Dann konnten sie wenigstens das Versicherungsgeld einstreichen. Sie schienen ihn zu spüren, wie er Tag für Tag ihre Substanz aufzehrte, als sei er ein lebender Wurm in ihren Eingeweiden. Manchmal schaute Mr. Brooker vom Kartoffelschälen auf, begegnete meinem Blick und wandte seinen Kopf ruckartig und mit einem Ausdruck unbeschreiblicher Bitterkeit zur Decke, nach Mr. Hookers Zimmer hin. »Das ist doch ein –, nicht wahr?« sagte er. Es war nicht nötig, mehr zu sagen; ich hatte schon alles über die Schliche des alten Hooker gehört. Aber die Brookers hatten an allen ihren Mietern dieses oder jenes auszusetzen, zweifellos auch an mir. Joe, der vom P.A.C. lebte, gehörte praktisch in die gleiche Kategorie wie die Rentner. Der Schotte bezahlte ein Pfund pro Woche, aber er blieb fast den ganzen Tag im Haus, und sie »mochten es nicht, wenn er immer hier rumhing«, wie sie es ausdrückten. Die Zeitungswerber waren den ganzen Tag außer Haus, aber die Brookers hatten sie auf der Pike, weil sie ihre eigene Verpflegung mitbrachten, und sogar Mr. Reilly, ihr bester Mieter, war in Ungnade gefallen, weil Mrs. Brooker sagte, er wecke sie auf, wenn er morgens die Treppe herunterkomme. Sie konnten, wie sie sich ständig beklagten, einfach nicht die richtigen Mieter finden, »bessere Geschäftsherren«, die Vollpension bezahlten und den ganzen Tag weg waren. Ihr idealer Mieter wäre einer gewesen, der dreißig Shilling die Woche bezahlte und außer zum Schlafen nie ins Haus kam. Mir ist aufgefallen, daß Leute, die Zimmer vermieten, ihre Mieter fast immer hassen. Sie wollen ihr Geld, aber betrachten sie als Eindringlinge und bewahren eine sonderbar wachsame, eifersüchtige Haltung, die im Grunde die Entschlossenheit ist, den Mieter nicht zu sehr heimisch werden zu lassen. Das ist die unvermeidliche Folge eines schlechten Systems, nach dem der Mieter im Haus eines andern leben muß, ohne zur Familie zu gehören.

Die Mahlzeiten im Haus der Brookers waren gleichbleibend scheußlich. Zum Frühstück gab es zwei Scheiben Schinken und ein bleiches Spiegelei sowie Butterbrote, die oft schon am Abend vorher geschnitten wurden und auf denen immer Daumenabdrücke waren. Wie taktvoll ich es auch versuchte, ich konnte Mr. Brooker nie dazu bewegen, mich meine eigenen Butterbrote machen zu lassen; jedesmal gab er sie mir Scheibe um Scheibe, jede Scheibe vom festen Zugriff des breiten schwarzen Daumens gezeichnet. Zum Mittagessen gab es gewöhnlich diese Dreipenny-Fleischkuchen, die fertig in Dosen verkauft werden – ich glaube, sie gehörten zum Ladenvorrat –, gekochte Kartoffeln und Reispudding. Zum Tee gab es wieder Butterbrote und abgenützt aussehende süße Kuchen, die vielleicht als altbackene Ware beim Bäcker gekauft worden waren. Zum Abendessen gab es weichlichen, schlappen Lancashire-Käse und Kekse. Die Brookers nannten diese Kekse nie Kekse. Sie bezeichneten sie immer ehrerbietig als Rahmbisquits – »Nehmen Sie noch ein Rahmbisquit, Mr. Reilly; ein Rahmbisquit zum Käse wird Ihnen schmecken« – so beschönigten sie die Tatsache, daß es zum Abendessen nur Käse gab. Mehrere Flaschen Worcestersauce und ein halbvoller Marmeladetopf standen immer auf dem Tisch. Es war üblich, alles, sogar den Käse, mit Worcestersauce zu tränken, aber ich sah nie einen sich an den Marmeladentopf wagen, in dem sich eine unbeschreibliche Masse von Klebrigkeit und Staub befand. Mrs. Brooker nahm ihre Mahlzeiten von uns getrennt ein, aß aber »ein paar Happen« mit bei jeder Mahlzeit, die sich sonst noch ergab, und machte sich immer mit großer Geschicklichkeit an das, was sie den »Boden des Topfes« nannte, d. h. die stärkste Tasse Tee. Sie hatte die Angewohnheit, ihren Mund ständig an einer der Decken abzuwischen. Gegen Ende meines Aufenthaltes ging sie dazu über, zu diesem Zweck Streifen von der Zeitung abzureißen, und am Morgen war der Boden oft mit zerknüllten Bällchen schleimigen Papiers bestreut, die stundenlang liegenblieben. Der Gestank in der Küche war furchtbar, aber wie beim Schlafzimmer bemerkte man ihn mit der Zeit nicht mehr.

Es erstaunte mich, daß dieser Ort für Mietshäuser in Industriegebieten nichts Ungewöhnliches sein konnte, denn im großen und ganzen beklagten sich die Mieter nicht.