»Die Begrüßung zweier Rothäute in den Wäldern, Meister Cap, gleicht dem Anruf befreundeter Schiffe auf dem Ozean. Aber mir fällt, da wir vom Wasser sprechen, mein junger Freund Jasper Western ein, der etwas von diesen Dingen verstehen muß, da er sein Leben auf dem Ontario zugebracht hat.«
»Ich freue mich, Sie kennenzulernen, Freund«, erklärte Cap, indem er dem Süßwassermatrosen einen herzlichen Händedruck gab, »obgleich Ihnen noch viel zu lernen bleibt, wenn ich bedenke, in welche Schule man Sie geschickt hat. Dies ist meine Nichte Mabel. Ich nenne sie Magnet.«
»Ich freue mich«, sagte der junge Mann und sah das errötende Mädchen an, »ich bin überzeugt, daß der Seemann, dessen Steuer Ihr Magnet führt, das Land niemals schlecht ausmachen wird.«
»Sie gebrauchen einige Seeausdrücke, wie ich höre, und zwar richtig und verständlich. Merkwürdig, da Sie doch sicher mehr grünes als blaues Wasser gesehen haben«, sagte der erfahrene Seemann mit der Miene eines Gönners.
»Ja, wir verlieren selten länger als vierundzwanzig Stunden das Land aus den Augen«, erwiderte der junge Mann bescheiden.
»Leider, Knabe, leider! Das kleinste Stückchen Land sollte für einen Seemann mehr als genug sein. Nun, Meister Western, rund um Ihren ganzen See ist sicher mehr oder weniger Land, was?«
»Aber Onkel, auch um den Ozean ist mehr oder weniger Land«, fiel Mabel rasch ein; denn sie fürchtete, der junge Mann könnte ihrem Onkel die Pedanterie verargen.
»Nein, Kind, es ist mehr oder weniger Ozean um jedes Land. Das sage ich den Leuten an der Küste immer. Sie leben sozusagen inmitten der See, ohne es zu wissen, als Geduldete, wenn ich mich so ausdrücken darf. Das Wasser ist doch das mächtigste und verbreitetste Element. Aber die Selbstgerechtigkeit in der Welt hört nie auf. Ein Bursche, der nie in seinem Leben Salzwasser gesehen hat, glaubt mehr davon zu wissen als einer, der Kap Horn umsegelt hat. Nein, nein - diese Erde ist so ziemlich eine Insel, und alles, was man nicht mit vollem Recht so nennen kann, ist Wasser.«
Western achtete Seeleute vom Ozean. »Was Sie sagen, Herr«, antwortete er ruhig, »kann richtig sein, wenn es sich um den Atlantischen Ozean handelt, aber hier, auf dem Ontario, halten wir das Land hoch.«
»Und warum? Weil ihr immer landumschlossen seid«, antwortete Cap herzlich lachend. - »Aber dort ist Pfadfinder mit einer dampfenden Platte und lädt uns zum Essen ein. Ich muß zugeben, Wildbret findet man nicht auf der See.«
Alle setzten sich jetzt um das Feuer, und Jasper Western sorgte für Mabel, die sich noch lange der freundlichen Aufmerksamkeit des jungen Matrosen bei diesem ersten Zusammentreffen erinnerte. Er rückte ein Holzstück herbei und richtete es ihr zum Sitz ein, holte ihr ein gutes Stück Wildbret und unterhielt sich mit ihr höflich, während Pfadfinder und der alte Cap miteinander sprachen. Die Indianer aßen schweigend.
»Ihr Leben muß wohl etwas Anziehendes haben, Herr Pfadfinder«, sagte Cap, als der Appetit soweit gestillt war, daß sie wählerisch unter den saftigen Bissen herumfuhren, »es hat etwas von dem Abenteuerlichen und Gefahrvollen, das uns Seeleuten gefällt, und wenn es bei uns ganz Wasser ist, so ist es bei Ihnen ganz Land.«
»Nein, wir haben auf unseren Reisen und Märschen auch Wasser«, erwiderte der Jäger, »wir Grenzleute handhaben das Ruder und den Speer fast ebenso oft wie die Büchse und das Jagdmesser.«
»Gut - aber handhaben Sie auch die Brasse und die Buglinie, das Lot und die Pinne, die Reefseising und das Stengenwindreep? Das Ruder ist eine gute Sache in einem Kanu, keine Frage, aber was nützt es bei einem Schiff?«
»Ich achte jeden Beruf und glaube wohl, daß die Dinge, die Sie so wunderlich nennen, ihren Nutzen haben. Wer, wie ich, mit so vielen Menschen aus den verschiedensten Stämmen gelebt hat, weiß zu unterscheiden, was Sitte ist. Ich bin noch nicht alt, aber ich habe in den Wäldern gelebt und kenne die Menschen einigermaßen. Ich hielt nie viel auf die Gelehrsamkeit der Städter, ich fand nie einen, der ein Auge für eine Büchse oder für eine Spur hatte.«
»So denke ich auch auf ein Garn, Meister Pfadfinder. Ein menschliches Wesen wird durch dieses Straßenlaufen und Kirchengehen am Sonntag und Predigtanhören niemals ein Mann. Schickt mir die Jugend hinaus auf den breiten, herrlichen Ozean, wenn ihr die Augen öffnen wollt, und laßt sie fremde Völker sehen. Da haben wir meinen Schwager, den Sergeanten: er ist in seiner Art ein guter Kerl; aber was ist er überhaupt? Nichts als ein Soldat. Als er die gute Bridget, meine Schwester heiraten wollte, sagte ich ihr, was er war und was sie von einem solchen Gatten zu erwarten haben würde. Aber Sie wissen, wie es bei Mädchen ist, die sich in eine Neigung hineinbugsieren ließen. Der Sergeant ist avanciert und soll im Fort ein wichtiger Mann sein, aber sein armes Weib hat das nicht mehr erlebt; denn sie ist nun seit fünfzehn Jahren tot.«
»Der Soldatenberuf ist ehrenvoll, vorausgesetzt, daß einer auf der Seite des Rechtes kämpft«, erwiderte der Pfadfinder, »und da die Franzosen immer unrecht haben und Seine Majestät und die Kolonien immer recht, so nehme ich an, der Sergeant hat ein gutes Gewissen und einen guten Charakter obendrein. Ich habe nie besser geschlafen, als wenn ich gegen die Mingos focht. Wenn Sie etwas von Grausamkeiten der Indianer gehört haben, Meister Cap, so können Sie es unbewiesen von den Mingos glauben.«
»Glücklicherweise«, sagte Cap, indem er auf die beiden Indianer blickte, »werden die Verbündeten Seiner Majestät es schwerlich jemals wagen, einen getreuen Untertan Seiner Majestät auf ihre grausame Weise zu behandeln. Ich habe zwar nicht lange in der Königlichen Marine gedient; aber ich habe gedient, und das ist etwas, und ich habe das Meinige vollständig getan, indem ich durch Kapern und Jagen der feindlichen Schiffe dem Lande Nutzen brachte. Aber ich hoffte, es gibt keine französischen Wilden auf dieser Seite des Sees, denn Sie haben gesagt, der Ontario sei ein großes Stück Wasser?«
»Nun - er ist breit in unseren Augen«, lächelte der Pfadfinder, »obgleich es wohl möglich ist, daß manche Leute ihn für klein halten.
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