Da ruft ihn Cazenave zurück:
»Halt, mein
Lieber! Zwanzig Sous könntest du dir schließlich verdienen. Es ist keine
reinliche Arbeit freilich. Die Mutter Oberin des Hospitals verlangt, daß man
allerlei Unrat wegführt und verbrennt vor der Stadt. Verbandzeug, Charpie von
Operationen, Wäsche von ansteckend Kranken und ähnliche Geschichten. Spann dort
den Braunen vor den kleinen Leiterwagen, wenn du magst... Zwanzig Sous!«
»Können es
nicht dreißig sein, mon capitaine?«
Cazenave
gibt darauf keine Antwort mehr.
Soubirous
tut, wie man ihm geheißen. Er spannt den klapprigen Braunen, das schlechteste
Roß der Postmeisterei, vor den kleinen Leiterwagen. Die Fuhre holpert zum
Hospital, das von den Klosterschwestern der heiligen Gildarde zu Nevers
geleitet wird, denselben, die auch in der Schule unterrichten. Der Concierge
des Krankenhauses hat die drei Kisten mit dem Unrat schon bereitgestellt. Sie
sind nicht schwer, stinken aber wie die Pest nach dem Elend allen Fleisches.
Die Männer laden sie auf den Wagen.
»Gib acht,
Soubirous!« warnt der Concierge, ein medizinischer Fachmann. »Da steckt der
Satan der Infektion drin. Bring’s weit hinaus, bis nach Massabielle, verbrenn’s
und schmeiß die Asche in den Gave!«
Das Regnen
und Stöbern hat aufgehört. Der Wagen knattert über schlechtes Pflaster. Das
Hospital der Schwestern von Nevers liegt am nördlichen Stadteingang, dort, wo
die Nationalstraßen von Pau und Tarbes einander kreuzen. Soubirous muß sein
Gefährt die steile Rue Basse hinabbremsen, um Lourdes durch das westliche Tor
Baous zu verlassen. Als er die alte Römerbrücke, den Pont Vieux, überschritten
hat, lockert sich endlich seine erstarrte Hand. Er läßt den Braunen auf dem
Karrenweg, der das Flußufer entlang führt, gleichgültig dahintrotten. Hier
macht der Gave ein scharfes Knie. Tausendstimmig aufbegehrend rauscht das
uralte Berggewässer, als sei es durch die beinahe rechtwinklige Wendung
überanstrengt und geärgert. Riesige Granitblöcke stellen sich dem zornigen
Flußlauf überall in den Weg. Soubirous hört dem Gave nicht zu. Er hat nicht
nein gesagt, der Postmeister, ganz bestimmt wird er mir die dreißig Sous
ausbezahlen. Vier Brote kaufe ich, acht Sous, aber nicht bei Maisongrosse,
meiner Treu, nicht bei Maisongrosse. Ein halbes Pfund Schafkäse kaufe ich, der
ist nahrhaft, macht zusammen mit dem Brot vierzehn Sous. Zwei Liter Wein dazu,
macht vierundzwanzig Sous. Dann ein paar Würfel Zucker, damit die Kinder etwas
Süßes und Starkes in den Wein haben... Ach was, am besten, ich geb die dreißig
Sous gleich der Louise. Sie soll’s einteilen. Dann brauch ich nichts zu
verrechnen. Für mich behalt ich keinen Knopf.
1 comment