Wie ist ihm doch zu Sinnen!
Er betet brünstiger das Abba in der Loh,
das Abba, welches uns in letzter Angst macht froh.
Der herbe Sündenkelch, den er ietzt aus muß trinken,
der machet ihn so schwach, daß auch im letzten Sinken
ihm Kraft ein Engel gibt. Der starke Zebaoth,
der vor die Engel schuf, ist ietzt in solcher Not.
Jacobus, schläfestu? Johannes, kanstu rasten?
Auf Simon, denke doch an deines Meisters Lasten!
Auf Schläfer! Schläfer auf! Ietzt kömpt der Capitain
auf das Getsemane, ietzt läst man ihn gleich ein.
Du mörderischer Schelm, in Plutos Gruft erzogen,
du hast beim Phlegeton Erynnis Brust gesogen,
die blaue Neidesmilch. Du kömpst bei später Nacht
ietzt vom Avernus her, gerüstet mit der Macht
der tollen Furien. Was sind die Spieß' und Stangen,
als der Tisiphone giftaufgelaufne Schlangen?
Alekto brennend Pech und Schwefel umb sich schwingt,
wenn man die Fackeln sicht. Jetzt ist der Herr umbringt.
Ihr frischen Krieger ihr, fallt ihr von einem Worte,
das doch kein Donner war? Wie kriecht ihr nach der Pforte!
Ich bins, das hat die Kraft, daß ihr frei lassen müßt,
die der wil, der doch ietzt von euch gefangen ist.
Der zwingt euch, den ihr zwingt. Trit her, trit her, Verräter,
und raffet euch doch auf, ihr nichts als Übeltäter!
Was säumstu, Juda, dich? Laß hören deinen Gruß,
und gieb, du falscher Hund, das Zeichen, einen Kuß!
Diß ist der Augenblick, der dich zur Höllen stürzet,
in dein recht Vaterland. Der Strick, der dir verkürzet
dein Leben hat hernach, wird dir ein Leben sein,
das nichts als Tod doch ist in ungeendter Pein.
Und wär' es nur ein Tod. Wo wird doch Minos finden
gnung Strafen nur für dich? Man wird dich müssen binden,
wo Tityus muß sein und wo sein Geier ist,
der dir die falsche Zung' und ihm die Leber frißt.
Ixion freuet sich, daß du wirst sein Geselle
an seinem Schlangenrad'. Es muß die ganze Helle
dir eine Helle sein. Styx speiet Pech auf dich,
Cocytus brennend Harz und Schwefel grimmiglich.
Nun greift man Jesus an; ietzt führt man ihn gefangen
für Caiphas Gericht', allda die zarten Wangen
den Backenstreich gefühlt. Der wird des Hannas Spiel,
der uns vom ewigen Gespötte freien wil.
Die königliche Hand muß Rohr für Scepter führen,
die Kron' ist Dornenreis, der Purpur muß ihn zieren,
doch nur zu Spott und Schmach. Man beugt für dem die Knie,
man grüßet König den, den man geehret nie.
Er wird der Knechte Spott, der uns zu Herren machet,
der ietzt in höchster Angst wird noch darzu verlachet.
Von Kot und Speichel fleust das heilig' Angesicht,
von Dornen schmerzt das Haupt, die Haut von Geißeln bricht.
Seht, welch ein Mensch ist das! geht, fragt, ob man auch finde
ein' Angst, die dieser gleicht. Er ist, als für uns stünde
sein Schatten und nicht er. Wie macht ihn doch so naß
der Wust und Schmerzenschweiß? Seht welch ein Mensch ist das!
Seht, welch ein Mensch ist das! so ihr noch könt erkennen,
daß er nicht sei vielmehr ein Wurm als Mensch zu nennen.
Wie elend ist er doch, wie krank! wie mat! wie blaß!
Wie wund! wie zugericht! Seht, welch ein Mensch ist das!
Der Leib ist Beulen voll, gelifert Blut und Eiter
rinnt häufig von ihm weg, die Wunden brechen weiter,
die Strimen laufen auf in ungezählter Zahl.
Da ist kein Plätzlein nicht, das habe nicht ein Mal.
