Du bist die gute Stund' selber.

BRIGITTE. Na, na, na, bau nur nit z' stark auf mein' Gutheit.

ANNERL. Ich bleib' dabei, du bist die gute Stund', wie s' die Glocken vom Turm gibt; wenn du ausbrummt hast, is auf a sechzig Minuten wieder a Fried'. Und dann der hochwürdige Herr, das is a Mann, um den z' sein is a wahre Freud'; ich glaub', bei dem müßt' der ärgste Sünder wieder a rechter Mensch werd'n!

BRIGITTE. Na, du machst dir's aber a z' nutz!

ANNERL stolz. Das will ich meinen.

BRIGITTE. Aber von weiten!

ANNERL. Geh, du frotzelst mich.

BRIGITTE. Laufst etwa nit von wo d' stehst und hebst dich net vom Sitz, wenn d' sein' Stimm' oder nur sein' Tritt in der Näh' hörst?

ANNERL verlegen. Das is doch g'wiß net so, das hat dir auch nur g'träumt!

HELL hinter der Scene von links. Brigitte!

ANNERL faßt hastig den Sack, rafft das »Schwingerl« vom Boden. Es weht schon die Abendluft, ich werd' unser Sach hineintrag'n. Will gehen.

BRIGITTE. Möchtst nit bleib'n!

ANNERL wendet sich. Was thun?

BRIGITTE. Mir aus'm Traum helfen, Annerl!

 

Zweite Scene.

Vorige. Hell von links aus dem Garten, ein Buch unter dem Arme.

 

HELL. Ah, da seid ihr ja beide. Brigitte, da, trage das Buch auf mein Zimmer. Gibt ihr dasselbe.

BRIGITTE nimmt das Buch und das Spinnrad auf und geht in das Haus ab.

ANNERL steht an dem Stuhle, den Brigitte verlassen hat, und blickt in die Scene links.

HELL. Nach was blickst du denn aus, Anne?

ANNERL. Ich schau', wie die Sonn' untergeht.

HELL tritt hinzu. Wir sehen das Tag für Tag und es bleibt doch schön.

ANNERL. Recht schön!

HELL. An was denkst du? Du hast feuchte Augen.

ANNERL. Ich weiß nit, ich war erst recht lustig – aber wie ich da so schau', fall'n mir auf einmal alle ein, die mir recht nah' gangen sein und jetzt die Sonn' nimmer untergehn sehn.

HELL. Unsere Heimgegangenen! Der Herr lasse sie ruhen in Frieden!

ANNERL. Amen!

HELL. Die letzte meiner Familie, die ich zu beweinen hatte, war meine Schwester.

ANNERL sich zu ihm wendend. Die war g'wiß kreuzbrav!

HELL.