Und füge noch, indem ich mich
im Bett wende, hinzu: magst ihr wohl eine Streu unterlegen,
Gottschalk, und sorgen, daß ihr nichts widerfahre. Drauf, wandert
sie, kommenden Tages früher aufgebrochen, als ich, wieder auf der
Heerstraße, und lagert sich wieder in meinen Ställen, und lagert sich
Nacht für Nacht, so wie mir der Streifzug fortschreitet, darin, als
ob sie zu meinem Troß gehörte. Nun litt ich das, ihr Herren, um
jenes grauen, unwirschen Alten willen, der mich jetzt darum straft;
denn der Gottschalk, in seiner Wunderlichkeit, hatte das Mädchen lieb
gewonnen, und pflegte ihrer, in der Tat, als seiner Tochter; führt
dich die Reise einst, dacht ich, durch Heilbronn, so wird der Alte
dirs danken. Doch da sie sich auch in Straßburg, in der
erzbischöflichen Burg, wieder bei mir einfindet, und ich gleichwohl
spüre, daß sie nichts im Orte erschafft. denn mir hatte sie sich ganz
und gar geweiht, und wusch und flickte, als ob es sonst am Rhein
nicht zu haben wäre: so trete ich eines Tages, da ich sie auf der
Stallschwelle finde, zu ihr und frage: was für ein Geschäft sie in
Straßburg betreibe? Ei, spricht sie, gestrenger Herr, und eine Röte,
daß ich denke, ihre Schürze wird angehen, flammt über ihr Antlitz
empor: "was fragt Ihr doch? Ihr wißts ja!"--Holla! denk ich, steht
es so mit dir? und sende einen Boten flugs nach Heilbronn, dem Vater
zu, mit folgender Meldung: das Käthchen sei bei mir; ich hütete
seiner; in kurzem könne er es, vom Schlosse zu Strahl, wohin ich es
zurückbringen würde, abholen.
Graf Otto. Nun? Und hierauf?
Wenzel. Der Alte holte die Jungfrau nicht ab?
Der Graf vom Strahl. Drauf, da er am zwanzigsten Tage, um sie
abzuholen, bei mir erscheint, und ich ihn in meiner Väter Saal führe:
erschau ich mit Befremden, daß er, beim Eintritt in die Tür, die Hand
in den Weihkessel steckt, und mich mit dem Wasser, das darin
befindlich ist, besprengt. Ich arglos, wie ich von Natur bin, nötge
ihn auf einen Stuhl nieder; erzähle ihm, mit Offenherzigkeit, alles,
was vorgefallen; eröffne ihm auch, in meiner Teilnahme, die Mittel,
wie er die Sache, seinen Wünschen gemäß, wieder ins Geleis rücken
könne; und tröste ihn und führ ihn, um ihm das Mädchen zu übergeben,
in den Stall hinunter, wo sie steht, und mir eine Waffe von Rost
säubert. So wie er in die Tür tritt, und die Arme mit tränenvollen
Augen öffnet, sie zu empfangen, stürzt mir das Mädchen leichenbleich
zu Füßen, alle Heiligen anrufend, daß ich sie vor ihm schütze.
Gleich einer Salzsäule steht er, bei diesem Anblick, da; und ehe ich
mich noch gefaßt habe, spricht er schon, das entsetzensvolle Antlitz
auf mich gerichtet: das ist der leibhaftige Satan! und schmeißt mir
den Hut, den er in der Hand hält, ins Gesicht, als wollt er ein
Greuelbild verschwinden machen, und läuft, als setzte die ganze Hölle
ihm nach, nach Heilbronn zurück.
Graf Otto. Du wunderlicher Alter! Was hast du für Einbildungen?
Wenzel. Was war in dem Verfahren des Ritters, das Tadel verdient?
Kann er dafür, wenn sich das Herz deines törichten Mädchens ihm
zuwendet?
