Apollo war mir günstig,

der Musicant' und Arzt, weil du mich machtest brünstig

zu seiner doppeln Kunst. Die freie Meditrin

verweiste mich durch dich zu ihrem Tempel hin

und hieß mich ihren Freund. Wo werd' ich nun gelassen,

weil du mich so verläßt? Wie auf den rauhen Gassen

des bösen Oceans ein schwacher Nachen wankt,

der keinen Bootsknecht hat, daß er den Port erlangt,

schöpft Wasser, tauchet ein: also gehts meinem Kahne,

der nun Kunst holen soll. Ich bin auf wilder Bahne,

mein Ruder ist entzwei, mein Anker bleibt im Stich',

im bodenlosen Grund'. O du mein selber Ich!

Mein Alles und mein Nichts, ach Liebster! war dein Name,

der's wol auch bleiben wird, so lang' ein Körnlein Same

der Seelen in mir bleibt! Die Faust erstarret mir,

die Tränen schwemmen aus die Dinte vom Papier'.

Ich kan, ich kan nicht mehr! So nim doch hin, mein Leben,

den Kuß, den letzten Kuß, den ohne Wiedergeben

(ach wärs auch vor geschehn!) ich setz' auf deinen Mund,

auf deinen kalten Mund! Diß ist der letzte Bund:

so bleib' ich dir vermählt! So ewig Flemings Buhlen,

die zarte Poesie, wird sein in Phöbus Schulen,

so soll dein herzer Nam' an allen Wänden stehn,

und mit der Ewigkeit mein Gloger untergehn!

 

 

8. Auf eben selbiges unter eines Andern Namen

1631 October 16.

 

Und ich auch, wertster Freund, wie muß ich doch beweinen

mein allzufrühes Leid! Du Nützlichster der Meinen,

stehst mir zu zeitlich ab; dein Fleming und dein Ich,

wie seufzen wir doch gnung und trauren recht um dich,

du brüderlicher noch, als Brüder sind zu nennen!

Hat uns denn also bald ein Stiefblick können trennen,

ein Stiefblick, den der Tod auf dich und uns gebracht,

der dich zu einer Leich', uns Waisen hat gemacht?

Wer wird uns ferner nun mit stiller Griffe Weisen,

gelehrtem Unterricht, erfahrner Weisheit speisen

und unser Lehrer sein? Wer wird uns nun forthin

auf Äsculapens Hain' und grüne Hügel ziehn

und uns der Parzen Haß, die guten Kräuter zeigen,

was außer ihnen steht und innerlich zu eigen?

Diß hast du vor getan, fort wird es nicht geschehn,

nun wir dich ohne Seel' und Leben vor uns sehn

auf deiner Bahre stehn. Wer hätte sollen denken,

daß wir dich so geschwind' ins Schwere müsten senken

und zusehn, daß so bald dein freundliches Gesicht'

uns nicht mehr sehen solt' und geben Nacht vor Liecht?

Vor Alles ist nun Nichts. Wags einer nun und traue

auf seinen frischen Leib! Wenn ich dich noch beschaue,

zwar in Gedanken nur, so gläub' ich kaum gar bald,

daß dich hätt' also schnell die äußerste Gewalt

befallen und ins Grab zu Vielen stoßen können.

Was fangen wir nun an, was sollen wir beginnen,

wir, Deine noch wie vor, wir ewig Deine wir?

Wer aber stellt sich uns, wie du getan hast, für?

 

 

9. Auf ihrer Königl. Majestät in Schweden christseligster Gedächtnüß Todesfall

1632 November 6.

 

Wenn unsrer Zeiten Lauf der alten sich noch gliche,

und mit der Jahre Flucht nicht auch die Tugend wiche,

die Tugend, welche sich der Dankbarkeit befleißt

und gar ein seltner Gast in diesem Alter heißt:

was wolte Karien von seiner Treue melden,

so sie hat angetan dem hochgeliebten Helden,

mit dem es gleiche lebt? Was wolt Ägypten sein

mit aller seiner Pracht, die nunmehr gangen ein?

