Denis tragen machen.
Robespierre (liest weiter). »Sollte man glauben, daß der saubere Frack des Messias das Leichenhemd Frankreichs ist, und daß seine dünnen, auf der Tribüne herumzuckenden Finger Guillotinenmesser sind? - Und du, Barère, der du gesagt hast, auf dem Revolutionsplatz werde Münze geschlagen! Doch - ich will den alten Sack nicht aufwühlen. Er ist eine Witwe, die schon ein halb Dutzend Männer hatte und sie alle begraben half. Wer kann was dafür? Das ist so seine Gabe, er sieht den Leuten ein halbes Jahr vor dem Tode das hippokratische Gesicht an. Wer mag sich auch zu Leichen setzen und den Gestank riechen?«
Also auch du, Camille? - Weg mit ihnen! Rasch! Nur die Toten kommen nicht wieder.
Hast du die Anklage bereit?
St. Just. Es macht sich leicht. Du hast die Andeutungen bei den Jakobinern gemacht.
Robespierre.
Ich wollte sie schrecken.
St. Just.
Ich brauche nur durchzuführen; die Fälscher geben das Ei und die
Fremden den Apfel ab. - Sie sterben an der Mahlzeit, ich gebe dir mein
Wort.
Robespierre. Dann rasch, morgen! Keinen langen Todeskampf! Ich bin empfindlich seit einigen Tagen. Nur rasch! (St. Just ab.)
Robespierre (allein). Jawohl, Blutmessias, der opfert und nicht geopfert wird. - Er hat sie mit seinem Blut erlöst, und ich erlöse sie mit ihrem eignen. Er hat sie sündigen gemacht, und ich nehme die Sünde auf mich. Er hatte die Wollust des Schmerzes, und ich habe die Qual des Henkers. Wer hat sich mehr verleugnet, ich oder er? - Und doch ist was von Narrheit in dem Gedanken. - Was sehen wir nur immer nach dem Einen? Wahrlich, der Menschensohn wird in uns allen gekreuzigt, wir ringen alle im Gethsemanegarten im blutigen Schweiß, aber es erlöst keiner den andern mit seinen Wunden.
Mein Camille! - Sie gehen alle von mir - es ist alles wüst und leer - ich bin allein.
Zweiter Akt
Erste Szene
Ein Zimmer
Danton. Lacroix. Philippeau. Paris. Camille Desmoulins.
Camille.
Rasch, Danton, wir haben keine Zeit zu verlieren!
Danton (er kleidet sich an). Aber die Zeit verliert uns. Das ist sehr langweilig, immer das Hemd zuerst und dann die Hosen drüber zu ziehen und des Abends ins Bett und morgens wieder herauszukriechen und einen Fuß immer so vor den andern zu setzen; da ist gar kein Absehen, wie es anders werden soll. Das ist sehr traurig, und daß Millionen es schon so gemacht haben, und daß Millionen es wieder so machen werden, und daß wir noch obendrein aus zwei Hälften bestehen, die beide das nämliche tun, so daß alles doppelt geschieht - das ist sehr traurig.
Camille.
Du sprichst in einem ganz kindlichen Ton.
Danton.
Sterbende werden oft kindisch.
Lacroix. Du stürzest dich durch dein Zögern ins Verderben, du reißest alle deine Freunde mit dir. Benachrichtige die Feiglinge, daß es Zeit ist, sich um dich zu versammeln, fordere sowohl die vom Tale als die vom Berge auf! Schreie über die Tyrannei der Dezemvirn, sprich von Dolchen, rufe Brutus an, dann wirst du die Tribunen erschrecken und selbst die um dich sammeln, die man als Mitschuldige Héberts bedroht! Du mußt dich deinem Zorn überlassen. Laßt uns wenigstens nicht entwaffnet und erniedrigt wie der schändliche Hébert sterben!
Danton. Du hast ein schlechtes Gedächtnis, du nanntest mich einen toten Heiligen.
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