Es ist was anderes. Kannst keinen Gast gebrauchen?“

„Einen Gast? Was für einen?“

„Einen feinen. Nicht einen, der nur da wohnt und ißt und trinkt und nachher fortgeht, ohne fast hab Dank zu sagen, sondern einen, der fein zahlen tut.“

„Was will er denn da?“

„In die Sommerfrische.“

„Sag ihm, er soll im Winter kommen. Da ist's noch viel frischer.“

„Das kann er ebenso auch in München haben!“

„Ach, aus München ist er, aus der Haupt- und Residenzstadt?“

Ihr Gesicht hatte vorher ganz deutlich gesagt, daß ihr an einem Gast wohl wenig liege. Jetzt aber heiterte sich ihre Miene schnell auf.

„Ja, was hast denn denkt?“ fragte der Sepp. „Woher soll er denn sein?“

„Ich hab denkt, aus einem Dorf oder einer kleinen Stadt.“

„Da kennst den Sepp freilich schlecht. Der wird der Kronenbäurin so einen Menschen bringen. Für was hast mich denn halten? So eine noble Frau muß einen Gast bekommen, wie ihn noch niemand hier in der Gegend habt hat.“

„So! Ist's denn so gar was Feines?“

„Nicht nur fein, sondern auch vornehm.“

„Das klingt gut. Einen vornehmen Gast hat man gern. Da läßt man auch was drauf gehen.“

„Das hast nicht nötig.“

„Wie heißt er denn?“

„Ludwig. Er wird nicht anderst als nur Herr Ludwig nannt.“

„Das klingt nicht gar vornehm.“

„Wannst nach dem Namen gehst, so kannst dich oftmals täuschen.“

„Das ist freilich wahr. Es kann ein Lump einen feinen Namen haben. Aber was ist er denn, der Herr?“

„Ein Künstler ist er und dazu sogar noch ein Gelehrter.“

„So! Malt er auch?“

„Er malt alles, was er sieht, nämlich wann er Lust dazu hat. Fürs Geld tut er es nicht. Dazu ist er viel zu reich.“

Die Augen der Bäurin leuchteten auf.

„Ist er alt?“ fragte sie.

„Nein. Er ist noch nicht ganz so alt wie ich.“

„Na, so danke ich. Wann er nicht ganz so alt ist wie du, so kann er doch schon an die Siebzig zählen.“

„So schlimm ist es nicht. Er hat etwas über dreißig, so bis hin zu der Vierzig.“

„Das will ich mir eher gefallen lassen. Ich will einen jungen und schönen haben.“

Sie lachte dazu, als ob es ihr nur darum zu tun sei, einen Scherz zu machen; im Grunde aber war es ihr sehr ernst damit. Ein feiner, reicher, junger und auch noch hübscher Herr aus der Residenz, dazu Künstler und Gelehrter! Und sie die schönste Frau der Gegend! Was gab das für eine Aussicht! Malen konnte er. Vielleicht, wenn sie liebenswürdig zu ihm war, malte er sogar ihr Bild. Sie sah sich schon in seinen Armen.

„Schön ist er auch“, antwortete der Sepp. „Ich kann sagen, daß ich noch keinen prächtigeren Mann sehen hab.“

„Wie sieht er denn aus?“

„Er ist hoch, stark und voll, mit mächtigen dunklen Augen, vor denen man sich fürchten möcht, wann sie nicht auch so mild, lieb und gut blicken täten.“

„Das ist grad so mein Geschmack!“

„Du, Bäurin, einen Scherz kannst machen, wannst so sagst. Du hast dich nur nach dem Geschmack des Bauern zu richten.“

„Das weiß ich wohl.“

„Diesem Herrn dürft'st überhaupt gar nicht merken lassen, daß er dir gefällt.“

„Nimmt er es etwa übel, wann man Wohlgefallen an ihm hat?“

„Nein; aber merken lassen darf man es ihm nicht. Das duldet er nicht.“

„Was tut der denn da?“

„Er geht gleich fort.“

„O weh! Da werd ich ihn gar nicht anschauen.“

„Daran tust sehr recht.“

„Kennst ihn denn genau?“

„Ja. Wann ich ihn nicht kennen tät, so würd ich ihn dir gar nicht empfehlen.“

„Hat er eine große Familie? Kommt er mit derselbigen?“

„Nein. Er ist unverheiratet und kommt allein. Er wird überhaupt wohl niemals eine Frau nehmen.“

„Warum?“

„Weil er die Weiber haßt, denk ich mir. Er hat mal eine – na, na, das gehört nicht hierher.“

Aber grad das wollte die Bäuerin nun erst recht wissen. Er hat mal eine – vielleicht eine unglückliche Liebe! Und nun haßte er die Frauen.