An seinen Füßen, die mit halbem Saffianleder bekleidet waren, hielt ein großer, mit goldenen und silbernen Zierrathen geschmückter Riemen eiserne Sporen fest, deren Räder mit ihren fünf langen Spitzen und hellklingenden Kettchen sich mit jenem silbernen Geklirr bewegten, nach welchem die mexikanischen Reiter den Gang ihrer Pferde zu kadenziren pflegen. Seine Manga (Mantel), die mit goldenen Borten reich verziert war, bedeckte die weiten Beinkleider, die in der ganzen Länge der Beine mit Knöpfen von Silberdraht besetzt waren.

Sein ursprünglich schwarzes Haar zeigte bereits zahlreiche weiße Fäden; seine schwarzbraunen Gesichtszüge glichen denen der Menschen, welche lange unter einem tropischen Himmel gelebt haben, und schienen mit jener Beweglichkeit begabt, welche ungestüme und ungezügelte Leidenschaften verräth. Seine schwarzen, lebhaften und etwas unstäten Augen glänzten unter einer breiten und knochigen Stirn, welche von frühzeitigen Runzeln durchfurcht war.

»Was wollt Ihr von mir?« frug er den Ankömmling, der ganz das Ansehen eines jener Banditen hatte, welche die zwischen den mexikanischen Ortschaften liegenden Strecken unsicher machen. Er warf auf ihn einen forschenden, durchdringenden Blick, der ganz auf den Grund der Seele zu tauchen schien, und konnte sich einer Geberde der Ueberraschung nicht enthalten.

»Ich habe die Ehre, Ew. Sennoria die Hände zu küssen, und bin« – – –

Cuchillo hielt mitten in seiner Rede inne; er sah einen Mann vor sich, den er trotz der Jahre, die sie sich nicht gesehen hatten, sofort wieder erkannte.

»Was wollt Ihr von mir, habe ich gefragt!« klang es barsch.

»Sennor Kapitano, ich bin ebenso erstaunt als erfreut, Sie« – – –

»Mein Name ist Arechiza, merkt es Euch!«

Da blitzte es in den Augen Cuchillo’s auf.

»Sennor, der Name gleicht dem Schlachtpferde; ist das eine unter mir erschossen, so besteige ich ein anderes. Ist es bei Ihnen nicht ebenso?«

Es war Don Estevan anzumerken, daß er nur mit Mühe einen aufsteigenden Zorn niederzuhalten vermochte, doch klang seine Stimme milder als vorher, als er zum dritten Male frug:

»Was wollt Ihr von mir, Don Petro Cuchillo?«

»Nichts. Ich bringe Ihnen Etwas!«

»Was?«

»Ein großes, werthvolles Geheimniß.«

»Wenn es Werth hätte, würdet Ihr es für Euch behalten!«

»Ich kann seinen Werth nicht ausbeuten und möchte Sie um Ihre Hülfe bitten.«

»So! Worin besteht dieser Werth?«

»In einer Bonanza (zu Tage liegende Goldmasse) von geradezu undenkbarem Reichthume.«

»Wo liegt diese Bonanza? Jedenfalls in Eurer Einbildung.«

»Läge sie nur da, so würde ich es verstehen, sie auszubeuten, darauf können Sie sich verlassen, Sennor Capit – Don Arechiza, wollte ich sagen; da es aber eine wirkliche Bonanza ist, die mitten im Gebiete der Apachen liegt, so kann sie nur durch eine Expedition gehoben werden, welche stark genug ist, es mit den Indianern aufzunehmen.«

»Ah! Und Ihr denkt wirklich, ich sei der Mann, der einer solchen Fabel Glauben schenkt?«

Cuchillo machte Miene, nach dem Messer zu greifen.

»Glauben Sie es oder glauben Sie es nicht, Sennor, das ist mir vielleicht gleich; aber hüten Sie sich, mir eine Beleidigung zu sagen! Es ist ein Unterschied zwischen dem Decke eines Seeschiffes, wo der Kapitano Alles gilt, und dem freien Sonora, wo jedes unvorsichtige Wort einen Messerstich oder eine Kugel kostet.«

»Pah! Deck oder Sonora, ich sage meine Meinung. Uebrigens, um die Sache ein-für allemal beizulegen, wird es Euch lieb sein, wenn ich Euch blos als Cuchillo, wie Ihr Euch jetzt nennt, kenne. Ein Aehnliches nehme ich natürlich auch für mich in Anspruch, wenn unser unerwartetes Zusammentreffen Euch von irgendwelchem Nutzen sein soll. Und nun sagt aufrichtig und ohne Hinterhalt, was Ihr bei mir wollt! Ihr kennt mich genugsam, um zu wissen, daß Ueberschwenglichkeiten bei mir nicht verfangen.«

»Ich bringe Ihnen keine Ueberschwenglichkeit, sondern die reine Wahrheit. Ich kenne eine Bonanza, die Dem, welcher sie auszubeuten vermag, ein unerschöpfliches Vermögen bietet.«

»Wo liegt sie?«

»Das zu sagen, halte ich mich nicht für verpflichtet. Nur eine zahlreiche Gesellschaft darf hoffen, das Gold heben zu können; ich habe mir alle Mühe gegeben, eine solche zusammenzubringen, aber vergebens. Da hörte ich, daß ein Don Estevan de Arechiza in Arispe eine großartige Expedition zusammenbringe, und habe meine letzten Mittel darangegeben, hierher zu kommen, um Ihnen das Geheimniß anzubieten.«

