Er
strich sich mit der trockenen Zunge über die aufgesprungenen Lippen und
stolperte vorwärts. Rechts von der Quelle, etwa hundert Meter entfernt, sah er
den Rappen, der gierig das dürre Gras abweidete. Im Geiste erblickte er wieder
den kleinen arabischen Hafen und die Menge, die sich um den zusammengesunkenen
Eingeborenen scharte, den der Rappe getroffen hatte. Ob der Hengst eine Gefahr
für ihn bedeutete?
Der Rappe schaute auf. Der Knabe bemerkte, daß
Halfter und Strick weg waren — irgendwie hatte sich das Pferd davon befreit.
Der Wind fuhr durch seine Mähne; sein glatter, schwarzer Leib glänzte in der
Sonne. Es sah Alec, und sein schrilles Wiehern durchdrang die Luft. Es bäumte
sich, und seine Vorderbeine schlugen aus. Dann kam es herunter und scharrte mit
dem rechten Vorderhuf im Sand.
Alec blickte ringsum. Einen Schlupfwinkel gab es
hier nicht. Doch selbst wenn es einen gegeben hätte, er wäre viel zu schwach
gewesen, hinzulaufen. Sein Blick kehrte zu dem Hengst zurück, wie gebannt von
dem so wilden und so schönen Geschöpf. Die Bücher nannten die ungezähmten, in
Freiheit geborenen Hengste die wildesten aller Wildtiere. Für diesen Hengst
galt das wirklich, denn seit Alec ihn kannte, hatte er gekämpft, mit den
Menschen, die ihn aufs Schiff schleppten, mit dem engen Stall, der ihn gefangen
hielt, zuletzt mit dem Meer, das ihn mit dem Tode bedrohte. Es war seine Natur,
zu kämpfen und zu töten oder getötet zu werden. Das Pferd bäumte sich abermals,
schnaubte und sprengte geradewegs auf den Knaben zu.
Alec vermochte sich nicht zu rühren. Sein Körper
gehorchte ihm nicht. Willenlos sah er den Hengst herankommen. Dann aber, etwa
fünfundzwanzig Meter von ihm entfernt, blieb der Hengst stehen. Seine Augäpfel
glänzten, die roten Nüstern blähten sich, die Ohren lagen ihm flach am Kopf. Er
wieherte schrill, klar und lang. Jetzt machte er wieder ein paar Sprünge, die
ihn zwischen Alec und den Quellteich brachten. Dort blieb er stehen und
stampfte wütend mit den Vorderhufen.
Alec stand starr da; er hätte sich jetzt wieder
bewegen können, aber er wagte es nicht. Unendlich lange schien es zu dauern,
bis der Hengst mit dem Stampfen und Scharren aufhörte. Sein Blick ging von dem
Knaben zu dem Wasser und zurück. Er wieherte, bäumte sich halb, drehte sich um
und lief in gestrecktem Galopp zu der Stelle, wo er geweidet hatte. Der Weg zum
Quellteich war frei.
Alec zwang seine Beine zur Tätigkeit. Als er bei
der Quelle anlangte, warf er sich zu Boden. Er ließ das Gesicht in das kühle,
klare Wasser sinken und trank. Es dünkte ihn, als könnte er nie genug bekommen;
er tauchte mit dem ganzen Kopf und betropfte sich von oben bis unten. Er riß
ein Stück von seinem Hemd ab und kühlte seine zerschundenen Glieder.
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