Wendet sich gegen den Kommenden.

 

Zweite Scene.

Voriger, Hell von links.

 

FINSTERBERG grüßend. Gelobt sei Jesus Christus!

HELL dankt. In Ewigkeit! Will vorüber.

FINSTERBERG vertritt ihm den Weg. Ich habe vielleicht noch die Ehre, gekannt zu sein?!

HELL ihn erkennend und sich verbeugend. Excellenz, Herr Graf von Finsterberg?! O, gewiß kenne ich den Mann, dem mich einst mein Gönner, der Propst von Elfkirchen, so warm empfahl und dessen großmütiger Fürsprache und Verwendung ich einzig meine Stellung verdanke. Ich darf wohl hoffen, dieser Verwendung bis nun keine Unehre gemacht zu haben?

FINSTERBERG. Hm, hm, Unehre?! Unehre, nein, jedoch verzeihen Sie, daß ich Ihnen kein Gegenkompliment machen kann, das verbietet, offen gesagt, die Aufrichtigkeit. Ihre Seelsorge wäre vielleicht gedeihlich in friedlichen Zeiten, wir leben aber in kritischen Tagen und ein Mann der streitenden Kirche sind Sie nicht.

HELL unruhig. Excellenz, wenn Tadel in diesen Worten liegen soll, so sei es aufrichtig gestanden, daß ich denselben nicht zu fassen weiß. Sie setzen mir da einen Zweifel in die Seele, der keinen Namen hat, denn bisher glaubte ich nur meine Pflicht gethan zu haben.

FINSTERBERG wiegt den Kopf. Ja, ja, der Beruf ist der verantwortlichste und der Hauptfehler junger Leute liegt darin, sie wollen andere leiten und sich nicht leiten lassen; und da braucht's eine feste Hand, die unbarmherzig die wunden Stellen ihrer eitlen Selbständigkeit berührt, die ihnen zeigt, wie sie daran gehen, sich unmöglich zu machen und ihre schöne Stellung samt aller Aussicht für die Zukunft um Flitter und Tand in die Schanze zu schlagen. Fast väterlich. Ich habe Ihnen einst die Hand zu Ihrem Emporkommen geboten, als ich Sie nicht gekannt, jetzt kenne ich Sie, weiß, was Ihnen not thut, werden Sie nun den Rat, den ich Ihnen zu Ihrem Fortkommen biete, zurückweisen?

HELL. O gewiß nicht! Ich bitte Sie vielmehr inständigst darum, Herr Graf.

FINSTERBERG. Ja, ja, mein guter Hell, da Sie darum bitten, so sollen Sie meinen Rat haben, so warm als er aus meinem ehrlichen alten Herzen kommt. Lächelnd. Brühwarm sollen Sie ihn haben! Hähähä ... So treten Sie doch näher.

 

Hell tritt langsam näher.

 

FINSTERBERG. Sehen Sie, ich habe früher gesagt, Sie seien kein Mann der streitenden Kirche, jetzt sag' ich Ihnen noch obendrein, Sie sind auch kein Mann der herrschenden Kirche! – Na, nur nicht verzagt, mein Sohn, ich habe Sie niedergestreckt, ordentlich niedergestreckt, aber mit diesen Händen will ich Sie wieder aufrichten ... hähähä! ... lacht nicht; Sehr jovial. lacht nicht, der Tausendelementer – hähähä! Warum nicht?

HELL. Nun, ich dächte, die Sache wäre eben zu ernst, wenn Sie über meine Zweifel mich dadurch hinausführen wollen, daß ich Sie entweder dumm oder dreist verlache, dann bin ich der Mann nicht, den Sie je aufrichten, ich bin weder zur Gleichgültigkeit, noch zur Heuchelei angethan.

FINSTERBERG verbirgt seine Verlegenheit hinter ein groteskes Gesicht, pfeift vor sich. Hüh, ist das ein ernster Ritter und noch so jung. Nun gut! Legt plötzlich das Gesicht in ernste Falten. Also, bester Herr Pfarrer, halten Sie die zwei Begriffe fest: herrschende und streitende Kirche, das führt Sie zu dem Begriffe strenger Subordination, führt Sie zu dem Begriffe eines Oberhauptes, das diese Kirche beherrscht, das sie in stürmischen Zeiten befehligt.

HELL. Ich muß gestehen, ich habe den ersten Ausdruck stets nur im Sinne der Demut und den andern im Sinne geistigen Kampfes genommen; die Macht der Kirche ist doch der Glaube und der wohnt im Menschenherzen, hier herrscht die Kirche als Friedensfürstin und hier auch ist ihr Kampfgefild gegen die finstern Leidenschaften und Laster.

FINSTERBERG. Lieber Hell, nur nicht mit Phrasen und Bildern spielen, das mag bei Ihren Bauern taugen, doch unter uns bleiben wir hübsch auf dem Boden der Wirklichkeit; die Welt ist wirklich und Gott ist wirklich. Nehmen Sie auch ja nicht bildlich, was ich spreche.

HELL. Ich habe nie noch etwas bildlich genommen, das sich nicht wirklich verwerten läßt; bei unsern heiligen Büchern, die selbst die Bildersprache führen, hab' ich mich nie bedacht, das Bild im größeren Sinne zu nehmen; denn die Deutungen, sie müssen mit den Zeiten wachsen, sonst geht's dem Occident wie dem weiten Orient, der regungslos nun vor uns liegt wie ein über seinen Bildern eingeschlafnes Kind.

FINSTERBERG für sich.