Auch der Junge schrie und wollte fortlaufen. Da bekam er ihn mit der andern Hand zu packen. Er schlug die Köpfe der beiden Kinder gegeneinander. Eins, zwei, drei, eins, zwei, drei, zählte er, und bei drei krachten die beiden kleinen Schädel immer zusammen wie das reine Donnerwetter. Jetzt kam schon das Blut. Das berauschte ihn, machte ihn zu einem Gott. Er mußte singen. Ihm fiel ein Choral ein. Und er sang:

 

»Ein feste Burg ist unser Gott,

Ein gute Wehr und Waffen.

Er hilft uns frei aus aller Not,

Die uns jetzt hat betroffen.

Der alt-böse Feind,

Mit Ernst er's jetzt meint,

Groß Macht und viel List

Sein grausam Rüstung ist,

Auf Erd ist nicht sein'sgleichen.«

 

Er akzentuierte die einzelnen Takte laut, und bei jedem ließ er die beiden kleinen Köpfe aufeinanderstoßen, wie ein Musiker, der seine Becken zusammenhaut.

Als der Choral zu Ende war, ließ er die beiden zerschmetterten Schädel aus seinen Händen fallen. Er begann wie in einer Verzückung um die beiden Leichen herumzutanzen. Dabei schwang er seine Arme wie ein großer Vogel, und das Blut daran sprang um ihn herum wie ein feuriger Regen.

Mit einem Male schlug seine Stimmung um. Ein unbezwingliches Mitleid mit den beiden armen Kindern schnürte ihm von innen heraus fast den Hals ab. Er hob ihre Leichname aus dem Staub des Weges und schleppte sie in das Korn hinüber. Er wischte mit einer Handvoll Unkraut das Blut, das Gehirn und den Schmutz aus dem Gesicht und setzte sich zwischen die beiden kleinen Leichen. Dann nahm er ihre Händchen in seine Faust und streichelte sie mit blutigen Fingern.

Er mußte weinen, große Tränen liefen langsam über seine Backen hinunter.

Ihm kam der Gedanke, daß er vielleicht die Kinder wieder zum Leben bringen könnte. Er kniete sich über ihre Gesichter und blies seinen Atem in die Löcher ihrer Schädel. Aber die Kinder rührten sich nicht. Da dachte er, es wäre vielleicht noch nicht genug, und wiederholte den Versuch. Aber auch dieses Mal war es nichts. »Na denn eben nicht«, sagte er, »tot ist tot.«

Nach und nach kamen unzählige Mengen von Fliegen, Mücken und anderem Ungeziefer aus den Feldern heraus, hinter dem Blutgeruch her. Sie schwebten wie eine dichte Wolke über den Wunden. Ein paar Mal machte er den Versuch, sie fortzutreiben. Als er aber selbst gestochen wurde, wurde ihm die Sache zu unbequem. Er stand auf und ging fort, während sich die Insekten in einem dicken schwarzen Schwarm auf die blutigen Löcher der Schädel stürzten.

Ja, wo nun hin?

Da fiel ihm seine Aufgabe wieder ein. Er hatte ja mit seiner Frau abzurechnen. Und im Vorgefühl seiner Rache leuchtete sein Gesicht wie eine purpurne Sonne.

Er bog in eine Landstraße ein, die auf die Vorstadt zuführte. Er sah sich um.

Die Straße war leer. In der Ferne verlor sich der Weg. Oben auf einem Hügel hinter ihm saß ein Mann vor einem Leierkasten. Jetzt kam über den Hügel eine Frau herauf, die einen kleinen Handwagen hinter sich herzog.

Er wartete, bis sie heran war, ließ sie an sich vorbei und ging ihr nach.

Er glaubte, sie zu kennen.