Wißt's, es is a Zwifil-Ehe!

WIRT. Nöt möglich!

HANNSL beteuernd. Na, wenn ich's sag', so is's a Red'! Der Thalmüller-Loisl heirat' die lutherische Bernbrunner-Franzl.

WIRTIN. Da könnt' man schon irr' werd'n, was s' heuttags für neue Bräuch' aufbringen.

HANNSL stößt den Wirt an. Voda, die Muada wird am Neuchen irrsinnig, das heißt man »reaktionnarrisch«.

WIRT. Jetzt werd' i dir aber gleich, kecker Bub –

 

Forte. Musik.

 

WALLFAHRERCHOR hinter der Scene, von oben rechts.

O stärk uns, Herr, an Seel' und Leib,

Auf daß wir rüstig kämpfen,

Des Satans höllisch Sündenreich

Und seinen Hohn zu dämpfen!

WIRT läßt den Schopf Hannsls fahren. Da sein's schon!

HANNSL. Dös is g'scheit!

HOCHZEITSREIGEN hinter der Scene, von Seite links.

Heirassa, Hochzeit is,

Das is recht schicklich,

Heirassa, brave Leut'

Werd'n all'mal glücklich!

HANNSL. Juhu, da sein die a, jetzt kann's was setzen!

 

Während die beiden Züge sichtbar werden, nach und nach die Wege herauf- und hinabmarschieren, singen sie da capo, doch gleichzeitig, jeder einen Chor. Der Gesang bricht momentan ab, wie der Schulmeister sein »Halt« schreit; der Zug der Wallfahrer hat dem Hochzeitszug den Weg zu verlegen; sobald beide Züge also stehen, ruft.

 

SCHULMEISTER. Halt! Was für profane Töne schlagen an unsere Ohren?!

MICHEL Zugführer des Brautzuges, geputzt mit Bändern und Blumen, eine große Stange tragend, ebenfalls mit Blumen aufgeputzt, an deren Ende ein riesiger Strauß. Na, was gibt's? Laßts uns ruhig vorbeipassier'n und gehts euern Weg.

SCHULMEISTER. Halt, sag' ich! Seh' ich recht? O, langmütiger Himmel! Altöttinger, hier seht ihr den ganzen Greuel des Unglaubens, der mit der sogenannten neuen freien Zeit über die Welt, ja selbst über unsere friedlichen, frommen Thäler hereingebrochen ist! Während wir zu unserer Erbauung nach Matrey ziehen, seht ihr hier die Kirchfelder, aufgeputzt wie die Schalksnarren, unter Sang und Klang den breiten Pfad der Sünde wandeln; diese Gemeinde schickt keinen einzigen Mann nach Matrey! Warum nicht? Weil sie einem öffentlichen Sünder das Geleite geben muß!

MICHEL. Das gang dich und ganz Altötting ein' Teufel an; aber weil d' dich gar so kratzt, wo's dich doch nicht juckt, so kannst auch wissen, warum wir nicht nach Matrey gehen; weil unser Herr Pfarrer g'sagt hat, wir sollen's sein lassen, die Herren dorten könnten alles, was sie reden, recht gut meinen, aber wir könnten's falsch verstehn!

SCHULMEISTER hustet verlegen. So, so, der Herr Pfarrer, hm, hm!

MICHEL. Ja! Und was ich weiß, das is, daß uns in Matrey und anderswo nur g'sagt wurd', die neuen G'setz' sei'n nix nutz – von den nämlichen Leuten, die ehnder es nit der Müh' wert g'funden hab'n, uns aufz'klär'n, warum grad die alten was hätten taug'n soll'n!

SCHULMEISTER. Schweig du und laß mich reden! Thalmüller-Loisl, öffentlicher Sünder, tritt vor, ich beschwöre dich, tritt vor! Siehst du nicht in dieser wunderbaren Begegnung, die ist, als ob sich dir die Heerscharen des Himmels selbst entgegenwürfen, einen Fingerzeig des Himmels?! Noch ist es Zeit, laß die unheilvolle Hand der Ketzerin fahren! Willst du der erste sein, der unserm Lande das verdammungswürdige Beispiel einer solchen Ehe gibt?

LOISL verlegen. Aber, Schulmeister, einer muß doch anfangen!

SCHULMEISTER. Lästerung! Keiner darf anfangen! Hast du auch den Schritt wohl überlegt, wie willst du mit der Haus- und Kinderzucht aufkommen? Dein Weib haltet nichts auf deinen Glauben und lacht dich hinter deinem Rücken aus – und was kannst du auf ihren Glauben geben, ohne selbst den deinen zu verleugnen? Was aber willst du deinen Kindern einst sagen, wenn sie so klug geworden sind und dich fragen: Wer glaubt denn recht von euch beiden, du oder die Mutter?

LOISL kratzt sich hinterm Ohr. Das werd'n die kloan Sakra doch net frag'n!

SCHULMEISTER triumphierend. Das werden sie, verlaß dich drauf, das werden sie gewiß.

MICHEL schlägt Loisl auf die Achsel. Zerstudier dich net, sag ihnen das, was man uns vor Zeiten g'sagt hat, wann wir ung'leg'n g'fragt haben: »Halts es Maul!«

SCHULMEISTER. So redest du? Begreiflich, sehr begreiflich, du hast uns ja selbst enthüllt, daß ihr Kirchfelder einen reißenden Wolf im Schafspelze zum Pfarrer habt!

LOISL. Unsern Pfarrer verschimpf uns nit, du reißend's Schaf im Wolfspelz! Uns dekuraschierst net, wenn du auch noch so herumschreist! Wie wir heut morgen auszog'n sein aus unserm Ort, so sein wir auch am Pfarrhof vorbei. Wer steht an der Thür? Der Herr Pfarrer! Wir grüßen ihn, er lacht freundlich, ich nehm' mir ein Herz, denn denk' ich mir, es ist wegen der G'meind', es gibt ja vielleicht doch manche, die etwa glauben, ich begeh' a Todsünd', weil ich die Franzl heirat', die a Lutherische is – ich geh' also hin mit ihr, wir küssen ihm die Hand und ich sag': »Hochwürden, ich thät' recht schön bitten –« Und verstanden hat er mich, hat ihr die Hand aufs Köpferl g'legt und hat g'sagt: »Der Herr geseg'n und behüt' dich!« In der Kirch'n hat er das freilich nit können, aber unser Pfarrer is a ein Pfarrer außer der Kirchen!

SCHULMEISTER. Und soll es uns denn wundern, wenn da das Verderben hereinbricht?! Die Langmut Gottes ist unendlich –

MICHEL. Aber doch nit so lang wie du, Schulmeister, sonst wär' s' schon lang' ab'brochen! Lachen.

SCHULMEISTER. Du spottest – und ihr lacht?! Lachet nicht!

MICHEL. Jetzt halt 's Maul und red: Willst du uns Kirchfelder ruhig vorbeilassen oder nit? Sag's, nachher wissen wir schon, was wir zu thun haben.

SCHULMEISTER zieht sich furchtsam zurück, hinter ein paar Bauern hervoragierend.