Die 500 Millionen Der Begum: Roman

COLLECTION JULES VERNE
BAND 32
Die 500 Millionen der Begum
Pawlak Taschenbuch Verlag, Berlin, Herrsching

Nachdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlages A. Hartleben, Inh. Dr. Walter Rob, Wien I.
Die Vorlagen für die Umschlagillustrationen der Collection Jules Verne sind Jules Verne Bänden, erschienen im A. Hartleben’s Verlag, Wien, entnommen.
Umschlaggestaltung: Bine Cordes, Weyarn
© 1984 Pawlak Taschenbuch Verlag, Berlin, Herrsching Alle Rechte vorbehalten,
insbesondere das Recht des Nachdrucks
in Zeitschriften und Zeitungen, des öffentlichen Vortrags, der Verfilmung oder Dramatisierung, der Übertragung durch Rundfunk oder Fernsehen, auch einzelner Bild- oder Textteile.
Gesamtherstellung: Elsnerdruck GmbH, Berlin Printed in Germany
ISBN: 3-8224-1032-2

Die phantastische Erbschaft der sagenhaften Begum müssen sich zwei Männer teilen, ein Franzose und ein Deutscher. Während der Franzose damit eine vorbildliche Industriestadt errichtet, baut der Deutsche eine waffenstarrende Stadt: Stahlstadt, von der aus er die ganze Welt erobern will. Ist dieser größenwahnsinnige Erfinder zu stoppen?
Erstes Capitel
In dem Mr. Sharp sich bei dem Leser einführt
»Diese englischen Zeitungen leisten doch wirklich alles Mögliche!« sprach der wackere Doctor so für sich hin, während er sich’s in dem großen, lederüberzogenen Lehnstuhle bequem machte.
Doctor Sarrasin liebte den Monolog von jeher als eine Art Zerstreuung.
Er war ein Mann von fünfzig Jahren, mit seinen Zügen, lebhaften, durch die Stahlbrille hervorblitzenden Augen und ernster, doch liebenswürdiger Physiognomie, kurz, er gehörte zu den Leuten, bei deren ersten Anblick man sich sagt: Das ist ein braver Mann! Auch in heutiger früher Morgenstunde zeigte sich der Doctor, ohne daß seine Erscheinung etwas Gesuchtes verrieth, schon frisch rasirt und mit blendend weißer Cravatte.
In seinem Hôtelzimmer zu Brighton lagen da und dort die
»Times«, der »Daily Telegraph« und die »Daily News«
ausgebreitet. Es schlug eben zehn Uhr, doch hatte der Doctor schon Zeit gefunden, einen Weg in die Stadt zu machen, ein Krankenhaus zu besuchen und, nach seinem Hôtel zurückgekehrt, in den wichtigsten Tagesblättern Londons den ausführlichen Bericht über eine Denkschrift zu lesen, die er erst vorgestern dem großen internationalen hygienischen Congresse vorgelegt hatte und welche einen von ihm erfundenen
»Blutkügelchen-Zähler« betraf.
Auf einem mit sauberer Serviette überdeckten Theebrette standen vor ihm ein schwach gebratenes Cotelette, eine Tasse dampfenden Thees und mehrere delicate Röstschnittchen, welche die englischen Köchinnen so vorzüglich zubereiten, weil ihnen die Bäcker dazu eine besondere Sorte kleiner Brote liefern.
»Ja, ja, wiederholte er, die Zeitungen des Vereinigten Königreichs leisten wirklich alles Mögliche, das ist nicht zu leugnen!…. Der Speech des Vicepräsidenten, die Antwort des Doctor Cigogna aus Neapel, die Darlegung aus meiner Denkschrift – Alles ist im Fluge, auf frischer That erfaßt, photographirt möcht’ ich’s nennen.
– Doctor Sarrasin aus Douai hat das Wort. Das ehrenwerthe Mitglied des Congresses spricht französisch. »Die verehrten Zuhörer werden entschuldigen, beginnt er, daß ich mir diese Freiheit nehme; Sie verstehen aber jedenfalls Alle meine Muttersprache besser, als ich mich in der ihrigen auszudrücken vermöchte….
– Fünf Spalten kleiner Schrift!…. Ich weiß nicht, ob der Bericht der »Times« den Vorzug verdient, oder der im
»Telegraph«…. zuverlässiger und eingehender kann man eben nicht referiren!….«
Hier stand Doctor Sarrasin eben in seinem Gedankengange, als der Ceremonienmeister in höchsteigener Person – einen geringeren Titel würde man der untadelhaft schwarzgekleideten Persönlichkeit kaum beizulegen wagen –
an die Thür klopfte und anfragte, ob, »Monsion« zu sprechen sei….
»Monsion« ist eine beliebte Allgemeinbezeichnung bei den Engländern, welche sie instinctiv allen Franzosen gegenüber gebrauchen, so wie sie gegen alle Regeln des Anstandes zu verstoßen fürchten würden, wenn sie einen Italiener nicht mit
»Signor« und einen Deutschen nicht mit »Herr« anredeten.
Gewiß hat diese durchgängig eingebürgerte Gewohnheit mindestens den Vortheil, die Nationalität der Leute gleich von vornherein kenntlich zu machen.
Doctor Sarrasin hatte die ihm überreichte Karte in der Hand.
Erstaunte er überhaupt schon darüber, in einem Lande, wo er keinen Menschen kannte, Besuch zu erhalten, so war das noch mehr der Fall, als er auf dem kleinen, länglich viereckigen Kärtchen las:
»Mr. Sharp, Sollicitor,
93 Southampton row,
London.«
Er wußte, daß ein »Sollicitor« der einheimische englische Anwalt war, oder vielmehr ein Bastard- Rechtsbeflissener, ein Zwischending zwischen Kanzleianwalt und Advocat, etwa der frühere Procurator.
»Was zum Teufel kann ich mit diesem Mr.
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