Brav, klug und schön! Sie und die Mutter, beide lebten, als ich noch Student war, und das spornte nicht wenig meinen Fleiß; ich wollte ihnen alle Freude machen und ich dachte mir das so recht hübsch, wenn ich eine Pfarre bekäme, wie wir da immer beisammen leben und bleiben wollten. Eine Familie haben, ja nur ihr angehören, ist doch etwas Schönes.
ANNERL. Nicht wahr? Oft hab' ich mir's schon gedacht, selbst im Himmel kommt erst die heilige Familie und dann die einschichtigen heiligen Männer und Jungfrau'n.
HELL lächelnd. Meinst du?
ANNERL kleinlaut. Bin ich 'leicht fürwitzig?
HELL. Nein, Anne.
ANNERL. Aber ich bin so viel an meiner Mutter g'hängt und mit ihr hab' ich auch mein' Vater selig in Erinnerung g'habt und so bin ich – wenn ich heut a rechtschaff'nes Dirndl heiß – es niemanden schuldig als ihnen! Kinder, dö so zur Welt kommen, ohne daß's oft Vater und Mutter wissen, sein doch recht traurig dran; sie machen niemand so a herzliche Freud', wenn s' brav sein, und kein Herzleid, das s' ihnern Liebsten anthun könnten, bringt s' vom Bösen ab – und nachher wundert sich d'Welt, wenn s' keine rechten Leut' werd'n!
HELL. Das denkst du fromm und klug.
ANNERL sieht zu Boden. Wie d' mich aufg'nommen hast, hochwürdiger Herr, hast mich brav g'heißen, jetzt nennst mich klug – wann d' mir noch eins sagst, so hast mir alle guten Wort' geb'n, wie deiner Schwester selig.
HELL faßt ihre Hand. Wie meiner Schwester? Ja, ganz recht, brav, klug und – schön. Regt sich doch die Eitelkeit ein wenig bei dir?
ANNERL hebt den Kopf. Na, ich bin g'wiß net eitel.
HELL. Ich habe doch eine kleine Eitelkeit an dir bemerkt.
ANNERL. O mein Gott! Sag's, hochwürdiger Herr, ich werd's g'wiß nimmer blicken lassen.
HELL. Neulich, als du mein Zimmer in Ordnung brachtest, lag auf meinem Sekretär ein Kreuzchen mit einer Kette; du hattest es in die Hand genommen – ich habe deine Gedanken wohl erraten, wenn ich meine, daß du es für dein Leben gern gehabt hättest.
ANNERL leise. Ja, hochwürdiger Herr, weil – weil alle Dirndln da um Kirchfeld solchene Kreuzeln trag'n.
HELL. Ich wollte dir eine Freude machen, ich habe das Kreuzchen zu mir gesteckt Zieht es aus der Tasche. ich will es dir schenken.
ANNERL. Mir? Was du gut bist – aber das Kreuzel is ja schwer Gold.
HELL. Du sollst eben nicht denken, daß es von Gold, als vielmehr, daß es ein Kreuz ist.
ANNERL. Ich denk' auch nur dran deswegen, weil du mir's schenken willst.
HELL. Nimm nur! Gibt es ihr. Es ist ein Geschmeide meiner verstorbenen Mutter.
ANNERL erschreckt. Von deiner Mutter selig? Na, da behalt's nur, das bin ich nit wert.
HELL. Ich wüßte niemanden, in dessen Händen ich es lieber sehen würde, als in den deinen.
ANNERL verwirrt und errötend. Du mußt mir aber doch recht gut sein, weil d' mir das Kreuzel gönnst?
HELL. Das kannst du noch fragen, Anne?
ANNERL sinkt mit ihrem Gesichte auf seine Hände, schluchzend. O du mein Gott und Herr!
HELL. Was ist dir, Anne?
ANNERL erhebt sich. Nichts, gar nichts!
HELL.
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