Der Mann im Hintergrund

 

 

 

 

 

Ein Gefangener entflieht aus Sing-Sing, und ein paar Wochen später beginnt in London eine Serie von Bankbetrügereien …

 

Ein Bankangestellter schenkt seiner Verlobten teuren Schmuck und schickt ihr ein dickes Bündel Dollarnoten …

 

Zwei Fälle, die nur der berühmte Privatdetektiv Reeder lösen kann!

EDGAR WALLACE

Der Mann im

Hintergrund

THE SHADOW MAN

 

Der Lügendetektor

THE MAN WHO PASSED

 

Aus dem Englischen übertragen von

Hans Herdegen

 

Herausgegeben von Friedrich A. Hofschuster

 

 

Gesamtauflage: 180000

 

 

Made in Germany  1/82  7. Auflage

© deutschsprachigen Ausgabe by Wilhelm Goldmann Verlag, München

Umschlagentwurf: Atelier Adolf & Angelika Bachmann, München

Umschlagfoto: Richard Canntown, Stuttgart

Satz: Presse-Druck Augsburg

Druck: Mohndruck Graphische Betriebe GmbH, Gütersloh

Krimi 1115

Lektorat: Friedrich A. Hofschuster  Herstellung: Peter Sturm

ISBN 3-442-01115-9

 

DER MANN IM HINTERGRUND

1

Mr. Reeder reiste nach den Vereinigten Staaten, um bei der Aufklärung einer großen Unterschlagungsaffäre mitzuhelfen; es handelte sich dabei um den Fall der Gessler-Bank.

Selbstverständlich wurde er bei seiner Ankunft in New York von den Spitzen der städtischen Polizei wie ein Prinz aus königlicher Familie empfangen. Die Polizeibeamten dieser Riesenstadt waren nicht nur äußerst höflich zu ihm, sondern bewiesen auch, daß sie an Originale jeder Art gewöhnt waren.

Es lächelte also niemand über die ein wenig altmodische Kleidung des Detektivs, und keiner hätte sich eine boshafte Bemerkung über seinen steifen Filzhut und seinen Selbstbinder erlaubt. Jeder sah in ihm nur den berühmten Kriminalisten und ließ sich nicht durch sein zurückhaltendes und fast schüchternes Wesen täuschen.

Mr. Reeder blieb nur verhältnismäßig kurze Zeit in den USA, aber immerhin fand er Gelegenheit, den Polizeiapparat der vier größten amerikanischen Städte zu studieren. Unter anderem besuchte er das Zuchthaus in Atlanta, und zwei Tage vor seiner Abfahrt ließ er es sich nicht nehmen, auch noch nach Ossning zu fahren. Dort öffneten sich vor ihm die gewaltigen Stahltore von Sing-Sing, und geführt von dem Gefängnisdirektor persönlich, lernte er alle Einrichtungen dieses weltberühmten Zuchthauses kennen – angefangen von der Gefangenenkartei bis zu dem Raum, wo der elektrische Stuhl stand.

»Es wäre mir sehr lieb gewesen, wenn Sie sich einmal einen bestimmten Häftling näher angesehen hätten«, sagte der Gefängnisdirektor, kurz bevor er sich von ihm verabschiedete. »Es handelt sich um einen Engländer – einen Mann namens Redsack. Haben Sie jemals etwas von dem Burschen gehört?«

Mr. Reeder schüttelte den Kopf.

»Leider gibt es eine ganze Menge von Leuten, deren Existenz ich bisher noch nicht in meinem Gedächtnis registriert habe«, erwiderte er fast entschuldigend in seiner etwas umständlichen Art. »Dazu gehört auch Mr. Redsack. Wird er Ihnen noch lange zur Last fallen?«

»Er muß eine lebenslängliche Zuchthausstrafe absitzen«, entgegnete der Direktor, »und er darf noch froh sein, daß er nicht auf dem elektrischen Stuhl gelandet ist. Aus drei verschiedenen Gefängnissen konnte er schon ausbrechen, aber hier in Sing-Sing wird ihm das nicht gelingen. Er ist einer der gefährlichsten Verbrecher, die wir jemals beherbergten.«

»Ich würde ihn gerne sehen.«

»Im Augenblick kann ich ihnen Redsack leider nicht vorführen. Wir mußten ihn nämlich in eine Strafzelle stecken, weil er wieder einmal einen Ausbruchsversuch gemacht hat. Eigentlich hatte ich angenommen, daß Sie ihn kennen würden. Viermal ist er in den USA schon verurteilt worden, und er hat wahrscheinlich mehr Morde auf dem Gewissen, als wir ahnen. Dabei ist er einer der klügsten Burschen, die mir je unter die Hände gekommen sind.«

»Ich habe bis jetzt noch keinen wirklich intelligenten Verbrecher kennengelernt. Nur schade, daß Redsack seine Straftaten nicht in England begangen hat.«

»Warum schade?« fragte der Direktor erstaunt.

»Dann wäre er nämlich jetzt nicht mehr am Leben«, erwiderte Mr. Reeder und seufzte.

 

In diesem Winter fuhren die Schiffe von New York nicht gerade regelmäßig ab; das Wetter war sehr schlecht. Auch der Dampfer, den Mr. Reeder wählte, hatte eine Verspätung von vierundzwanzig Stunden. So füllte er die Wartezeit damit aus, die Akten des Polizeipräsidiums von New York zu studieren. Besonders interessierten ihn dabei Angaben über die Person dieses Mr. Redsack.

Mr. Reeder staunte, als er einen ziemlich dicken Ordner durchblätterte.