Hallaty die Hundertdollarscheine in eine Aktentasche gesteckt hatte, die bereits halb mit amerikanischen Geldscheinen gefüllt war.
Diese Nachricht rief große Bestürzung hervor. Sofort wurde ein Bankdetektiv nach Gunnersbury geschickt, der jedoch Mr. Hallaty nicht mehr antraf. Auch die Schlüssel zum Geldtresor fehlten.
Als der Detektiv den Safe mit einem zweiten Schlüssel, der in der Direktion aufbewahrt wurde, öffnete, fand er dort nur noch einige Bündel von Zehnschilling- und Pfundnoten.
Mr. Hallaty war weder in seiner Wohnung in Hammersmith, noch in der Albemarle Street anzutreffen.
Weitere Nachforschungen ergaben, daß Mr. Hallaty zu einem kleinen Privatflugplatz gefahren war, wo stets ein Sportflugzeug für ihn bereitstand. Ein Mechaniker wollte die Maschine für Mr. Hallaty startklar machen, entdeckte jedoch, daß die Tragflächen von unbekannten Tätern beschädigt worden waren.
Als Mr. Hallaty sich den Schaden besehen hatte, war er totenbleich geworden, wieder in seinen Wagen gestiegen und mit seinen Koffern davongefahren.
Von diesem Augenblick an wurde Mr. Hallaty nicht mehr gesehen. Er tauchte in London unter, niemand wußte, wo er sich aufhielt.
Der Verlust von zweiundsiebzigtausend Pfund ist für eine Bank schon eine ernste Angelegenheit, es stellte sich aber heraus, daß Mr. Hallaty noch andere Betrügereien verübt hatte. Er war dabei sehr schlau vorgegangen, denn er kannte die Geschäftsmethoden der Banken bis in jede Einzelheit. Als die Bücher revidiert wurden, merkte man, daß er über eine Viertelmillion Pfund veruntreut hatte.
Drei Tage nach Hallatys Verschwinden wurde Mr. Reeder benachrichtigt, und der Direktor der Bank war außerordentlich erleichtert, als er sofort die Untersuchung des Falles übernahm.
»Sie wissen ja, was hier vorgefallen ist«, wandte er sich an den Detektiv. »Wir möchten die ganze Angelegenheit vertrauensvoll in Ihre Hände legen. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn wir Sie schon früher gerufen hätten?«
Mr. Reeder erwiderte, daß er ihm in diesem Punkt nur recht geben könne.
»Hier sind unsere ganzen Unterlagen«, seufzte der Generaldirektor und schob ihm einen dicken Aktenordner über den Tisch zu. »Die Polizei hat mir bis jetzt wenig Hoffnungen gemacht, und ich muß sagen, daß ich kaum mehr damit rechne, Mr. Hallaty jemals wiederzusehen.«
Reeder rieb sich bedächtig das Kinn.
»Große Versprechungen kann ich Ihnen auch nicht machen«, sagte er. »Es ist genau derselbe Fall wie bei der Tynedale-Bank. Das gleiche hat sich bei der Manchester und Oldham-Bank ereignet, und bei der Devon-Bank liegt die Sache ähnlich. Man könnte fast den Eindruck gewinnen, daß hier nach einem bestimmten System vorgegangen wird …«
Der Bankdirektor runzelte die Stirn.
»Wollen Sie damit andeuten, daß alle diese Betrügereien von einer einzigen Bande organisiert wurden?«
»Ich glaube, ja«, entgegnete Mr. Reeder liebenswürdig. »Wenn Sie sich die Mühe geben, die einzelnen Fälle miteinander zu vergleichen, werden Sie sofort begreifen, was ich meine. Jedesmal war es der Geschäftsführer einer größeren Bank, der unter irgendeinem Vorwand hohe Beträge in englischer Währung in Francs oder Dollars umwechselte. Immer geschah dies in London, und jedesmal war der Gauner wie vom Erdboden verschluckt.«
Der Direktor schaute ihn fassungslos an. Er wußte, daß Reeder der beste Spezialist für Bankverbrechen war, den es überhaupt gab, und konnte die Tragweite seiner Behauptung als Bankfachmann richtig würdigen.
»Sie haben zweifellos recht!«
Die Vereinigung der Bankfirmen hielt schon am nächsten Tag eine Sitzung ab, zu der auch Mr. Reeder zugezogen wurde. Er hielt nicht lange mit seiner Ansicht zurück, sondern erklärte geradeheraus, was er dachte.
»Ich gebe zu, daß ich mich nur ungern mit dieser Sache beschäftige«, schloß er seine Ausführungen.
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