Auch um ihren Kopf war eine große Blutlache.
Er blieb neben der Frau stehen, starr vor Bestürzung. Da teilten sich die hohen Kornblumen, und heraus kam ein Mann, verwüstet und zerrissen. Sein Mund war ganz voll Blut.
»Das ist sicher der Mörder«, dachte der alte Mann.
In seiner Angst wußte er nicht recht, was er machen sollte. Sollte er fortlaufen oder sollte er stehenbleiben?
Am Ende wollte er es zuerst einmal mit Freundlichkeit versuchen. Denn mit dem da war es doch nicht ganz richtig, das sah man ja.
»Guten Tag«, sagte der Verrückte.
»Guten Tag«, antwortete der alte Mann, »das ist ja ein schreckliches Unglück.«
»Ja, ja, das ist ein schreckliches Unglück, da haben Sie ganz recht«, sagte der Verrückte. Seine Stimme zitterte.
»Aber ich muß weitergehen. Entschuldigen Sie nur.«
Und der alte Mann ging zuerst ein paar Schritte langsam. Als er etwas weiter fort war und merkte, daß der Mörder ihm nicht nachlief, ging er schneller. Und endlich fing er an zu rennen wie ein kleiner Junge.
»Nein, sieht der komisch aus, wie der da rennt. Ist das ein verrücktes Haus.« Und der Irre lachte über das ganze Gesicht, das Blut zog sich in den Falten zusammen. Er sah aus wie ein furchtbarer Teufel.
Aber schließlich, mochte der laufen. Der hatte ja ganz recht. Er würde es auch so machen. Denn hier konnten gleich wieder die Hyänen aus dem Korn kommen.
»Aber pfui, bin ich schmutzig.« Er besah sich. »Wo kommt denn das viele Blut her?«
Und er riß der Frau ihre Schürze ab und wischte sich das Blut ab, so gut es ging.
Sein Gedächtnis verlor sich. Er wußte zuletzt nicht mehr, wo er war. Er ging wieder querfeldein, über Feldwege, durch Felder, im brennenden Mittag. Er erschien sich wie eine große Blume, die durch die Felder wandert. Etwa eine Sonnenrose. Genau konnte er es nicht erkennen.
Er fühlte Hunger.
Später fand er einen Rübenacker, er riß ein paar Rüben heraus und aß sie.
In einem Felde stieß er auf einen Weiher.
Der lag da wie ein großes schwarzes Tuch mitten in dem Gold des Kornes.
Er bekam Lust, zu baden, zog sich aus und stieg in das Wasser. Wie das gut tat, wie das ruhig machte. Er atmete den Duft des Wassers, über dem die Würze der weiten sommerlichen Felder lag. »Ach, Wasser, Wasser«, sagte er leise, als wenn er jemand rufen wollte. Und nun schwamm er wie ein großer weißer Fisch in dem zitternden Teich.
Am Ufer flocht er sich eine Krone aus dem Schilf und besah sich im Wasser. Dann sprang er am Ufer herum und tanzte nackt in der weißen Sonne, groß, stark und schön wie ein Satyr.
Plötzlich kam ihm der Gedanke, daß er etwas Unanständiges täte. Er zog sich schnell an, machte sich klein und kroch in das Korn.
»Wenn jetzt der Wärter kommt und mich hier findet, der wird schön schimpfen, der zeigt das dem Direktor an«, dachte er. Als aber niemand kam, faßte er wieder Mut und setzte seinen Weg fort.
Mit einem Male stand er vor einem Gartenzaun. Dahinter waren Obstbäume. Wäsche war daran zum Trocknen aufgehängt, Kinder schliefen dazwischen. Er ging daran entlang und trat auf eine Straße.
Da waren ziemlich viele Menschen, die an ihm vorübergingen, ohne auf ihn zu achten.
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