Man würd' ein größer Werk bis in die Wolken führen,

für welchem Babels Bau sich nie nicht durfte rühren,

als solt' es prächtig sein. Es wird ein Turn erbaut,

desgleichen unser Rom noch nie nicht hat geschaut,

wie alt es worden ist. Die Säulen, Bäder, Gänge,

Gemälde, Grabschriften und was mehr solch Gepränge,

davon die Meister Ruhm, die Herren Lust gehabt,

daran man heute noch den blöden Sinn erlabt

im Lesen oder Sehn, die würden niedrig heißen,

wie hoch sie wären auch. Das zwier erlöste Meißen,

das würd' ein Wunderwerk so prächtig richten auf,

das weder Frost, noch Glut, noch trüber Zeiten Lauf

nicht könte reißen hin. Denn so die frommen Alten

dem Fürsten, der sich wol fürs Vaterland gehalten,

den Feinden widersetzt, beherzt und frisch gekämpft

und seine Widerpart mit ernster Faust gedämpft,

zum Zeichen seiner Treu' ein Denkmal aufgerichtet,

wie viel, o wie viel mehr sind wir anietzt verpflichtet,

dem Helden, der nächst Gott uns ledig hat gemacht

und nach so strengem Dienst in erste Freiheit bracht,

ein Werk zu seiner Ehr' und unsrer Liebe Zeichen

zu stellen in die Welt? Was aber kan ihm gleichen?

Was wird sein Denkmal sein? Der Brauch geht bei uns ein,

wir können sonst mit Nichts als Worten dankbar sein.

Daß aber gleichwol auch die Feder etwas treibe

und dieses Helden Ruhm in etwas nur beschreibe

(wer kan sein ganzes Lob?), so sei hier aufgesetzt,

womit in jener Welt sich mancher Gott ergetzt,

da man sein Grabmal hielt. Und es ist wol zu gläuben,

ob wir die ganze Pracht schon können nicht beschreiben,

die frommen Tugenden, des Helden Preis und Zier,

dadurch er leben wird von ietzt bis für und für,

die hielten diß Gepräng'. An einem schönen Orte

ist prächtig ausgeführt ein' aufgetane Pforte

in der Unsterbligkeit. Der Grund ist Helfenbein,

die Säulen dichtes Gold, darein manch edler Stein

nach Künstlers Art versetzt; der Sieg, der Lohn der Stärke,

sitzt mitten innen, gleich zu oberst an dem Werke.

Die Ehr' und Majestät hat sie zur Seiten stehn,

dieweil sie dieser Frau stets pflegen nachzugehn.

Auf Sieg folgt Ruhm und Macht. Sonst sind darauf zu schauen

viel' Fahnen, Beut' und Raub, so zwischen diesen Frauen

und hinter ihnen liegt. Der blasse Menschenfraß

steht unten, hält den Pfeil und unsers Lebens Glas.

Frau Fama gehet vor und bläst des Helden Sachen,

die Taten, die für sich ihn herrlig können machen,

in ganzer Gegend aus. Der ungewohnte Ton

macht, daß das breite Land wie zittrend wird davon.

Hierauf folgt eine Zunft von süßen Musicanten,

verhüllet um das Häupt. Die edlen Kunstverwanten

sind die neun Klarien: Kalliope stimmt an,

Polymnie singt vor, Thalia, was sie kan,

erhebt den lauten Ton, wie denn die andern alle:

sie loben seinen Preis mit ihrem guten Schalle.

Apollo hat das Lied selb selbsten aufgesetzt,

das auch das Himmel-Volk fürs allerbeste schätzt.

Die gute Sache folgt mit Unschuld und dem Glücke,

so ihr zur Seiten gehn. Sie tragen schöne Stücke,

die Wappen und die Zier, so unser dapfre Held

dem rechten Herren hat hinwieder zugestellt.

