Laßt die Squaw gehen.«

»Wie?« fragte Cap erstaunt, »wir sollen die kleine Mabel nach vorne schicken wie einen Ausguck, während zwei Burschen wie Sie und ich anlegen, um zu sehen, welche Art Land sie ausmacht? Wenn ich das zugebe, so will ich -«

»Es ist das klügste, lieber Onkel«, fiel ihm das Mädchen ins Wort, »und ich fürchte mich nicht. Kein Christ wird, wenn er ein Mädchen allein daherkommen sieht, Feuer geben. Lassen Sie mich vorangehen, und alles wird gut gehen. Bis jetzt hat man uns noch nicht bemerkt, und die Überraschung der Fremden wird nichts Beunruhigendes haben.«

»Gut«, brummte Pfeilspitze, dem der Mut des Mädchens gefiel.

»Es ist ganz unseemännisch«, versetzte Cap, »doch da wir eben in den Wäldern sind, so hat es nichts zu bedeuten und mag hingehen. Wenn du glaubst, Mabel -«

»Seien Sie ruhig, Onkel. Es ist kein Grund vorhanden, besorgt zu sein - und ihr seid ja in der Nähe, mich zu beschützen.«

»Gut - so nimm eine dieser Pistolen.«

»Nein - nein - ich verlasse mich lieber auf meine Jugend und Schwäche«, sagte Mabel lächelnd. - »Unter Christen ist des Weibes bester Schutz ihr Recht auf Hilfe. Ich verstehe mich nicht auf Waffen und wünsche auch nichts davon zu lernen.«

Der Onkel mußte nachgeben und Mabel nahm, nachdem der Indianer ihr noch einige Vorsichtsmaßregeln zugeflüstert hatte, allen Mut zusammen und ging allein auf die Gruppe zu, die um das Feuer saß. Im Wald herrschte vollständiges Schweigen, die drei Männer saßen wortlos bei ihrem Mahl. Als Mabel noch vierzig bis fünfzig Schritte vom Feuer entfernt war, berührte ihr Fuß ein dürres Holzstück, und das laute Knacken veranlaßte den Mohikaner und einen seiner Gefährten rasch wie ein Gedanke aufzuspringen. Beide sahen nach ihren Büchsen, die an einem Baumstamm lehnten. Dann aber blieb jeder stehen, ohne eine Hand zu rühren; denn beide sahen die Gestalt des Mädchens. Der Indianer flüsterte seinem Gefährten einige Worte zu, nahm seinen Platz wieder ein und setzte sein Mahl so ruhig fort, als wenn nichts geschehen wäre. Der weiße Mann dagegen verließ das Feuer und kam Mabel entgegen. Er war in mittleren Jahren, und in seinem Antlitz spiegelte sich eine offene Ehrlichkeit. Mabel sah sogleich, daß sie nichts zu fürchten habe. Dennoch blieb sie jetzt wartend stehen.

»Fürchten Sie nichts, junges Mädchen«, beruhigte der Mann, der ein Jäger zu sein schien. - »Sie sind auf Christen gestoßen. Ich bin in diesen Gebieten wohlbekannt. Von den Franzosen und den Rothäuten auf der anderen Seite der großen Seen werde ich die Lange Büchse genannt, Falkenauge von den Mohikanern, während die Truppen und Fallensteller auf dieser Seite des Wassers mich Pfadfinder nennen.«

»Pfadfinder«, rief das Mädchen erfreut. »Sie sind also der Freund, den uns mein Vater entgegenzuschicken versprach?«

»Wenn Sie die Tochter des Sergeanten Dunham sind, so hat der große Prophet der Delawaren nie ein wahreres Wort gesprochen.«

»Ich bin Mabel, und dort hinter den Bäumen sind mein Onkel Cap und ein Tuscarora, Pfeilspitze genannt. Wir hofften Sie erst in der Nähe der Ufer des Sees zu finden.«

»Ich wollte, ein zuverlässigerer Indianer wäre Ihr Führer geworden«, sagte der Pfadfinder, »denn ich bin kein Freund der Tuscaroras, die sich von den Gräbern ihrer Väter zu weit entfernt haben. Ist Junitau bei ihm?«

»Sie begleitet ihn, und sie ist ein mildes, demütiges Wesen.«

»Ja, ja, unter den Tuscaroras wären noch schlimmere Führer gewesen.«

»So ist es gut, daß wir Sie gefunden haben«, freute sich Mabel.

»Es ist jedenfalls kein Unglück; denn ich habe dem Sergeanten versprochen, sein Kind wohlbehalten in das Standquartier zu bringen, sollte es auch mein Leben kosten. Wir hofften, Sie zu treffen, ehe Sie die Wasserfälle erreichen würden, wo wir unser Kanu gelassen haben.«

»Da kommt mein Onkel und der Tuscarora«, sagte Mabel, als sich Cap und Pfeilspitze vorsichtig näherten. Wenige Worte genügten, um die drei miteinander bekannt zu machen, und alle gingen zum Feuer zurück.

Zweites Kapitel

 

Der Mohikaner fuhr fort zu essen, aber der andere weiße Mann stand auf und nahm seine Mütze höflich vor Mabel Dunham ab. Er war jung und von einer festen, gesunden Männlichkeit.

»Hier«, sagte der Pfadfinder, indem er Mabel treuherzig anlächelte, »sind die Freunde, die Ihnen Ihr Vater entgegengesandt hat. Dieser ist ein großer Mohikaner, er wohnt bei den Delawaren, man nennt ihn Chingachgook, die Große Schlange. Er ist klug und verschlagen. Pfeilspitze dort weiß, was ich damit sagen will.« Während Pfadfinder redete, blickten sich die beiden Indianer fest an. Der Tuscarora trat dann vor und redete den anderen augenscheinlich auf eine freundliche Weise an.

»Das seh’ ich gern«, lächelte Pfadfinder.