O Modul aller Angst! O Exemplar zu dulden!
Wir, wir sind Streiche werth, denn unser sind die Schulden.
Wie kanst du so den Sohn, o Vater, richten zu?
Halt inne, schlag auf uns und gib dem Bürgen Ruh!
O Qual, o höchste Qual! O Marter aller Plagen,
die du, o Bruder, must für uns ietzunder tragen!
Du bist Immanuel, von unsern Wunden wund,
durch welche Wunden du die unsern machst gesund.
Die Schmerzenstöchter dich, die Thränen, scheußlich machen,
sie fließen als ein Strom, auf daß wir möchten lachen.
Doch schweigstu, wahres Lamb, und sagst kein Wörtlein nicht,
auf daß wir künftig nicht erstummen für Gericht.
O wahrer Menschenfreund, die doch sind deine Feinde,
was tustu nicht für sie? Ein Freund, der seinem Freunde
durch sich den Tod versöhnt, das ist die höchste Treu:
hier sieht man wie ein Freund für Feind' ermordet sei.
Diß muß jo sein ein Freund, diß muß jo lieben heißen!
Er schonet seiner nicht, läst weidlich auf sich schmeißen,
daß uns in Plutos Gruft Alekto peitsche nicht
und Rhadamantus wir nicht kommen für Gesicht.
Hie hilft kein Helfen nicht, ihn kan ietzt niemand retten,
die Strafe liegt auf ihm, auf daß wir Friede hätten.
Des Vaters Zornesflut fährt über ihn mit Graus
und wil ihn aus dem Land' und Leben rotten aus.
Man wil ihn haben tot, und wird doch nichts erwiesen.
Der Zeugen Zeugnüß wankt. Er wird gerecht gepriesen
vom Pfleger Pontius. Noch sol und muß er dran,
ob man gleich keine Schuld auf ihn erzwingen kan.
Herodes lacht ihn aus, Pilatus, fast erzwungen,
spricht ihn dem Tode zu. Die Alten mit den Jungen
erbitten Barrabas. Der Mörder wird erkiest
für dem, der doch für sich das wahre Leben ist.
O Urteil ohne Recht! O Strafen ohne Sünden!
Messias muß nun fort. Er muß sich lassen binden.
Zum Kreuz ist er verdampt. Der wahre Todes Tod,
des Lebens Leben selbst kömpt ietzt in solchen Spott.
Der Segen wird ein Fluch, auf daß wir Segen hätten,
vom Fluche frank und quit: die Freiheit geht in Ketten,
auf daß wir würden frei. Sein Blut durchstreicht den Brief,
der wider unser Blut zu Gott stets schrie und rief.
Er mus auf Golgatha das Kreuz ihm selber tragen,
der unser Kreuze trägt. Er wird daran geschlagen,
streckt Händ' und Füsse weg, der doch in seiner Macht,
was Auf- und Niedergang, was Mitter-Tag und Nacht
in sich bearmet, hält. Der hänget zwischen Dieben,
der ohne Sünde war. Denkt, denkt, was ihr könnt üben,
ihr Herzen ohne Herz', ihr nichts als Ottergift!
Die Sonne trübt der Fall, der ihren Schöpfer trifft,
sie macht den Tag zur Nacht. Das blaue Schloß des Himmels
entfärbt sich ob der Tat. Von Stürmen des Getümmels
erblaßte Cynthia sampt ihrer güldnen Schar
und eilet' an die Wacht, als es noch hoch Tag war.
Nocturnus wuste nicht, welch Pferd er satteln solte.
Auch Atlas bebete, gleich ob er fallen wolte.
Die Wolken drungen sich und flogen schneller fort.
Neptunus kunte selbst für Sturme nicht zu Port.
Es zittert die Natur, weil ietzt ihr Vater zaget.
Gott reißet sich von Gott. Vor Durst der Schöpfer klaget,
das gallgefüllte Rohr, der essigvolle Schwamm
muß mehren seinen Schmerz. An dem verfluchten Stamm'
hängt unser Lebensbaum. Die hier vorüber giengen,
die klatschten mit der Hand. Auch selbst die mit ihm hiengen,
die schalten auf ihn zu.
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