In dem beinahe sicheren Bewußtsein, hiermit die richtige Spur entdeckt zu haben, benützte ich den ersten Zug nach Brighton, sah Sie selbst beim Verlassen des Congresses und – meine Ahnung war erfüllt. Sie sind das lebendige Ebenbild Ihres Großvaters Langevol, wie ihn eine in unserem Besitz befindliche, nach einem Oelbilde des indischen Malers Saranoni angefertigte Photographie darstellt.«

Mr. Sharp nahm eine Photographie aus seinem Notizbuche und übergab sie Doctor Sarrasin. Das Bild zeigte einen hochgewachsenen Mann mit prächtigem Barte, einen Turban mit flimmernder Aigrette und einem grün verbrämten Brokatrocke in der beliebten Haltung der historischen Porträts eines commandirenden Generals, der den Befehl zu einem Angriffe ausfertigt, während sein Auge auf das des Beschauers gerichtet ist. Den Hintergrund bildete die Andeutung des Gewühls einer Schlacht und einer Reiter-Attaque.

»Diese Schriftstücke werden Ihnen mehr sagen als ich, nahm Mr. Sharp wieder das Wort. Ich lasse dieselben jetzt in Ihren Händen und komme mit Ihrer Erlaubniß nach zwei Stunden wieder, Ihre Aufträge entgegenzunehmen.«

Mit diesen Worten entnahm Mr. Sharp seiner Reisetasche sechs bis sieben theils gedruckte, theils geschriebene Actenpackete, legte dieselben auf den Tisch nieder und näherte sich, rückwärts schreitend, langsam der Thüre.

»Sir Bryah Jowahir Mothooranath, ich habe die Ehre, mich Ihnen zu empfehlen.«

Halb vertrauend und halb zweifelnd, ergriff der Doctor die Actenhefte und begann, sie zu durchblättern.

Schon eine flüchtige Prüfung genügte, ihn zu überzeugen, daß die Sache in Ordnung und jeder Zweifel unbegründet sei gegenüber so vollwichtigen Documenten wie dem folgenden:

»Bericht an die hochehrwürdigen Lords des Geheimen Rathes der Königin, deponirt am 5. Januar 1870, betreffend die unbeanspruchte Nachlassenschaft der Begum Gokool von Ragginahra, Provinz Bengalen.

»Thatbestand. – Es handelt sich um das Eigenthumsrecht mehrerer Mehals und 43.000 Bengales Ackerlandes, verschiedener Gebäude, Paläste, Wirthschaftshöfe, Mobilien, Capitalien, Waffen u.s.w. u.s.w. welche aus der Nachlassenschaft der Begum Gokool von Ragginahra herrühren. Aus mehrfachen, dem Civilgericht in Agra und dem Appellations-Gericht in Delhi unterbreiteten Darlegungen geht hervor, daß die Begum Gokool, Witwe des Rajah Luckmissur und Erbin höchst umfangreicher Besitzungen, im Jahre 1819

einen Ausländer, einen Franzosen von Geburt, Namens Jean Jacques Langevol ehelichte. Dieser Ausländer diente mit dem Grade eines Unterofficiers (Tambour-Majors) bis 1815 im 36.

Infanterie- Regiment der französischen Armee und schiffte sich, als die sogenannte Loire-Armee damals aufgelöst wurde, in Nantes als Factor eines Kauffahrers ein. Er langte in Calcutta an, begab sich in das Innere des Landes und erhielt bald die Stelle eines Instructions- Hauptmanns der kleinen Armee von Eingebornen, welche der Rajah Luckmissur zu halten berechtigt war. In kurzer Zeit avancirte er zum Oberbefehlshaber derselben und erhielt, bald nach dem Tode des Rajah, auch die Hand von dessen Witwe. Aus Rücksichten der Kolonialpolitik und in Anbetracht der wichtigen Dienste, welche Jean Jacques Langevol den Europäern in Agra unter mißlichen Verhältnissen erwiesen, sah sich der General-Gouverneur der Präsidentschaft Bengalen veranlaßt, für den Gemal der Begum den Baronetstitel zu erbitten, der ihm auch zugestanden wurde. Das Gebiet von Bryah Jowahir Mothooranath wurde in Folge dessen zum Lehn erhoben. Die Begum verstarb im Jahre 1839 und hinterließ die Nutznießung aller ihrer Besitzungen an Langevol, der ihr zwei Jahre später in’s Grab nachfolgte. Ihrer Ehe entsproß nur ein einziger, von Kindheit auf schwachsinniger Sohn, der sofort unter obrigkeitliche Vormundschaft gestellt werden mußte. Bis zu seinem im Jahre 1869 erfolgten Tode wurden dessen Güter u.s.w. getreulich administrirt. Jetzt existiren für die ungeheuere Nachlassenschaft keine bekannten Erben. Da das Gericht von Agra und der Appellationshof in Delhi auf Ansuchen der Localbehörden im Namen des Staates die Licitation dieses Nachlasses verfügt haben, geben wir uns die Ehre, die Lords des Geheimen Rathes um ihre Bestätigung der beabsichtigten Maßnahmen zu ersuchen u.s.w. u.s.w.«

Folgen die Unterschriften.