Sie wissen ja, das vergißt man nie,
wenn jemand uns etwas Gutes gethan hat.«
Die Besprechung mit Dick war sehr aufregend. Dick hatte eben
großen Verdruß mit Jack gehabt und war in sehr
gedrückter Stimmung, als sie ihn begrüßten.
Seine Verblüffung, als Cedrik ihm ganz ruhig mitteilte,
daß er aller Not ein Ende machen wolle, war derart,
daß er ganz sprachlos war. Lord Fauntleroys Art und Weise, den
Zweck seines Besuches darzulegen, war von größter
Einfachheit und Formlosigkeit, und auf den daneben stehenden Mr.
Havisham machte die Geradheit, mit der er auf sein Ziel lossteuerte,
großen Eindruck. Die Mitteilung, daß sein alter
Freund ein Lord geworden und in Gefahr stehe, ein Graf zu werden, wenn
er am Leben bleibe, veranlaßte Dick, Mund und Nase
aufzusperren und so erstaunt ins Blaue zu starren, daß ihm die
Mütze vom Kopfe fiel. Nachdem er dieselbe aufgehoben,
stieß er eine Bemerkung aus, die Mr. Havisham etwas
befremdete, Seiner Herrlichkeit aber nichts Neues zu sein schien.
»Was gibst du mir, wenn ich das Zeug glaube?«
Verletzt fühlte sich der kleine Lord keineswegs von
dieser Bemerkung, wohl aber versetzte ihn dieselbe in einige
Verlegenheit, aus der er sich aber tapfer herausarbeitete.
»Es denkt jeder, es sei nicht wahr,« sagte
er. »Mr. Hobbs meinte, ich hatte einen Sonnenstich. Anfangs
war es mir selbst auch gar nicht angenehm, aber nun habe ich mich schon
daran gewöhnt. Der, welcher jetzt Graf ist, der ist mein
Großpapa und der will, daß ich alles thun soll, was
mir Freude macht. Er ist sehr gütig, wenn er auch ein Graf
ist, und er hat mir durch Mr. Havisham eine Menge Geld geschickt, und
davon sollst du welches haben, um Jack auszubezahlen.«
Das Ende vom Liede war, daß Dick dies wirklich that,
und daß er mit neuen Bürsten, einem sehr in die Augen
fallenden Schilde und einer prächtigen Ausrüstung
Alleinherrscher in seinem Geschäfte wurde. Er konnte erst
ebensowenig an sein Glück glauben wie die Apfelfrau
»aus altem Geschlechte«; er starrte seinen
Wohlthäter ratlos an und erwartete jeden Augenblick,
daß der Traum ein Ende haben werde. Erst als Cedrik ihm die
Hand zum Abschied reichte, ward er sich der Thatsächlichkeit
des ganzen Vorganges bewußt.
»Und nun leb wohl,« sagte Ceddie mit einem
ernstlichen Versuche, ihn das Zittern seiner Stimme nicht merken zu
lassen, und mit einem etwas krampfhaften Zwinkern der großen
braunen Augen. »Ich hoffe, daß dein Geschäft
jetzt gut geht. Mir thut's leid, daß ich fort muß,
vielleicht komme ich wieder, wenn ich ein Graf bin, und hoffentlich
schreibst du mir auch, denn wir sind ja immer gute Freunde gewesen.
Hier hab' ich dir's aufgeschrieben, wie du die Adresse an mich machen
mußt, ich heiße nicht mehr Cedrik Errol, sondern Lord
Fauntleroy und – jetzt lebe wohl, Dick!«
Dick zwinkerte auch angestrengt mit den Augen, und doch waren
seine Wimpern verräterisch feucht. Er war kein sehr gebildeter
Schuhputzer, und es wäre ihm schwer geworden, seine
Empfindungen in Worte zu fassen, deshalb machte er auch gar keinen
Versuch dazu, sondern begnügte sich, zu blinzeln und etwas zu
verschlucken, was ihm immer wieder im Halse aufstieg.
»Wollte, du bliebest hier,« sagte er mit
heiserer Stimme. Dann lüftete er seine Mütze und
wandte sich an Mr. Havisham: »Danke auch, Sir, daß
Sie ihn hergebracht, und für alles. Er – er ist ein
kurioser kleiner Kerl,« setzte er hinzu, »ich hab'
immer große Stücke auf ihn gehalten. Und
Grütz' im Kopfe hat er und ist so ein ganz aparter
Jung'.«
Und nachdem die beiden von ihm weggegangen, stand Dick noch
lange da und sah ihnen nach, und solange er die kleine biegsame Gestalt
so elastisch neben ihrem großen, ernsten Begleiter
dahinwandeln sah, wollte der Nebel vor seinen Augen nicht weichen.
Bis zum Tage der Abreise brachte Seine Herrlichkeit so viel
Zeit als möglich in Mr. Hobbs' Laden zu. Mr. Hobbs selbst war
in sehr gedrückter Stimmung, aus der er sich kaum mehr
aufzuraffen wußte, und als sein kleiner Freund ihm
triumphierend sein Abschiedsgeschenk, eine goldne Uhr mit Kette
überreichte, war er kaum im stande, die Gabe gehörig
zu würdigen. Er legte das Etui auf sein Knie und schneuzte
sich mehrmals mit großem Geräusche.
»Es steht was drin,« sagte Cedrik,
»innen drin. Ich hab's dem Manne selbst gesagt, was er
hineinschreiben müsse: ›Mr. Hobbs von seinem
ältesten Freunde, Lord Fauntleroy.
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