Die gelten bei mir.“

„Nun, weißt auch, was er in der Bergpredigt sagt hat?“

„Nun was?“

„Wer ein Weib anschaut, um sie zu begehren, der hat die Ehe mit ihr gebrochen in seinem Herzen. Nun kannst auch sagen, daß dies für dich gilt.“

„Du redest ja grad so wie ein christlicher Herr. Willst etwa ins Kloster gehen?“

„Dazu hab ich kein Geschick und also keine Lust. Ich will schaffen und arbeiten mit meinen Händen. Wann ich da was fertigbring, so ist mir's wohl im Herzen und ich freu mich der Arbeit und daß ich am Leben bin.“

„So hast eben noch niemals die richtige Liebe gefühlt. Die fragt und deutelt nicht. Die genießt und ist glücklich dabei.“

„Ja, das wird wohl sein, wie bei einem, welcher trinken tut. Das schmeckt und schmeckt, bis er betrunken ist. Am andern Tag nachher kommt der Katzenjammer und das Gefühl dazu, daß man ein ganz nichtswürdiger Bub ist. Davor soll mich Gott behüten. Komm, wir wollen gehen. Wir sind fast schon zu lange auf dem Berg gewest. Der Wurzelsepp ist kommen und sitzt beim Bauern unterm Baum.“

„Der! Wann kam er denn?“

„Gleich alst fort warst. Er weiß es, daß ich dich abholen soll. Was wird er denken darüber, daß wir so lang allein mitnander gewest sind!“

„Was ich bereits sagt hab: Ich hab dir die Predigt verzählt.“

„Das ist eine Lüg. Die mach ich nicht.“

„Bist gar so sorgsam in deiner Seele?“

„Man kann nicht sorgsam genug sein.“

„So werd ich dir noch unterwegs sagen, wovon der Pfarrer predigt hat. Dann ist's keine Lüg, wannst's sagst.“

„Ich dank gar schön! Nach dem, was wir jetzund miteinander sprochen haben, wäre es eine Sünd, wann wir von so heiligen Dingen sprechen wollten.“

„Fritz, du bist wirklich ganz unleidlich. So, wie du jetzt bist, habe ich dich ja noch gar nicht gekannt!“

„Ich will dir aufrichtig sagen, daßt mir eine wahre Ängsten bereitet hast. Wann dein Mann derfuhr, wast mir sagt hast, was sollt er tun und denken!“

„Pah! Was mache ich mir aus ihm! Oder willst du es ihm sagen?“

„Vielleicht wäre es meine Pflicht, es ihm mitzuteilen.“

Er sagte das so ernst, daß ihr doch ein wenig bange wurde.

„Fritz, was fallt dir ein!“ rief sie. „Wirst mich doch nicht verraten?“

„Hab keine Sorg. Ich will nix sagen.“

„Auch gegen keinen andern?“

„Nein.“

„Gut! So wollen wir ganz so tun, als ob gar nix sprochen worden wäre. Es wird die Zeit schon kommen, zu welcher es dir nicht verboten ist, mit mir zu reden!“

Sie setzten den unterbrochenen Rückweg fort, schweigend und in Gedanken versunken.

Die Bäuerin hatte eigentlich Lust, dem Knecht zu zürnen. Sie hatte eine Liebeserklärung gemacht und war mit derselben abgewiesen worden. Welches Mädchen oder gar Weib kann dies so leicht verschmerzen. Aber einmal war die Abweisung so schonend wie möglich erteilt worden, und das andere Mal lag es ja klar, daß sie nicht erfolgt war aus ausgesprochener Abneigung, sondern nur aus der kindlichen Furcht und Scheu vor den Geboten Gottes. Sie zürnte ihm also nicht und war im stillen überzeugt, daß es ihr auf andere Weise gelingen werde, den ehrlichen Menschen zu umgarnen und an sich zu ketten.

Was in ihm vorging, das ließ er sich nicht merken. Er pfiff sogar eine muntere Melodie für sich hin. Eigentlich aber war ihm gar traurig zumute, diejenige, welche seine Erzieherin, seine Mutter hätte sein sollen, hatte ihn zum Ehebruch verleiten wollen, zur größten Versündigung gegen den Mann, dem er so sehr viel zu verdanken hatte!

Hatte er sich bisher vor ihr gescheut, so überkam es ihn wie ein Ekel vor ihr, wie ein Grauen vor ihrer Berührung. Ja, sie war jene schillernde Schlange, jene gleißende Viper, von welcher der Vers des Kirchenliedes sprach, den er dem Bauern vorgelesen hatte.

Als das Gebüsch aufhörte, sahen sie den Kronenhof nahe vor sich liegen. Der Bauer saß noch immer mit dem Sepp unter der Tanne.