Gott weiß, was für Zwangsmittel Sie gegen Gine in der Hand haben. Trotzdem, Sie werden Leslie Gine nicht heiraten, Gilder!«

»Ist das eine Drohung?«

»Fassen Sie es auf, wie es Ihnen beliebt. Und jetzt zu unserer geschäftlichen Angelegenheit! Sie erwarben unsere Red Farm von Leonard für dreitausendfünfhundert Pfund. Wollen Sie von dem Kauf bei einem Profit von fünfhundert Pfund zurücktreten?«

»Wie käme ich dazu? Ich beabsichtige, dort Wohnsitz zu nehmen, und wüßte nicht, was mich daran hindern sollte.«

»Ich hatte mich gefragt, warum Sie gerade auf unsere Nachbarschaft verfielen. Jetzt sehe ich klar. Doch Sie haben Pech. Leonard benötigt zum Weiterverkauf die Zustimmung meines Bruders, das heißt, die meinige, da ich Generalvollmacht besitze. Als Jurist sind Sie vielleicht mit den verzwickten Bestimmungen über sogenannte Lehngüter, zu denen die Red Farm gehört, vertraut und wissen, daß Sie, falls ich zum Prozeß gezwungen werde, unweigerlich verlieren. Also gutwillige Regelung?«

»Nein.«

»Vielleicht kommen Sie bei ruhiger Überlegung zu einem andern Entschluß.« Dick griff nach seinem Hut. »Und auch in bezug auf Miss Gine sollten Sie sich nicht auf Ihre Absichten versteifen.« »Wenn ich es dennoch tue?«

»Werden Sie es sehr bedauern«, erwiderte Dick gelassen.

14

Leslie ließ kein Wort über das Erlebnis mit Gilder fallen, und auch ihr Bruder vermied das Thema ängstlich. Auf der Fahrt sprach er über geschäftliche Dinge und versank zwischendurch in Grübeln. Mit seinen Nerven schien es nicht zum besten zu stehen. Als Leslie eine belanglose Frage an ihn richtete, zuckte er erschrocken zusammen.

»Ach, entschuldige, was meintest du? Ich war in Gedanken.«

»In unangenehmen, Arthur?«

»Ja, verdammt unangenehmen.«

Sie hatten Chelfordbury fast erreicht. Erst jetzt sagte sie das, was ihr die ganze Zeit auf den Lippen gelegen hatte.

»Arthur, weißt du, was Mr. Gilder von mir wollte?« Und als er stumm blieb: »Er machte mir einen Antrag.«

»Tatsächlich? Sieh mal an!«

»Arthur, hast du es gewußt, als du uns allein ließest?«

»Eine absurde Idee!« wich er aus. »Natürlich ist er kein schlechter Kerl, und man kann es einem Mann ja auch nicht als Verbrechen anrechnen, wenn er sich in ein Mädchen verliebt und es heiraten will.«

»Soll das heißen, daß du ... Aber du weißt doch, daß ich mit Harry verlobt bin, gerade du wolltest mich partout als Gräfin sehen!«

Normalerweise fehlte es Arthur Gine nicht an Zungenfertigkeit, um sich aus heiklen Situationen herauszulügen. Doch jetzt ließ ihn seine Schlagfertigkeit im Stich, und seine Ausflüchte kamen ihm selbst banal vor.

»Mein liebes Mädchen, es macht mir wirklich nichts aus, wen du heiratest, sofern du nur glücklich wirst. Gilder ist sicher ein tüchtiger Mann und besitzt obendrein ein schönes Vermögen .«

Wild fuhr sie auf ihrem Sitz herum und blitzte ihn an.

»Geld! Vermögen! Dauernd betonst du es, nichts anderes bewegt dich! Wo ist mein eigenes Geld?«

Die Frage schoß förmlich aus ihr heraus. Arthur riß sich zusammen, um der neuen Situation gewachsen zu sein.

»Dein Geld? Das ist sicher angelegt - in allen möglichen Rentenbriefen und Aktien ...« Vergeblich versuchte er, einen überzeugenden Ton zu treffen.

»Wieviel Geld besitze ich?«fragte sie unerbittlich.

»Etwa eine halbe Million Pfund. Aber komm, reden wir nicht vom Mammon!«

»Ich will davon reden, Arthur! Habe ich überhaupt noch etwas? Ich kann mir nicht helfen, ich glaube, ich habe gar nichts mehr. Du hast seit Jahren das Geld allein verwaltet, und irgendwie komme ich von der Vorstellung nicht los, daß deine Geschäfte nicht gutgegangen sind.«

»Soll das heißen, daß ich dich bestohlen habe?«

»Das sage ich ja nicht. Aber vielleicht hast du das Vermögen unklug angelegt, vielleicht ist es kleiner und kleiner geworden. Ist es so?«

Einen vertrauensseligen Augenblick lang erwog er, ihr die Wahrheit zu gestehen. Doch Eitelkeit und Zurückschrecken vor der Wirkung, die diese Mitteilung auf einen Menschen haben mußte, für den er immerhin ein Quentchen Liebe empfand, verhinderte die Beichte.

»Verschone mich mit solch lächerlichen Fragen und geschmacklosen Verdächtigungen!«

Der Weg zum Willow-Haus lief am Park von Fossaway entlang. Arthur Gine sah den zerfallenen Bogen der Abtei, rot in der untergehenden Sonne, ein feuriges Fragezeichen, das auffallend zu seiner eigenen Gemütsverfassung, seinen Zweifeln und Hoffnungen, paßte. Wenn es gelang, den Chelfordschatz zu heben, könnte er den Druck Gilders abschütteln, die vier Wechsel bezahlen, für das vergeudete Vermögen seiner Schwester Ersatz leisten ... Aber es war ein Strohhalm, nach dem er griff.

Zu Hause angekommen, verschwand er sofort in sein Schlafzimmer, um sich zum Dinner umzuziehen.

Zu seiner Erleichterung war Leslie bei Tisch in fröhlichster Laune; der Vorfall mit Fabrian Gilder schien vergessen zu sein.

»Du könntest mir einen großen Gefallen tun, Schwesterchen«, begann Arthur, als der Kaffee serviert wurde. »Erinnerst du dich an Harrys Sekretärin Mary Wenner?«

»Gewiß. Dick kann sie nicht leiden.