Alles deutet auf einen höchst ungleichen Kampf, den Deutschlands Freiheit im gefährlichsten Spiel verlieren wird. Noch hat man sich nicht erklärt. Bis dahin werden die Regierungen gewiß jene Aeußerungen nicht gut heißen, und nachher, wenn die Tragödie aufgeführt ist, ist ihre Sicherheit, ja ihr Leben geradezu gefährdet.
Ich werde Ihre Warnung, erwiederte Kronenberg, zu Herzen nehmen. Sie haben so sehr Recht, daß das Buch in meinem Vaterlande sogar schon verboten ist. Wie man auf der Gränze des Herzogthums erfahren, daß ich der Verfasser sei, begreife ich nicht; aber neulich am Abend, als ich Ihren Boten erwartete, lauerten mir vier bis fünf Menschen auf, denen ich nur durch List entgangen bin.
Karl war erfreut, als ihm Kronenberg das Geld überreichte, das er vom Vater erhalten hatte. Es wurde beschlossen, mit dieser Summe die dringendsten Gläubiger fürs erste zum Schweigen zu bringen, wenn auch nicht zu befriedigen, im Fall der Oheim sich auf gar keine Anordnungen einlassen wollte. Geschähe dies aber, so könne Kronenberg das Geld nachgeschickt werden.
Nach dem Abendessen warteten die beiden Freunde noch bis tief in die Nacht hinein; aber Christoph kam noch immer nicht zurück, um von der Brieftasche und dem verlornen Passe Nachricht zu bringen. Als man sich schon überwacht trennen wollte, klapperte ein Pferd den Hof herein, und man vernahm Christophs Stimme, der den eingeschlafnen Stallknecht aufschrie. Gewiß, sagte Kronenberg, hat der Mensch die ganze Reise, bis zu jener Stelle, wo wir mit dem Wagen umfielen, zurück gemacht.
Indem kam Christoph herauf, erhitzt und außer Athem, und noch viel verdrüßlicher, als gewöhnlich. Hast Du die ganze Reise zurück gemacht, armer Mensch? rief ihm Karl entgegen.
Das habe ich wohl bleiben lassen, antwortete der Alte, denn im vorletzten Wirthshause hatte ich ja noch die vermaledeite Brieftasche des gnädigen Herrn gesehn. Ich bin nur in der letzten Schenke abgestiegen, habe das ganze Haus umgekehrt, die Schränke aufgebrochen, die Betten umgeworfen, Stuhl und Bank, aber vergebens, durchgesucht.
Aber Du bist fast vier, und zwanzig Stunden abwesend; wo hast Du Dich denn umhergetrieben?
O, dreizehn Stunden wenigstens habe ich recht still und ruhig gesessen.
Wie das?
Lassen Sie sich dienen, sagte der Alte, und werden Sie nicht ungeduldig. Als ich die Haussuchung dort mit aller Strenge vollbracht und den Wirthen Schreck und Aerger in den Leib gejagt hatte, setzte ich mich wieder auf. Kaum zweitausend Schritte auf dem Rückwege reitet mir jemand auf einem Queerwege vorüber: ein hübsches Pferd, der Mann gut angezogen – und – wer war es? derselbe verdächtige Patron, der Ihnen, nach meinem Glauben, die Brieftasche weggemaust hat. – Ich links, seitwärts ihm nach. Der Kerl hat mich längst gesehn und erkannt. Sein böses Gewissen treibt ihn, daß er plötzlich einen Feldweg rechts einschlägt, als wenn er so gleichsam speculirend spazieren ritte. Ich auch von der großen Straße ab, ihm gefolgt. Das mochte er sich wohl nicht vermuthen, denn nun setzte er sich in gestreckten Galopp. Den konnte unser guter Ackergaul ihm nicht nachthun; aber ich ließ nicht ab, denn ich dachte den Schelm in der Stadt arretiren zu lassen. Was das Pferd laufen kann, gespornt, in die Ribben gearbeitet, bin ich eher, als ich dachte, am Stadtthor. Die Bürgerwache steht schon im Gewehr; ich frage nach dem und dem, und beschreibe ihn, als man mich anhält und vom Pferde nöthigt; in die Wache werde ich gesetzt. Von da geht's zum Bürgermeister. Ich sei ein Bettler, ein Landstreicher und so weiter, ein verdächtiger Taugenichts – ich müsse auf den Thurm. Himmelselement! da stoben mir die Worte und Redensarten vom Munde, und es war manches darunter, was der Bürgermeister nicht in Gnaden aufnahm. Meinen Paß sollte ich aufweisen. Einen Paß, bei einem Spazierritt! – Ich müsse ins Gefängniß; ein ehrsamer feiner Mann, der sich ausgewiesen, und nach seinem Passe ein Baron Kronenberg sei, habe mich denuncirt, wie er sich ausdrückte. Kein Fluchen und Schimpfen half. Ich guckte dort über das Thor durch ein enges Gitter, und sah über die ganze Stadt weg. Auf den Abend, als es schon dunkel war, geht der Rittmeister Herr von Wolf die Gasse herunter. Ich schrei', was ich aus dem Halse bringen kann: erzähle ihm meinen Casus.
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