Warum sollte ich einen Mann bekehren, der von vornherein ein Kind Gottes war? Er schenkte mir Feigen und Melonen, und später sandte er mir ein paar seiner Frauen als Geschenk.
Die jungen Leute kicherten und fragten zudringlich: Nun, und wie waren sie? Waren sie alt?
Aber August schwieg jetzt. Ihm war vielleicht der Verdacht gekommen, daß seine Missionsgeschichte nicht sehr geschickt war, und er wollte darum nicht weitergehen. Es wurde still in der Stube, die Uhr an der Wand haspelte sieben Schläge herunter, die Leute dachten an das Abendessen und an die Nacht.
Da sagt August, um die Scharte auszuwetzen: Wollen wir uns hier in der Bucht nicht ein Netz und eine Netzmannschaft zulegen?
Schweigen. Die andern aber setzen sich wieder zurecht und denken darüber nach.
Es ist eine Schmach, sagt August, der Heringsschwarm steht vor unserer Haustür, und wir haben nicht einmal einen Kescher, um ein paar Schwänze herauszuholen.
So ist es! hört man es murmeln.
Eine Netzmannschaft nach der andern kommt aus anderen Gemeinden hierher und schließt die Herings
schwärme ein, und wir unternehmen nichts, wir sitzen nur still da und begnügen uns mit dem armseligen Strandanteil. Pfui Teufel über uns!
Aber was sollen wir tun? fragt Karolus.
August wendet sich an Joakim und sagt: Du mußt dir wieder ein Netz anschaffen, Joakim!
Joakim: Das steht nicht in meiner Macht.
Dazu gehört Geld! erwidern auch andere.
August gibt sich damit nicht zufrieden, er fragt: Warst nicht du es, Joakim, der vor zwanzig Jahren zum erstenmal den Heringsschwarm herbrachte und den ersten Fischzug machte? Als dann dein altes Netz verfaulte, warst du der erste, der sich hinlegte und nie wieder einen Finger rührte.
Schweigen.
Wir sollten doch wohl genug Leute sein, um uns ein Netz anzuschaffen, meint August aufmunternd.
Wiederum war es Karolus, der dies nicht für unmöglich hielt, keineswegs für ganz unmöglich, der Ort konnte vielleicht etwas tun, die Gemeinde. ♦. Joakim, der Bürgermeister, lacht laut und schüttelt den Kopf: Die Gemeinde soll doch erst einmal eine Anleihe bei einer Bank auf nehmen und dann diese Heringsmehlfabrik errichten!
Damit zog er August tief herab und vernichtete ihn beinah! August merkte es selber; er verstummte, er hörte den andern zu, die hin und her überlegten: Ein Netz war keine Kleinigkeit, dazu gehörte eine ganze Menge, Tausende, wo war die Goldgrube? Der Plan mußte aufgegeben werden.
August aber hatte dagesessen und seinen Bogen gespannt, er sagte: Ich könnte einen Anteil übernehmen.
Man hört eine höhnische Stimme: Einen Anteil von hundert Anteilen!
Jaja, oder vielleicht einige Anteile, verbessert August.
Aber selbst dieses Angebot wird mit Gleichgültigkeit aufgenommen. Wiederum beginnen die Leute an das Abendessen und an die Nacht zu denken; einige gähnen laut.
August hat seinen Bogen straff gespannt, jetzt schießt er den Pfeil ab: Es ist ja gleichgültig, sagt er, ich will das Netz und alles, was dazu gehört, auch allein kaufen, wenn du, Joakim, den Betrieb übernimmst!
Oh, durch die Stube geht ein Schnaufen, die Augen werden- groß im Halbdunkel. War August wirklich imstande, das alles zu kaufen, war sein Koffer denn zum Platzen voll Geld?
Du machst wohl Spaß! sagen sie.
August: Das hängt von dir ab, Joakim!
Joakim, der Bürgermeister, lächelt und geht sofort auf die Sache ein: Wenn nichts anderes im Wege stünde - wenn es nur auf ihn ankäme ...
So war es entschieden.
Es wurde also trotzdem ein großer Abend, ein abenteuerlicher Abend. Die Leute konnten beim Abendessen erzählen, daß wiederum Aufblühen und Tätigkeit in die Bucht kommen sollten, und Augusts Koffer war voll Geld. Oh, dieser August, dieser Mogul aus Indiens Landen! Er wurde wieder das Rätsel aller und das Staunen aller; in dem Augenblick, da er seinen Pfeil abschoß, hatte sogar Pauline ihm einen Blick zugeworfen, und es war ihr eine merkwürdige Röte in die Wangen gestiegen.
August brachte es wirklich fertig, ein Netzboot zu kaufen, das in der Äußeren Bucht lag. Es lag dort zwischen anderen Netzbooten, hatte jedoch noch keinen Heringsschwarm eingeschlossen, hatte die ganze Zeit Pech gehabt
und nicht einmal die Verpflegung verdient. Baas und Mannschaft verloren den Mut und wollten auseinandergehen. In diesem Augenblick kam August hinzu, er hatte wohl schon vorher etwas von der Sache gewittert und handelte jetzt Schlag auf Schlag, brachte Joakim und seine Mannschaft an Bord und trieb sie noch am gleichen Tag ins Abenteuer hinaus. Fertig.
