Der Bergmann macht diesen Weg hin und her, und dazwischengeklemmt liegen siebeneinhalb Stunden grausamer Arbeit. Ich bin nie viel mehr als eine Meile zum Kohleflöz »gereist«, aber oft sind es drei Meilen, und in einem solchen Fall würden ich und die meisten andern, die keine Bergleute sind, überhaupt nie ankommen. Das ist einer der Punkte, die man immer gern vergißt. Wenn man an ein Kohlebergwerk denkt, denkt man an Tiefe, Hitze, Dunkelheit, rußgeschwärzte Gestalten, die auf Mauern aus Kohle einhacken; aber man denkt nicht unbedingt an die Meilen, die man hin- und herkriechen muß. Dazu kommt noch die Frage der Zeit. Eine Schicht zu siebeneinhalb Stunden – das klingt nicht sehr lang; aber pro Tag muß man mindestens eine Stunde für das »Reisen« dazurechnen – öfter zwei Stunden und manchmal drei. Natürlich ist das »Reisen« formal keine Arbeit, und der Bergmann wird nicht dafür bezahlt; es kommt aber der Arbeit so nahe, daß die Unterscheidung sinnlos ist. Es ist leicht gesagt, den Bergleuten mache das nichts aus. Sicher ist es für sie nicht das gleiche, was es für Sie oder mich bedeuten würde. Sie sind seit ihrer Kindheit daran gewöhnt, haben die erforderlichen gehärteten Muskeln und können sich unter Tage mit verblüffender und fast unheimlicher Behendigkeit bewegen. Ein Bergmann senkt den Kopf und rennt mit langen, schwingenden Schritten durch Stollen, durch die ich nur stolpern kann. Vor Ort sieht man sie auf allen vieren, fast wie Hunde, um die Stützbalken schlüpfen. Aber es ist ein erheblicher Fehler, zu glauben, das mache ihnen Spaß. Ich habe mit Dutzenden von Bergleuten darüber gesprochen, und alle gaben zu, daß das »Reisen« harte Arbeit ist; jedenfalls gehört es, wenn man Bergleute unter sich über eine Grube reden hört, immer zu den Diskussionsthemen. Es heißt, daß eine Schicht zum Rückweg immer weniger Zeit braucht als zum Hinweg, aber trotzdem finden alle Bergleute den Rückweg nach dem harten Arbeitstag besonders mühsam. Es ist ein Teil ihrer Arbeit, und sie werden damit fertig, aber zweifellos ist es eine große Anstrengung. Man kann es vielleicht mit dem Besteigen eines kleineren Berges vor und nach der Arbeit vergleichen.

Wenn man in zwei oder drei Gruben gewesen ist, bekommt man allmählich eine Vorstellung von den Arbeitsprozessen unter Tage. (Ich sollte übrigens sagen, daß ich überhaupt nichts von der technischen Seite des Bergbaus verstehe; ich beschreibe lediglich, was ich gesehen habe.) Kohle liegt in schmalen Schichten zwischen enormen Felsmassen, so daß die Kohlegewinnung im Prinzip dem Versuch gleicht, aus einem neapolitanischen Eis die mittlere Schicht herauszulöffeln. Früher wurde die Kohle noch mit Pickel und Brecheisen direkt herausgehauen – eine mühsame Arbeit, denn Kohle ist in ihrem ursprünglichen Zustand fast so hart wie Stein. Heute werden die Vorarbeiten von einem elektrisch angetriebenen Kohleschneider erledigt, das ist im Prinzip eine ungeheuer harte und starke Bandsäge, die sich nicht in vertikaler, sondern in horizontaler Richtung bewegt und deren Zähne mehrere Zoll lang und einen halben oder einen Zoll dick sind. Sie kann sich aus eigener Kraft vorwärts und rückwärts bewegen, und die Männer, die sie bedienen, können sie hin- und herdrehen. Übrigens macht die Maschine eines der schrecklichsten Geräusche, die ich je gehört habe, und wirbelt solche Wolken von Kohlestaub auf, daß man nicht weiter als zwei oder drei Fuß sehen und kaum atmen kann. Die Maschine fährt dem Kohleflöz entlang, legt einen Schnitt in die Kohle und lockert sie fünf bis fünfeinhalb Fuß tief; danach ist es verhältnismäßig einfach, die Kohle, soweit sie gelockert worden ist, herauszulösen. Wo sie »schwer zu bekommen ist«, muß sie allerdings noch mit Sprengstoff gelöst werden. Ein Mann mit einem elektrischen Bohrer, einer stark verkleinerten Form der Bohrer, die man bei Straßenarbeiten verwendet, bohrt in bestimmten Abständen Löcher in die Kohle, füllt sie mit Sprengstoff, stopft sie mit Lehm zu, geht um die Ecke, wenn eine in der Nähe ist (er sollte sich etwa fünfundzwanzig Yards zurückziehen) und zündet den Sprengstoff mit einem elektrischen Stromstoß. Dadurch soll die Kohle nicht herausgesprengt, sondern nur gelockert werden. Gelegentlich ist die Ladung freilich zu stark, und sie befördert nicht nur die Kohle heraus, sondern auch die Decke herunter.

Nach der Sprengung können die »Füller« die Kohle herausbrechen, zu kleineren Stücken zerschlagen und auf das Förderband schaufeln. Zunächst kommt die Kohle in riesigen Brocken heraus, die bis zu zwanzig Tonnen wiegen können. Das Förderband wirft sie in die Waggons, die ihrerseits zum Hauptstollen geschoben und dann an einem endlosen Stahlkabel befestigt werden, das sie zu den Förderkörben zieht. Dann werden sie hochgezogen, und oben wird die Kohle sortiert, indem man sie über Roste laufen läßt, und nötigenfalls wird sie gewaschen.