Wie ich gehört habe, wurde er durch einen seltsamen Vorfall zu uns gebracht, bei dem Ihr Vater eine Rolle spielte und wobei der Wilde hart behandelt wurde. Doch ich habe die Geschichte vergessen. Auf jeden Fall ist er jetzt unser Freund.«
»Ist er meines Vaters Feind gewesen, so kann ich ihm noch weniger trauen!« rief das erschrockene Mädchen. »Wollen Sie nicht mit ihm sprechen, Major Heyward, damit ich seine Stimme höre. Es mag töricht sein, aber Sie haben oft gehört, daß ich an die menschliche Stimme glaube.«
»Es würde vergeblich sein, Sie würden höchstwahrscheinlich nur einen Ausruf hören. Obgleich er englisch verstehen kann, wird er doch jetzt die Sprache nicht sprechen, da der Krieg von ihm die äußerste Zurückhaltung fordert. - Aber er steht still! Der unbekannte Pfad, auf dem wir unsere Reise fortsetzen sollen, ist sicher erreicht.«
Die Vermutung des Majors war richtig. Als sie an die Stelle kamen, wo der Indianer auf sie wartete, wies er in das Dickicht, das die Straße einschloß, und ein schmaler und dunkler Pfad wurde sichtbar, der gerade für einen Menschen breit genug war.
»Hier führt also unser Weg ab«, sagte der junge Mann mit leiser Stimme. »Zeigen Sie kein Mißtrauen, denn Sie locken damit nur die Gefahr herbei, die Sie fürchten.«
»Was meinst du, Cora?« fragte die andere Reiterin ungewiß. »Wenn wir mit den Truppen reisten, würden wir uns trotz verschiedener Unannehmlichkeiten doch sicherer fühlen.«
»Sie kennen die Wilden zu wenig, Alice«, meinte Heyward, »und übersehen die wirkliche Gefahr. Wenn die Feinde überhaupt schon bis zu dem Bergrükken vorgedrungen sind, was unwahrscheinlich ist, da unsere Patrouillen noch umherstreifen, so werden sie sicher die Kolonne angreifen, wo die meisten Skalpe zu erbeuten sind. Der Weg der Truppen ist bekannt, während der unsere, der erst vor einer Stunde festgelegt wurde, noch ein Geheimnis ist.«
»Sollten wir dem Menschen deshalb nicht trauen, weil seine Sitten nicht die unseren sind und seine Haut dunkel ist?« fragte Cora. Alice versetzte als Antwort ihrem Pferd einen leichten Schlag mit der Reitgerte und brach zuerst in das dichte Unterholz. Sie folgte dem Läufer auf dem dunklen Pfad. Der junge Offizier sah Cora bewundernd an und versuchte ihr, die er so entschlossen fand, den Weg zu bahnen. Die Diener aber folgten der Straße, die die Kolonne eingeschlagen hatte. Diese Vorsicht ging, wie Heyward feststellte, auf ihren Führer zurück, der so die Spuren verwischen wollte, wenn vielleicht einige Wilde aus Kanada sich so weit von ihrem Heer in den Hinterhalt legen sollten. Mehrere Minuten ritten sie schweigend durch das Dickicht. Doch bald gelangten sie unter die hohen Laubbäume des Waldes. Hier kamen sie leichter voran, und ihr Führer setzte sich daraufhin in kurzen Trab. Plötzlich hörten die Reiter das Geräusch von Pferdehufen hinter sich, Heyward und seine Begleiterinnen zogen gleichzeitig die Zügel an und machten halt, um sich über diese plötzliche Unterbrechung zu vergewissern.
Einige Augenblicke darauf sahen sie ein junges falbes Pferd, einem Damhirsch nicht unähnlich, zwischen den Bäumen. Gleich darauf erkannten sie die Gestalt des merkwürdigen Mannes, der im Lager unter den Dienern vor kurzem Aufsehen erregt hatte und der jetzt sein Tier ungebührlich schnell antrieb. Seine Erscheinung war auch zu Pferd auffällig. Er trieb sein Tier ununterbrochen an, das sich in einem kurzen Galopp mit den Hinterbeinen vorwärts bewegte, während die Vorderbeine in zweifelhaften Momenten diese Gangart unterstützten, obgleich sie sich im allgemeinen mit einem hüpfenden Trab begnügten. Heyward, dessen geübtes Auge leicht den Wert eines Pferdes erkannte, konnte nicht entscheiden, in welcher Gangart der Reiter, der in grotesken Bewegungen sein Pferd selbst übertraf, den Pfad herankam.
»Suchen Sie jemand hier?« fragte Heyward lächelnd, als der Fremde nahe genug war. »Ich hoffe, daß Sie keine schlimmen Nachrichten überbringen!«
»So ist es«, erwiderte vieldeutig der groteske Reiter, indem er seinen dreieckigen Kastorhut wie einen Fächer bewegte, um sein Gesicht abzukühlen. Als er wieder Atem geschöpft hatte, fuhr er fort: »Ich hörte, daß Sie zum Fort William Henry reiten. Da ich selbst auf dem Weg dahin bin, so nahm ich an, gute Gesellschaft würde unseren beiderseitigen Wünschen entsprechen.«
Heyward, dem dieses Zusammentreffen lästig war, antwortete kurz: »Wenn Sie zum See wollen, so haben Sie Ihren Weg verfehlt. Die Straße liegt wenigstens eine halbe Meile hinter uns.«
»So ist es«, erwiderte unberührt der Fremdling. »Ich habe mich im Fort Edward eine Woche aufgehalten, und ich müßte stumm sein, wenn ich mich nicht nach dem Weg erkundigt hätte, den ich einschlagen muß.
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