Jawohl. Das Netzgerät war jetzt in neuen Händen, aber darum war es doch noch nicht bezahlt, und August war nicht aufzufinden. Nein, August war verschwunden. Er war wohl in die Innere Gemeinde gegangen qder wer weiß wohin, vielleicht zum Doktor wegen seiner Krankheit, er kam wohl bald wieder. Der Netzbaas fragte nach ihm, immer noch bestand kein Verdacht, es vergingen ein paar Tage, August war offenbar mit dem Küstenboot fortgefahren, um einige große ausländische Scheine zu wechseln, er hatte vielleicht auf eine Bank gehen müssen ...
Weg war er.
Jetzt erkundigte sich der Netzbaas: Was besaß denn dieser August an Werten, besaß er überhaupt auch nur das Geringste von der Welt? Ein finsterer und peinlicher Zweifel griff in der Bucht um sich, im Laden wurde geflüstert, man sah zu Boden und schüttelte den Kopf. Pauline ging in die Dachkammer über dem Cafe und lüpfte Augusts messingbeschlagenen Koffer. Er war leicht, aber leer war er nicht, keineswegs, es konnten sehr wohl wertvolle ausländische Geldscheine darin sein. Der Netzbaas und seine Mannschaft warteten und warteten; schließlich fingen sie an, die Geduld zu verlieren; sollten sie sich die Mühe machen und zum Lensmann gehen? Wartet noch ein wenig, August ist der Mann mit vielen Auswegen! sagte Pauline und redete ihnen gut zu.
Und seltsam ging es zu! Wenn auch August vorher weder Geld noch andere Werte besessen hatte, so bekam er sie jetzt: der Kutter war untergegangen! Der Kutter, den August mit Teodor und einem jungen Burschen als Mannschaft nach dem Süden geschickt hatte, war an der Küste von Helgeland gestrandet, der Küstendampfer selber hatte die beiden Männer auf einer Klippe gefunden und geborgen, aber der Kutter war zertrümmert. Ja, und August hatte ihn vom Kiel bis zum Wimpel versichert!
Das war nicht nur ein Gerücht, sondern es kam ein Telegramm an den Agenten Pauline, mit einer Schilderung des Ereignisses und mit der Order, das allgemeine Verhör vorzunehmen; es stellte sich nämlich heraus, daß der Kutter sowohl von dem Besitzer in Drontheim als auch von dem Mieter versichert worden war, wogegen sich an und für sich nichts einwenden ließ; immerhin mußten einige Fragen geklärt werden.
Am selben Tag tauchte August wieder auf. Er sah aufgeregt aus, wischte sich den feuchten Schädel, fluchte und war wütend: Nie hätte er in ein solches Land heimkehren sollen! Da hatte er nun ein paar von seinen Wertpapieren eingesteckt, so an die Zehntausend, aber kein Mensch verstand sich darauf, nur weil sie ausländisch waren. Schaut sie euch doch an, diese Papiere! rief August aus und zeigte Aktienbriefe und merkwürdige Scheine her, zum Teil feine Gemälde mit Stempeln und goldenen Rändern. Ist das etwa nichts? Man möchte das doch in den Mund stecken und hinunterschlucken! Aber diese Krüppel begriffen ja nichts! Sie waren so kurzsichtig, daß sie ihre eigenen Augen nicht sahen, sie waren nie in der Welt draußen gewesen und wußten nicht, wo Mexiko und Honolulu lagen. Aber nun ist es ja gleichgültig, sagte er zu seinem Gläubiger, dem Netzbaas, dein
Geld ist dir sicher, du sollst es aus der Versicherung bekommen.
Der Netzbaas zögerte und erwähnte etwas von langer Wartezeit.
Ja, willst du den Handel lieber rückgängig machen? fragte August kurz. Ganz wie du willst! Hier siehst du mich stehen mit dem Geld in der Hand, aber ich kann dich nicht ausbezahlen, weil ich nicht die richtige Münze habe. Nun überleg dir’s und entscheide dich! Ich habe wenig Zeit.
Nun, der Baas entschloß sich daraufhin, seine Bezahlung aus der Versicherungssumme zu nehmen, dies wurde schriftlich aufgesetzt, mit dem Agenten Pauline als Zeugen; sie schrieb sich die Adresse des Mannes auf und wollte ihm das Geld senden, sobald es eingelaufen war. Fertig auch damit.
Puh! August war immer noch verärgert und trocknete sich den Schädel: Mit so etwas muß man geplagt werden; soll man wirklich am Klarierungstag um Bargeld verlegen sein? Das waren die Staubkörner und Bagatellen, die jeden Geschäftsmann unnötig auf hielten.
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