Hans. Was ist in diesem ganzen Vorfall, das ihn anklagt?
Theobald. Was ihn anklagt? O du--Mensch, entsetzlicher, als Worte
fassen, und der Gedanke ermißt: stehst du nicht rein da, als hätten
die Cherubim sich entkleidet, und ihren Glanz dir, funkelnd wie
Mailicht, um die Seele gelegt!--Mußt ich vor dem Menschen nicht
erbeben, der die Natur, in dem reinsten Herzen, das je geschaffen
ward, dergestalt umgekehrt hat, daß sie vor dem Vater, zu ihr
gekommen, seiner Liebe Brust ihren Lippen zu reichen, kreideweißen
Antlitzes entweicht, wie vor dem Wolfe, der sie zerreißen will? Nun
denn, so walte, Hekate, Fürstin des Zaubers, moorduftige Königin der
Nacht! Sproßt, ihr dämonischen Kräfte, die die menschliche Satzung
sonst auszujäten bemüht war, blüht auf, unter dem Atem der Hexen, und
schoßt zu Wäldern empor, daß die Wipfel sich zerschlagen, und die
Pflanze des Himmels, die am Boden keimt, verwese; rinnt, ihr Säfte
der Hölle, tröpfelnd aus Stämmen und Stielen gezogen, fallt, wie ein
Katarakt, ins Land, daß der erstickende Pestqualm zu den Wolken
empordampft; fließt und ergießt euch durch alle Röhren des Lebens,
und schwemmt, in allgemeiner Sündflut, Unschuld und Tugend hinweg!
Graf Otto. Hat er ihr Gift eingeflößt?
Wenzel. Meinst du, daß er ihr verzauberte Tränke gereicht?
Hans. Opiate, die des Menschen Herz, der sie genießt, mit
geheimnisvoller Gewalt umstricken?
Theobald. Gift? Opiate? Ihr hohen Herren, was fragt ihr mich? Ich
habe die Flaschen nicht gepfropft, von welchen er ihr, an der Wand
des Felsens, zur Erfrischung reichte; ich stand nicht dabei, als sie
in der Herberge, Nacht für Nacht, in seinen Ställen schlief. Wie
soll ich wissen, ob er ihr Gift eingeflößt? habt neun Monate Geduld;
alsdann sollt ihr sehen, wies ihrem jungen Leibe bekommen ist.
Der Graf vom Strahl. Der alte Esel, der! Dem entgegn' ich nichts,
als meinen Namen! Ruft sie herein; und wenn sie ein Wort sagt, auch
nur von fern duftend, wie diese Gedanken, so nennt mich den Grafen
von der stinkenden Pfütze, oder wie es sonst eurem gerechten Unwillen
beliebt.
Zweiter Auftritt
Käthchen mit verbundenen Augen, geführt von zwei Häschern.--Die
Häscher nehmen ihr das Tuch ab, und gehen wieder fort.--Die Vorigen.
Käthchen (sieht sich in der Versammlung um, und beugt, da sie den
Grafen erblickt, ein Knie vor ihm). Mein hoher Herr!
Der Graf vom Strahl. Was willst du?
Käthchen. Vor meinen Richter hat man mich gerufen.
Der Graf vom Strahl. Dein Richter bin nicht ich. Steh auf, dort
sitzt er; Hier steh ich, ein Verklagter, so wie du.
Käthchen. Mein hoher Herr! Du spottest.
Der Graf vom Strahl. Nein! Du hörst! Was neigst du mir dein
Angesicht in Staub? Ein Zaubrer bin ich, und gestand es schon Und
laß, aus jedem Band, das ich dir wirkte, Jetzt deine junge Seele los.
(Er erhebt sie.)
Graf Otto. Hier Jungfrau, wenns beliebt; hier ist die Schranke!
Hans. Hier sitzen deine Richter!
Käthchen (sieht sich um). Ihr versucht mich.
Wenzel.
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