Er rannte hinter ihm her und hatte auch das Glück, ihn auf der Straße einholen zu können und einem Polizisten zu übergeben.
Hätte Mr. Wallat nicht die Fassung verloren, dann hätte sich für die Bank vielleicht alles noch einrenken lassen. So aber wurde Reigate verhaftet und legte auch bald darauf ein Geständnis ab.
Die Direktoren der Bank waren wütend, denn nun würde es zu einer öffentlichen Verhandlung kommen; ziemlich ratlos wandten sie sich an Mr. Reeder, der ihnen seine Hilfe zusagte.
Leider hatte der Detektiv zunächst wenig Erfolg, als er sich mit Reigate unterhielt. Der junge Mann war so niedergeschlagen und verwirrt, daß nichts aus ihm herauszubringen war. Am nächsten Morgen wurde er dem Strafrichter vorgeführt, und man beschloß, das Verfahren gegen ihn zu eröffnen.
Der Vorsitzende nahm den Fall außerordentlich ernst, und als Reigate den Antrag stellte, ihn gegen Kaution freizulassen, wurde eine ziemlich hohe Summe festgesetzt, die er nicht bezahlen konnte. Er kam ins Gefängnis.
Am Nachmittag erschien jedoch Sir George Polkley und bürgte für ihn. Sir George war ein bekannter Reeder in Nordengland. Er wurde von einem Herrn begleitet, der einem Rechtsanwaltsbüro in Newcastle angehörte.
Noch am gleichen Nachmittag entließ man Reigate aus dem Gefängnis in Brixton.
Um sieben Uhr abends telefonierte Scotland Yard mit Mr. Reeder.
»Wissen Sie, daß Reigate heute nachmittag entlassen wurde, nachdem Sir George Polkley für ihn gebürgt hat?«
»Ja, das habe ich in der Zeitung gelesen«, entgegnete der Detektiv. »Mir ist bei der Sache nur schleierhaft, woher dieser Mr. Reigate einen Mann wie Sir George kennt.«
»Wir haben eben ein Telegramm der Rechtsanwälte von Sir George Polkey aus Newcastle erhalten. Darin wird uns mitgeteilt, daß man dort nichts von all diesen Vorgängen weiß. Sir George hält sich augenblicklich in Südfrankreich auf, und keiner der Anwälte war in London. Außerdem erklärten sie, daß ihnen ein Mann namens Reigate vollkommen unbekannt sei.«
Mr. Reeder, der es sich in einem Sessel bequem gemacht hatte, richtete sich plötzlich auf.
»Dann ist die ganze Angelegenheit also ein Schwindel? Wo ist denn Reigate?«
»Es wurde überall nach ihm gesucht, man konnte ihn aber nicht finden. Vom Gefängnis fuhr er in einem Taxi weg, und zwar in Begleitung des vermeintlichen Rechtsanwalts, und seither hat man nichts mehr von ihnen gesehen.«
Das war wieder eine Aufgabe nach dem Geschmack von Mr. Reeder. Wer hatte sich die Mühe gemacht, Reigate freizubekommen? Und was steckte dahinter? Seine Unterschlagungen – wenn sie überhaupt bewiesen werden konnten – beliefen sich bis jetzt höchstens auf ein paar hundert Pfund. Wer mochte also so ängstlich darum besorgt sein, daß der Mann sofort freigelassen wurde?
Kurz entschlossen ließ er sich beim Staatsanwalt melden.
»Eine merkwürdige Geschichte«, sagte er dort und fuhr sich mit der Hand durch sein dünnes Haar. »Aber vielleicht läßt sie sich sehr einfach erklären. Glücklicherweise kann ich mich gut in die Gedankenwelt eines Verbrechers versetzen!«
Der Staatsanwalt lächelte.
»Na, und wie reagieren Ihre verbrecherischen Instinkte auf die Vorgänge der letzten Tage?«
Mr. Reeder schüttelte besorgt den Kopf.
»Ich fürchte, es sieht schlecht aus – auf jeden Fall möchte ich nicht in der Haut von Mr. Reigate stecken!«
Der Staatsanwalt hatte zu der Unterredung mit Mr. Reeder auch den Geschäftsführer Wallat herbestellt, einen rundlichen, behäbig aussehenden Herrn, der stark schwitzte. Eine halbe Stunde lang saß er auf seiner Stuhlkante Mr. Reeder gegenüber und wischte sich dauernd mit dem Taschentuch den Schweiß von der Stirn.
»Die Herren von der Direktion sind wütend auf mich, Mr. Reeder«, erklärte er betrübt. »Und dabei bin ich jetzt jahrzehntelang bei der Bank, ohne daß das geringste vorgekommen wäre. Man kann mir höchstens vorwerfen, daß ich manchmal zu eifrig war – ich brause so schnell auf –, aber auch das nur im Interesse der Bank! Natürlich war es ein Fehler, daß ich den Mann gleich verhaften ließ, aber ich war so wütend, daß ich nicht mehr wußte, was ich tat.«
»Schon gut, Mr.
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