Komm' die Kathi! die Mathilde is verloren – Nimmt sie beim Arm. aber ihn werd' ich finden, den Mathildenschnipfer – Grimmig. Und dann werden wir was erleben, von einer nagelneuen Zermalmungsmethode.

KATHI aufschreiend. Ah! probiert's die Methode wo ihr wollt, aber nicht an mein'n Arm.

GLUTHAMMER. Nehmen Sie's nicht übel, aber es gibt Momente, wo der ganze Schlosser in mir erwacht, und da merkt man keine Spur, daß ich jemals Marchandmode g'wesen bin.

 

Geht mit Kathi durch die Mitte links ab.

 

ANTON nach dem Speisesalon sehend, dessen Türe offen geblieben. Da kommt der Herr – und das G'sicht was er macht – ich geh'! Geht auch durch die Mitte links ab.

 

 

Fünfter Auftritt

Lips allein, tritt zur Mitte rechts während dem Ritornell des folgenden Liedes aus der Türe des Speisesalons auf.

 

Lied.

 

1

Ich hab' vierzehn Anzüg, teils licht und teils dunkel,

Die Frack und die Pantalon, alles von Gunkel,

Wer mich anschaut, dem kommt das g'wiß nicht in Sinn,

Daß ich trotz der Garderob ein Zerrissener bin.

Mein Gemüt is zerrissen, da is alles zerstückt,

Und ein zerriss'nes Gemüt wird ein'm nirgends g'flickt,

Und doch – müßt' ich erklär'n wem den Grund von mein' Schmerz,

So stündet ich da, wie 's Mandl beim Sterz.

Meiner Seel, 's is a fürchterlich's G'fühl,

Wenn man selber nicht weiß, was man will.

 

2

Bald möcht' ich die Welt durchflieg'n ohne zu rasten,

Bald is mir der Weg z' weit vom Tisch bis zum Kasten;

Bald lad' ich mir Gäst a paar Dutzend ins Haus,

Und wie s' da sein, so werfet ich s' gern alle h'naus.

Bald ekelt mich 's Leben an, das Grab nur mir g'fallt,

Gleich drauf möcht' ich wern über 1000 Jahr alt,

Bald ärgre ich mich drüber, daß 's Frauenzimmer gibt,

Gleich drauf möcht' ich, daß alle in mich wär'n verliebt.

Meiner Seel, 's is a fürchterlich's G'fühl,

Wenn man selber nicht weiß, was man will.

 

Armut is ohne Zweifel das Schrecklichste. Mir dürft' einer 10 Millionen herlegen, und sagen, ich soll arm sein dafür, ich nehmet s' nicht. Und was schaut anderseits beim Reichtum heraus? Auch wieder ein ödes abgeschmacktes Leben. Wenn einem kleinen Buben nix fehlt, und er is grantig, so gibt man ihm a paar Praker, und 's is gut. Vielleicht helfet das bei mir auch, aber bei einem Bub'n in meinem Alter müßten die Schläg vom Schicksal ausgehn, und von da hab' ich nix zu reskier'n. Meine Gelder liegen sicher, meine Häuser sind assekuriert, meine Realitäten sind nicht zum stehlen – bin der einzige in meiner Familie, folglich kann mir kein teurer Angehöriger sterben, außer ich selber, und um mich werd' ich mir auch d' Haar nicht ausreißen, wenn ich einmal weg bin. – Für mich is also keine Hoffnung auf Aufrieglung, auf Impuls. – Jetzt hab' ich Tafel g'habt, wenn ich nur wüßt', wie ich bis zur nächsten Tafel d' Zeit verbring'! – Mit Abenteuer? mit Spiel? – Das Spielen is nix für ein Reichen, wem 's Verlieren nicht mehr weh tut, dem macht 's Gewinnen auch kein' Freud'! – Abenteuer? da muß ich lachen! für einen Reichen existieren keine Abenteuer. 's Geld räumt zu leicht d' Hindernisse auf die Seiten. Wo sollen da die Abenteuer herkommen? Man is und bleibt schon auf die faden Alletagsgenüsse reduziert, die man mit Hülfe der Freundschaft hinunterwürgt. Das is noch das Schönste, über Mangel an Freunden darf sich der Reiche nicht beklagen. Freunde hab' ich, und das was für Freunde! den warmen Anteil, den sie nehmen, wenn s' bei mir essen, das heiße Mitgefühl, wenn s' mit mir zugleich einen Punschdusel kriegen, und die treue Anhänglichkeit! ob einer zum Losbringen wär'! – keine Möglichkeit! Ich bin wirklich ein beneidenswerter Kerl, nur schad', daß ich mich selber nicht beneid'! –

 

 

Sechster Auftritt

Stifler, Sporner, Wixer kommen aus der Mitte rechts.

Der Vorige.

 

STIFLER zu Lips. Aber, Herr Bruder, sag doch, was ist's mit dir? die Gesellschaft wird immer lauter, du wirst immer stiller, alle Gesichter verklären sich, das deine verdüstert sich, endlich laßt du uns ganz im Stich. –

WIXER. Sein auch richtig alle ang'stochen.

STIFLER zu Lips. Es herrscht eine allgemeine Bestürzung unter den Gästen, weil sie dich nicht sehn.

LIPS. Sie sollen sich trösten, früher haben s' mich alle doppelt g'sehn, also gleicht sich das wieder aus.

WIXER. Wenn s' sehn, du kommst nicht, so verlier'n sie sich halt schön stad, die Anhänglichkeit, die wir haben, die kann man nicht prätendieren von so gewöhnlichen Tischfreund.

LIPS. Freilich!

WIXER. Bist du lustig, ist's recht, bist du traurig, sind wir auch da, und essen stumm in uns hinein, das heißt Ausdauer im Unglück.

STIFLER, SPORNER. Auf uns kannst du zählen.

LIPS. An euch drei hab' ich wirklich einen rechten Terno g'macht.

STIFLER. Komm, trink noch ein Glas Champagner mit uns.

LIPS. Ich hab' keine Freud' mehr dran. Wie ich noch zwanzig Jahr' alt war, damals ja – aber jetzt.

STIFLER.