Nun qualifizieret und arbeitet die gute immer mit ganzem Fleiß, daß sie gute Früchte bringe.

Darinnen herrschet der Hl. Geist und gibt dazu Saft und Leben. Die böse quillet und treibet auch mit ganzem Fleiße, daß sie immer böse Früchte bringt. Dazu gibt ihr der Teufel Saft und höllische Loh.

11. Nun dieses beides ist in dem Baum der Natur, und die Menschen sind aus dem Baum gemacht und leben in dieser Welt, in diesem Garten zwischen beiden in großer Gefahr, und fällt auf sie bald Sonnenschein, bald Regen, Wind und Schnee.

12. Das ist, so der Mensch seinen Geist erhebt in die Gottheit, so quillet und qualifizieret in ihm der Heilige Geist und der höllische Saft.

13. Gleichwie der Apfel auf dem Baum madig und wurmstichig wird, wenn Frost, Hitze und Mehltau auf ihn fällt, und leicht abfällt und verdirbet, also auch der Mensch, wenn er läßt den Teufel mit seinem Gift in ihm herrschen.

14. Nun gleichwie in der Natur Gutes und Böses quillet, herrschet und ist, also auch im Menschen.

Der Mensch aber ist Gottes Kind, den er aus dem besten Kern der Natur gemacht hat, zu herrschen in dem Guten und zu überwinden das Böse. Ob ihm gleich das Böse anhanget, gleichwie in der Natur das Böse am Guten hanget, so kann er doch das Böse überwinden. So er seinen Geist in Gott erhebet, so quillet in ihm der Heilige Geist und hilft ihm siegen.

15. Gleichwie die gute Qualität in der Natur mächtig ist zu siegen über die böse, denn sie ist und kommt aus Gott und der Heilige Geist ist Herrscher darinnen, also auch ist die grimme Qualität mächtig zu siegen in der boshaftigen Seelen; denn der Teufel ist ein mächtiger Herrscher in der Grimmigkeit und ist ein ewiger Fürst derselben.

16. Der Mensch aber hat sich selbst in die Grimmigkeit geworfen durch den Fall Adams und Hevas, daß ihm das Böse anhänget, sonst wäre sein Quell und Trieb allein in dem Guten. Nun aber ists in beiden und heißet nun, wie St. Paulus saget: Wisset ihr nicht welchem ihr euch begebet zu Knechten in Gehorsam, des Knecht seid ihr, dem ihr gehorsam seid, entweder der Sünde zum Tode oder dem Gehorsam Gottes zur Gerechtigkeit (Rom 6,16).

17. Weil aber der Mensch in beiden den Trieb hat, so mag er greifen, zu welchem er will; denn er lebet in dieser Welt zwischen beiden und sind beide Qualitäten Bös und Gut in ihm, in welches der 3

Jakob Böhme: Aurora oder Morgenröte im Aufgang

Mensch wallet, damit wird er angetan in heilige oder höllische Kraft.

18. Denn Christus spricht: Mein Vater will den Heiligen Geist geben denen, die ihn darum bitten (Luk 11,13). Auch so hat Gott dem Menschen das Gute befohlen und das Böse verboten und lässet noch täglich predigen, rufen und schreien und den Menschen vermahnen zum Guten. Dabei man ja wohl erkennet, daß Gott das Böse nicht will, sondern will, daß sein Reich zukomme und sein Wallen geschehe, wie im Himmel als auch auf Erden.

19. Weil aber der Mensch durch die Sünde vergiftet, daß die grimme Qualität sowohl als die gute in ihm herrschet und nun halb tot und mit großem Unverstand Gott seinen Schöpfer sowohl auch die Natur und ihre Wirkung nicht mehr erkennen kann, so hat die Natur ihren höchsten Fleiß vom Anfang bis auf heute angeleget, dazu hat Gott seinen Heiligen Geist gegeben, daß sie je und allewege hat weise, heilige und verständige Menschen geboren und zugerichtet, welche die Natur sowohl Gott, ihren Schöpfer haben lernen erkennen, welche allezeit mit ihrem Schreiben und Lehren der Welt Licht sind gewesen.