Niemand kümmerte sich um ihn, er wollte ohne Essen ins Bett. Wir gingen zur Tagesordnung über und aßen. Plötzlich ... ein alles durchdringender Pfiff ... Wie versteinert, mit bleichen Gesichtern sahen wir uns an, die Bestecke fielen aus den Händen. Dann schallte Peters Stimme durchs Ofenrohr:

»Bildet euch bloß nicht ein, daß ich runterkomme!« Herr v. Daan sprang auf und schrie mit feuerrotem Kopf: »Nun habe ich aber genug!«
Vater packte ihn am Arm, weil er Schlimmes befürchtete,

und sie gingen miteinander nach oben. Nach heftigem Sträuben und viel zu viel Lärm landete Peter in seinem Zimmer, und die Tür wurde hinter ihm abgeschlossen. Die gute Mutter wollte ein Butterbrot für das Söhnchen übriglassen, aber der Herr Papa war unerbittlich!

»Wenn er nicht sofort um Entschuldigung bittet, muß er auf dem Dachspeicher schlafen!«
Wir protestierten und fanden, daß ohne Essen zu bleiben schon Strafe genug sei, denn wenn er sich erkälten würde, könne man nicht einmal einen Doktor holen. Peter bat nicht um Entschuldigung und blieb auf dem Dachspeicher. Herr v. Daan kümmerte sich nicht mehr um ihn, stellte aber am nächsten Morgen fest, daß Peter doch in seinem Bett geschlafen hatte. Um sieben Uhr war Peter schon wieder auf dem Speicher, kam aber dann, durch Vaters gutes Zureden veranlaßt, herunter.
Drei Tage mürrische Gesichter, hartnäckiges Schweigen, und dann lief alles wieder im alten Gleis.

Anne



Montag, 21. September 1942 


Liebe Kitty!


Heute will ich Dir etwas von dem täglichen Kleinkram

erzählen. Frau v. Daan ist unausstehlich. Fortwährend werde ich wegen meines zu vielen Redens gerügt. Immer hat sie etwas, womit sie uns irritiert. Jetzt will sie mal wieder nicht abspülen. Wenn sie es aber doch tut und z.B. noch ein Restchen im Kochtopf bleibt, bewahrt sie es nicht auf einem Glasteller auf, wie wir es immer machen, sondern läßt es lieber verderben. Beim nächsten Spülen hat dann Margot doppelt schmutzige Töpfe und darf dazu noch von der Dame anhören:

»Du hast aber wirklich viel zu tun, Margotchen!«

Vater und ich haben jetzt eine feine Beschäftigung. Wir machen einen Stammbaum von seiner Familie, und dabei erzählt er etwas von jedem. Dann fühle ich eine ganz starke Verbundenheit.

Alle vierzehn Tage bringt Herr Koophuis auch ein paar Mädchenbücher aus der Bibliothek mit. Ich bin begeistert von der »Joo-pter-Heul«-Serie und finde alles fein, was Cissy von Marxveldt schreibt. »Sommerfreuden« habe ich schon viermal gelesen und muß bei den komischen Situationen immer noch lachen. Nun haben wir auch wieder angefangen zu lernen: Täglich bleue ich mir fünf unregelmäßige Verben ein und arbeite überhaupt viel Französisch. Peter sitzt seufzend bei seinen englischen Aufgaben. Neue Schulbücher haben wir auch bekommen, einen Vorrat von Bleistiften, Heften, Etiketten, Radiergummis usw. habe ich von zu Hause mitgebracht.

Ich höre öfters den Oranje-Sender.