und redeten weiter. Als August an dem roten Briefkasten vorbeikam, dessen Urheber er war, erkannte er ihn wieder und nickte ihm zu, anerkennend, daß er noch dahing. - Ja, sagten die andern, sie hätten ihn alle zwei Jahre frisch angestrichen und die Buchstaben erneuert, der Briefkasten sei die ganze Zeit in Gebrauch gewesen, und sonntags nähmen sie die Briefe zur Kirche mit. - Was denn, hatten sie

noch kein Postamt in der Bucht? Unbegreiflich, wie man so leben konnte, sie gingen ja gar nicht mit der Zeit mit.

Und noch eins, Joakim, sagte er, ich sehe fünf Netzmannschaften in der Äußeren Bucht, aber deine ist nicht dabei, wie kommt das?

Ich habe kein Netz, gab Joakim zur Antwort.

So, du hast kein Netz? Und du kannst keins bekommen?

Nein. Ich habe das Geld nicht dazu.

Großartig! sagte August.

Sie sprachen nicht mehr darüber, weil nichts mehr darüber zu sagen war. August sah sich in der Stube um, hier war es keineswegs ärmlich, an den Wänden hingen Bilder, und das Bett hatte einen Vorhang. Joakim und Pauline hatten sich herausgemacht, sie besaßen sicher Geld.

Und keiner von euch ist verheiratet? fragte er.

Nein. Und du selber?

Ich? N-nein.

Schweigen.

Hatte er etwas von Edevart gehört, dem großen Bruder?

Ist er nicht hier? fragte August.

Hier?

Dann wird er wohl bald hier sein. Er wollte in diesem Jahr hierherkommen; August hatte ihn in Michigan getroffen.

Oh, das war eine Nachricht, Pauline schlug die Hände zusammen. Der große Bruder schrieb niemals an seine Leute daheim, er war wie in die Erde versunken, sie hatten ihn alle für tot gehalten.

Wie dumm du redest, er ist nicht tot, er ist bei bester Gesundheit und es geht ihm gut, sagte August flott.

Pauline mißtrauisch: Hast du ihn gesehen?

Und ob! Ich habe doch neben ihm gestanden und mit ihm gesprochen!

Wann war das?

Jetzt, ehe ich abreiste.

Ich glaube, du lügst, meinte Pauline.

Ja, das tu ich, antwortete August. Aber jetzt will ich ihm ein Telegramm schicken, daß er heimkommen soll. Ich weiß, wo er ist.

Weißt du, wo er ist?

Ja, das werde ich bald herausgefunden haben.

Ich glaube, jetzt lügst du wieder, sagte Pauline.

Ja, das tu ich, antwortete August.