Und er ist wirklich klein, wenn er die Feinde fernhalten soll. Der Ontario hat zwei Enden, und der Feind, der sich fürchtet, über seine Breite zu segeln, kann ihn bequem umgehen.«

»Ah, das kommt von diesen verdammten Süßwasserteichen«, brummte Cap und räusperte sich, »hat doch nie jemand etwas davon gehört, daß ein Pirat oder ein Schiff um das eine Ende des Atlantischen Ozeans gekommen wäre!«

»Das Meer hat vielleicht keine Enden?«

»Ganz gewiß nicht; weder Seiten noch Boden. Das Volk, das sich sicher an einer seiner Küsten vor Anker gelegt hat, hat nichts von einem anderen zu fürchten, das auf der Luvseite ankerte, wie wild es auch sein mag, es müßte denn die Schiffsbaukunst kennen. Nein, nein! Das Volk, das an den Ufern des Meeres lebt, hat nur wenig für seine Haut oder seinen Skalp zu fürchten. Man kann sich abends auf sein Lager strecken und sein Haar am nächsten Morgen noch unversehrt auf dem Haupt finden, man müßte denn eine Perücke tragen.«

»Hier ist es anders. Ich wünsche das junge Mädchen nicht zu ängstigen und will darum nicht in Einzelheiten gehen. Aber auf dieser Seite des Ontario sind ungefähr ebenso viele Irokesen wie auf der anderen. Gerade aus diesem Grund, Freund Cap, hat der Sergeant uns Ihnen entgegengesandt und aufgetragen, Ihnen den Pfad zu zeigen.«

»Wie, die Schurken wagen es, sozusagen unter den Kanonen eines der Forts Seiner Majestät zu kreuzen?«

»Sie treiben sich überall herum«, antwortete der Jäger. »Die Große Schlange ist auf der einen Seite des Flusses heraufgekommen und ich auf der anderen, um die leichtfüßigen Schurken auszuspähen, und Jasper, den wir meistens ›Eau douce‹ nennen, brachte das Kanu herauf. Der Sergeant sagte ihm mit Tränen in den Augen alles, was sein Kind betraf, und wie sehr sich sein Herz nach ihr sehne und wie sanft und gehorsam sie sei, bis mir es vorkam, er würde sich lieber allein in ein Mingolager stürzen als zu Hause bleiben.«

»Wir danken ihm, obgleich sich der Knabe, wie es mir scheint, gerade keiner großen Gefahr aussetzte.«

»Sachte. Unter allen gefahrvollen Reisen ist die einem waldbestandenen Fluß entlang die gefährlichste, und diese Gefahr hat Jasper überwunden.«

»Wie konnte aber der Sergeant mich nur veranlassen, hundertundfünfzig Meilen auf eine so ungewöhnliche Art zu reisen? Gebt mir offenes Meer und laßt mich dem Feind ins Gesicht sehen, aber wie eine Schildkröte im Schlaf sich erschießen zu lassen, ist nicht nach meinem Sinn. Wäre es nicht der kleinen Magnet wegen, ich würde mich den Augenblick wieder einschiffen, in aller Eile nach York zurückkehren und den Ontario für sich selbst sorgen lassen, mag er nun Süß- oder Salzwasser haben.«

»Die Sache würde dadurch nicht besser, Meister Cap, da der Rückweg bei weitem länger und fast ebenso gefährlich ist wie der Pfad, der vorwärts führt.

Vertrauen Sie uns, und wir werden Sie sicher durchbringen oder unsere Skalpe lassen.«

Charles Cap trug einen dichten, festen Zopf, der mit Aalhaut umwickelt war, während der obere Teil seines Kopfes fast kahl war. Mechanisch fuhr er mit der Hand über beides hin, als wolle er sich überzeugen, daß sie noch an ihrer Stelle wären. Er war aber von Herzen ein kühner Mann und hatte dem Tod oft ins Auge gesehen. Da an eine Rückkehr nicht mehr zu denken war, beschloß er, zu dem bösen Spiel die möglichst beste Miene zu machen. Innerlich aber fluchte er über die Gleichgültigkeit und Unklugheit, mit der sein Schwager ihn in diese Lage gebracht hatte. »Ich zweifle nicht, Meister Pfadfinder«, antwortete er, »daß wir wohlbehalten in den Hafen einlaufen werden. Wie weit sind wir jetzt noch vom Fort entfernt?«