»Und die Geschichte dieser Bonanza?«

»Sie müssen wissen, daß ich seit meiner Rückkehr aus Europa das Gewerbe eines Gambusino treibe; ich habe schon viele Länder unter dem Himmel durchforscht und Goldlager gesehen, die wohl noch keines Menschen Auge erblickt hat.«

»Ihr habt das Gold gesehen und es liegen lassen?«

»Spotten Sie nicht, Don Estevan! Ich habe ein Goldlager gesehen, welches so reich ist, daß Der, welcher es besitzt, nichts weiter braucht, ein Goldlager, so reich, daß der unersättlichste Ehrgeiz damit zufrieden sein kann, denn es reicht vollständig, um sich ein Königreich zu kaufen, ein Goldlager, so reich mit einem Worte, daß ich keinen Augenblick Anstand nehmen würde, dem Teufel meine Seele dafür zu verschreiben!«

»Sennor Cuchillo, der Teufel ist nicht so dumm, eine Seele so hoch zu bezahlen, die er jeden Augenblick umsonst haben kann. Allein, wie habt Ihr dieses Placer entdeckt?«

»Haben Sie einmal den Namen Marcos Arellanos gehört?«

»Ja, er soll der berühmteste Gambusino von Mexiko gewesen sein.«

»Nun wohl. Er ist es gewesen, der mit noch einem Gambusino diese Bonanza entdeckt hat, allein, als sie sich eines Theiles des Goldes bemächtigen wollten, wurden sie von den Indianern aufgespürt und angegriffen. Der Gefährte mußte den goldenen Blick mit dem Tode bezahlen, und Marcos selbst entkam nur mit vieler Mühe. Zu Tubac führte mich der Zufall mit ihm zusammen; er schlug mir vor, mit ihm einen zweiten Versuch zu machen, ich nahm sein Anerbieten an und wir begaben uns auf den Weg. Wir langten glücklich im Goldthale an, wie er den Ort nannte. O, ihr Mächte des Himmels! Sie hätten diese Goldblöcke in der Sonne glänzen sehen sollen! Unglücklicher Weise konnten auch wir blos unsere Augen sättigen. Der Ort ist den Apachen heilig, sie haben einem der berühmtesten ihrer Häuptlinge den Leichenhügel dort errichtet, wir mußten fliehen; ich kam allein zurück… der arme Arellanos; ich habe ihn sehr bemitleidet! Wohlan, das Geheimniß dieses Goldthales will ich an Sie verkaufen.«

»Wer garantirt mir für die Wahrheit des Gesagten und für Eure Treue?«

»Mein eigenes Interesse!«

»Wie so?«

»Ich verkaufe mein Geheimniß an Sie, allein ich gebe meine Rechte auf dieses Placer nicht auf. Ihnen kommt als Haupt der Expedition ein Fünftel des Ertrages zu; das macht zwar einen bedeutenden Theil des Schatzes aus, rechnen Sie aber, daß nur ein Bruchtheil Ihrer Achtzig zurückkommen wird, so bleibt für jeden der Ueberlebenden so viel übrig, daß er den Rest seiner Tage üppig leben kann. Ich verlange, außer einer angemessenen Summe als Preis des Geheimnisses, in meiner Eigenschaft als Führer der Expedition den zehnten Theil der Beute, denn ich werde Ihnen zu gleicher Zeit ein Führer und eine Geißel sein.«

»Ich fasse natürlich die Sache ebenso auf. Wie hoch schlagt Ihr Euer Geheimniß an?«

»Ich verlange nur eine Bagatelle dafür. Das Zehntel, welches Sie mir zusagen werden, ist mir hoch genug, da ich mich dieser unzugänglichen Schätze nicht allein bemächtigen kann. Ew. Sennoria wird mir sodann die Kosten meiner Ausrüstung vergüten, die ich zu fünfhundert Piaster anschlage.«

»Fünfhundert Piaster? Ihr seid wirklich vernünftiger, als ich dachte, Cuchillo, und das giebt mir Vertrauen zu Euren Worten. Ihr sollt die fünfhundert Piaster sowie den zehnten Theil der Beute haben!«

»Wie groß dieselbe auch sein mag?«

»Wie groß sie sein mag; Ihr habt mein Wort! Wo liegt das Goldthal?«

»Jenseits des Präsidio Tubac. Ihre Expedition soll von Tubac ausgehen, Sie brauchen also ihre Route nicht zu verändern.«

»Ganz gut! Und Ihr habt das Gold mit eigenen Augen gesehen!«

»Ich habe es gesehen, ohne es berühren zu können; ich habe es gesehen mit Zähneknirschen, wie der Verdammte durch die Flammen der Hölle hindurch ein Stück des Paradieses sehen würde; ich habe gesehen zentnerschwere Blöcke des gediegenen Metalles und sehe sie noch heut in jedem Traume!«

Diese Worte wurden mit der ganzen Wuth getäuschter Habsucht gesprochen; Arechiza konnte nicht mehr länger an der Wahrheit des Gesagten zweifeln. Er nahm aus einer kleinen aber schweren Kassette einen hirschledernen Beutel und zählte aus demselben Cuchillo zweiunddreißig Quadrupel hin. Dies machte etwas mehr als fünfhundert Piaster.