Der Glaube trägt das Gold, des Könige sich freuen,

die Gottesfurcht die Frucht, die Freiheit hält den Leuen:

diß war des Heldens Zier. Stark, mächtig und mit Frucht

hat er die Weiterung des Regiments gesucht.

Den Apfel trägt die Macht, die Adelheit die Krone,

den Zepter Würdigkeit. Diß hat der Held zu Lohne,

daß er durch seinen Sieg die Welt zu sich gebracht

und das, was Fremder war, ihm untertan gemacht.

Die ernste Gravität läßt seine Fahne fliegen.

Die Stärke sitzt zu Roß, als wie man kämpft im Siegen,

hat seinen Küriß an. Die neigende Gedult

führt dieses hinter sich, was er noch nicht verschuldt

und uns zu zeitig war, die schwarze Totenfahne.

Das Roß, das diesem gleicht, das ihn im freien Plane

von sich sah sinken ab, das führt die Frömmigkeit,

die Demut geht bei her. Die Weisheit ist nicht weit,

wie denn die Klugheit auch mit Einigkeit umgeben.

Der Friede trägt den Schild, die Redligkeit darneben

die ritterliche Sporn, den Helm die Wachsamkeit,

darauf Gerechtigkeit den bloßen Degen beut

und wiegt das Recht wol ab. Den schwerbeladnen Wagen,

auf dem viel Raub und Zeug, dem Feind entnommen, lagen,

begleiten Dapferkeit und unerschrockner Mut,

Geschwindigkeit und Kraft; das adeliche Blut

noch einen anderen, darauf war abgerissen

ein wolverschanzter Ort, worauf sich hören ließen

der Trompterleute Chor und Pauken, so man braucht,

wenn es in offner Schlacht von frischem Pulver raucht.

Nach diesem kompt ein Heer, der Ausschuß dapfrer Helden,

von welchen man so viel itzt überall hört melden,

die der gelobte Fürst stets um sich hatte gehn,

und die ihm itzo noch zu seinen Diensten stehn,

ob er schon nicht mehr da. Was soll ich ferner sagen,

mit was für Harm und Angst, mit was für heißen Klagen

erscheint ein guter Teil von Frauen, so für sich

die Länder, die der Held erfreuet ritterlich,

mit Namen zeigen an? Den Schweden, Gothen, Wenden

ist mehr als andren weh, weil ihren dreien Ständen

ihr Schutz, ihr Trost, ihr Heil, ihr König kommen um.

Chur-Sachsen, Thüringen und Meissen trauren drum.

Chur-Brandenburg klagt laut, ihr Bluts-Freund sei gefallen,

wie Mekelburg denn auch. Man hört sie weit für Allen.

Das Böhmen ist nicht froh, Kron' Frankreich geht betrübt,

weil der liegt, den sie ehrt, und der sie billig liebt.

Die Pfalz und Elsaß gehn mit traurigen Gebärden,

Westphalen scheint, als könt' es nicht getröstet werden.

Der Rheinstrom schleißt die Brust, und Holland trücknet ab

die Tränen, als darzu der Fall ihm Ursach gab.

Das Franken, Würtenberg, das hochbetrübte Schwaben

ziehn als bekümmerte, die keinen Trost mehr haben.

Wie wol hat er verdient, daß sein zu früher Tod

so viel Provinzen setz' in ebengleiche Not!

Sie wollen auch tot sein. Die königliche Leiche,

die Leiche, die der Tod fast ist dem ganzen Reiche,

das nunmehr nicht mehr ganz, wird fürstlich hergeführt;

die Kühnheit und Vernunft, mit der er war geziert,

die Vorsicht, der Verstand, die Schärfe bei dem Kriegen,

Erfahrung, Wissenschaft und Sanftmut in den Siegen

gehn um den Wagen her und klagen ohne Ziel

des Helden Untergang, der alzu zeitlich fiel.

Der Bote Gottes fleugt und setzt die grünen Blätter

dem Helden auf das Häupt.