R. gibt an, es sei oft vorgekommen, daß sie sogleich nach dem zeitigen Frühstück aufbrach und erst nach der Abenddämmerung heimkehrte, und da ihn der Gedanke etwas beunruhigte, daß ein junges Mädchen soviele Stunden allein war, setzte er sich mit ihrem Adoptivvater in Verbindung, der in einem kurzen Brief zurückschrieb, Helen müsse gestattet bleiben, zu tun, was sie wolle. Im Winter, wenn die Waldwege nicht begehbar sind, verbrachte sie die meiste Zeit in ihrem Zimmer, wo sie den Anweisungen ihres Verwandten entsprechend alleine schlief. Auf einer jener Expeditionen in den Wald begab sich das erste der eigenartigen Ereignisse, die sich mit diesem Mädchen verbinden, und zwar geschah dies etwa ein Jahr nach ihrer Ankunft im Dorf. Der vorangegangene Winter war besonders streng gewesen, der Schnee hatte sich zu großen Verwehungen auf getürmt und der Frost beispiellos lange angehalten, und der folgende Sommer war ebenso bemerkenswert seiner extremen Hitze wegen. An einem der heißesten Tage dieser Sommerzeit verließ Helen V. den Bauernhof zu einer ihrer langen Wanderungen im Wald, wobei sie wie gewöhnlich etwas Brot und Fleisch zum Mittagessen mitnahm. Einige Männer auf den Feldern sahen sie die Richtung zur alten Römerstraße einschlagen, einem grünen Höhenweg, der sich durch den höchstgelegenen Teil des Waldes zieht, und sie sahen mit Erstaunen, daß das Mädchen trotz der bereits nahezu tropischen Hitze den Hut abgenommen hatte. Wie es sich traf, war ein Arbeiter, Joseph W. mit Namen, im Wald nahe der Römerstraße beschäftigt, und um zwölf Uhr brachte sein kleiner Sohn Trevor ihm sein Essen, Brot und Käse. Nach dem Mahl verließ der Junge, der damals wohl sieben Jahre alt war, den weiterarbeitenden Vater, und ging, wie er sagte, im Wald Blumen suchen, und der Mann, der ihn dann und wann bei seinen Entdeckungen freudig rufen hörte, war nicht weiter beunruhigt. Plötzlich aber hörte er zu seinem Entsetzen fürchterliche Angstschreie, offenbar die Folge äußersten Schreckens, aus der Richtung, in welche sein Sohn gegangen war, und er warf hastig sein Werkzeug hin und lief los, um nachzusehen, was geschehen war. Er folgte den Lauten und stieß so auf den kleinen Jungen, der blindlings daherrannte und offensichtlich furchtbar verängstigt war, und auf sein Befragen hin kam es schließlich heraus, daß der Junge, nachdem er einen Blumenstrauß gepflückt hatte, müde geworden war, sich ins Gras gelegt hatte und eingeschlafen war. Er erwachte plötzlich, wie er angab, von einem seltsamen Geräusch, einer Art Gesang, wie er sagte, und als er durch die Zweige spähte, sah er Helen V. im Gras mit einem »komischen nackten Mann« spielen, den er anscheinend nicht näher zu beschreiben wußte. Er sagte, er habe sich furchtbar geängstigt und sei weggelaufen und habe nach seinem Vater gerufen. Joseph W. ging in der von seinem Sohn bezeichneten Richtung weiter und fand Helen V. im Gras sitzen, auf einer Lichtung, die wohl Köhler hinterlassen hatten. Zornig warf er ihr vor, seinen Jungen erschreckt zu haben, doch sie bestritt den Vorwurf ganz und gar und lachte über die Geschichte des Kindes von einem »komischen Mann«, der er selbst nicht allzuviel Glauben schenkte. Joseph W. kam zu dem Schluß, daß der Junge mit einem plötzlichen Erschrecken aufgewacht war, wie es Kindern manchmal zustößt, aber Trevor blieb bei seiner Geschichte und verharrte in solcher Verängstigung, daß sein Vater ihn nach Hause brachte, in der Hoffnung, es werde seiner Mutter gelingen, ihn zu beruhigen. Doch der Junge gab seinen Eltern viele Wochen lang Anlaß zur Sorge. Er wurde nervös und wunderlich, weigerte sich, allein das Haus zu verlassen, und erschreckte ständig die Familie, indem er nachts mit Rufen wie »Der Mann im Wald! Vater! Vater!« auffuhr. Im Lauf der Zeit schien sich jedoch der Eindruck dieses Erlebnisses abgeschwächt zu haben, und etwa drei Monate später begleitete Trevor seinen Vater zum Haus eines Herrn in der Nachbarschaft, für den Joseph W. gelegentlich Arbeiten verrichtete. Der Vater wurde ins Arbeitszimmer geführt, und der kleine Junge blieb in der Eingangshalle des Hauses sitzen. Ein paar Minuten später, als der Hausherr W. gerade seine Anweisungen gab, hörten beide zu ihrem Entsetzen einen durchdringenden Schrei und das Geräusch eines Sturzes und fanden, als sie hinauseilten, das Kind besinnungslos mit schreckverzerrtem Gesicht auf dem Boden liegen. Der Arzt wurde geholt und stellte nach einigen Untersuchungen die Diagnose, daß das Kind eine Art Anfall erlitten hatte, ausgelöst anscheinend durch einen plötzlichen Schock.
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