»Wenig mehr als fünfzehn Meilen, und noch dazu Meilen so rasch wie der Fluß strömt, wenn die Mingos uns in Ruhe lassen.«

»Und die Wälder, scheint es, dehnen sich Backbord und Steuerbord entlang, wie bisher?«

»Wie?«

»Ich meine, wir werden unseren Weg durch die verteufelten Wälder suchen müssen?«

»Nein - nein - Sie werden in einem Kanu fahren; die Truppen haben den Oswego vom Treibholz gesäubert. Wir werden mit der Strömung hinabgehen, und zwar reißend schnell.«

»Und wer, zum Teufel, wird diese Mingos abhalten, uns totzuschießen, wenn wir um einen Bergvorsprung fahren? - Kommt, kommt, Pfadfinder«, fuhr er schnell fort, - »wir haben die Sonne heute nur noch wenige Stunden und würden besser tun, aufzubrechen, solange es noch angeht. Magnet, Herzkind - bist du noch nicht bereit, unter Segel zu gehen?«

Mabel fuhr auf, errötete und machte sich zur Abreise fertig. Keine Silbe von dem Gespräch ihres Onkels hatte sie gehört. Jasper hatte von ihrem Vater, den sie seit ihren Kindesjahren nicht gesehen hatte, erzählt und von der Lebensweise hier auf dem Grenzposten. Aber in wenigen Minuten waren alle zum Aufbruch fertig. Als man die Stelle verließ, sammelte Pfadfinder zum Erstaunen seiner Reisegefährten einen Armvoll Äste und Zweige und legte sie auf die Asche des Feuers, wobei er bedacht war, daß er einige feuchte Holzstücke dazulegte, um einen Rauch zu erzeugen, der so schwarz und dicht wie möglich war.

»Wenn Sie Ihre Spur verbergen wollen, Jasper«, sagte er, »so kann ein Rauch beim Weggehen aus dem Lager eher nützen als schaden. Wenn sich innerhalb zehn Meilen um uns ein Dutzend Mingos befinden, so ist gewiß ein Teil von ihnen auf den Höhen oder auf den Bäumen, um sich nach Rauch umzusehen. Nun, sie sind da willkommen, wo wir waren.«

»Könnten sie aber nicht unsere Spur suchen und uns folgen?« fragte der junge Mann. »Wir lassen einen breiten Pfad zum Fluß hinter uns.«

»Je breiter, desto besser. Wenn wir dort sind, wird es selbst keinem Mingo möglich sein, den Weg anzugeben, den unser Kanu genommen hat - flußauf oder flußab. Das Wasser ist das einzige Ding in der Natur, das eine Spur völlig vertilgt und auswäscht. Wenn den Mingos irgend etwas bekannt geworden ist, so wissen sie, daß Leute das Fort verlassen haben, und sie werden sich nicht denken können, daß wir eben nur bis hier heraufkamen, um das Vergnügen zu haben, wieder zurückzukehren.«

»Gewiß«, sagte Jasper, der sich, als sie dem Windbruch entgegengingen, mit dem Pfadfinder abseits unterhielt, »sie können nichts von der Tochter des Sergeanten wissen, denn man hat ihre Reise streng geheimgehalten.«

»Und hier werden sie nichts erfahren«, antwortete Pfadfinder, der seinen Gefährten anwies, mit der größten Sorgfalt in die Spuren zu treten, die Mabels kleiner Fuß auf den Blättern zurückließ, »dieser alte Salzwasserfisch müßte denn seine Nichte im Windbruch herumgeführt haben wie ein Rehkalb, das an der Seite der Ricke spielt.« Jasper lachte und schüttelte den Kopf.