Nur weiter so, Schnüffel, sprechen Sie sich aus.«
»Halt den Mund, Schnüffel«, ermahnte der zweite Festgenommene ihn noch einmal, und Offer sagte nichts mehr. Er ließ sich auch nicht durch die spöttischen Sticheleien und ironischen Bemerkungen des Inspektors aus der Reserve locken. »Also, was wolltet ihr mit dem Whisky anfangen?« fragte Wade. »Mich interessiert, wo man ganze Kisten Whisky — gestohlenen Whisky — loswerden kann. Ich bin mitten in der Ausbildung zum Alkoholschmuggler. Heraus mit der Wahrheit, Schnüffel! Es erfährt bestimmt niemand außer mir.« Als Antwort schnüffelte der Flußdieb ein paarmal empört.
»Kommen Sie, vertrauen Sie sich mir an!« Die beiden Ganoven konnten das Lächeln auf dem schmalen, dunklen Gesicht des Inspektors nicht sehen, doch sie hörten das Lachen in seiner Stimme. »Wolltet ihr damit die Herzen der armen Seeleute im ›Mekka‹ erfreuen? Das wäre eine fast lobenswerte Tat gewesen. Die armen Teufel, die sich auf allen sieben Meeren herumtreiben müssen, verdienen, daß man sie ein bißchen verwöhnt. Oder sollte vielleicht der alte Golly Oaks den Whisky kriegen?«
Der Wurm krümmte sich. »Sie sind nicht berechtigt, mir diese Fragen zu stellen, Inspektor Wade, das wissen Sie genau. Daß Sie mich jetzt vernehmen, könnte Sie Ihre Uniform kosten. Sie verleumden und beleidigen uns, jawohl.« Die Barkasse ging bei einem schaukelnden Floß längsseits und wurde vertäut. Jemand, der in der Dunkelheit nicht zu sehen war, stellte eine Frage. »Nur zwei junge Fischer, Sergeant«, antwortete Wade. »Legt sie auf Eis.«
Noch am selben Tag besuchte Inspektor Wade die Geschäftsführerin des »Mekka«-Clubs, Mrs. Annabel Oaks. Die zuständige Behörde hatte Mrs. Oaks so lange zugesetzt, bis sie sich gezwungen sah, ihren »Club« als ganz gewöhnliches Gasthaus anzumelden, was den großen Nachteil hatte, daß die Polizei berechtigt war, regelmäßig und häufig Kontrollen durchzuführen. Zu jeder Tages- oder Nachtzeit durfte jeder x-beliebige Polizeiinspektor hereinspazieren und sich umsehen, was sehr unangenehm sein konnte — und oft schon gewesen war.
Annabel Oaks beschwerte sich wütend bei ihren Gästen. »Das ist eine schöne Bescherung! Ein Offiziers-Club, und jeder plattfüßige Bulle kann einfach hereinkommen und dich filzen.« Man könnte vermuten, daß es sehr unklug von ihr war, etwas breitzutreten, was einen gewissen Prozentsatz ihrer Pensionsgäste abschrecken mußte. Aber das »Mekka« lag für die niedrigeren Dienstgrade der Handelsmarine sehr günstig. Die Männer hatten es nicht weit zu den Hafenbüros der verschiedenen Reedereien, und der Pensionspreis für die Schlafgelegenheiten und das Essen, beides natürlich ganz einfach, war gering. Die Gäste fanden den »Club« jedoch auch aus einem ändern Grund äußerst praktisch. Annabel Oaks stundete nämlich, was man ihr für Kost und Logia schuldete, bis man mit der Heuer in der Tasche von großer Fahrt zurückkam. Mutter Oaks war überhaupt sehr entgegenkommend, besonders wenn ihr ein Mann gefiel. Und ihr gefiel jeder, der kein Angeber und trinkfest war, der keinen Krach machte und sich nicht mit Golly oder anderen Clubgästen prügelte.
Der Club hatte früher »Mokker« geheißen, und weil niemand wußte, was der Name bedeutete, war mit der Zeit »Mekka« daraus geworden. Aber selbstverständlich, erklärte Mutter Oaks mit großem Nachdruck, hätte sie nie farbige Seeleute bei sich aufgenommen und wenn Mekka, wie man ihr immer wieder erzählte, tatsächlich ein von — so sagte sie — »Niggern« bewohntes exotisches Land war, hätten sie oder Golly jeden ganz kurz abgefertigt und hinauskomplimentiert, der wie einer dieser Eingeborenen aussah. Ihr kämen keine sogenannten »Mekka-Leute« ins Haus.
Golly Oaks jedoch machte nicht den Eindruck, als könne er jemandem kurz und bündig die Tür weisen. Er war ein sanfter kleiner Mann und recht schwächlich. Ein rötlicher Schnurrbart hing traurig auf ein weichliches Kinn hinunter.
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