Aggy«, rief er noch dem Neger warnend zu, »gib auf meinen Hirsch gut acht.«

Der Schwarze fletschte die Zähne. Richard ließ die Pferde stehen und näherte sich dem Wild. »Wahrlich, ein Hirsch! Ich bin ganz erstaunt! Er hat zwei Schüsse, und beide haben getroffen. Wie wird Freund Marmaduke prahlen! Er tut es bei solchen Gelegenheiten zu gern. Wer hätte auch gedacht, daß Duke noch vor Weihnachten einen Hirsch schießen würde - nun ist gewiß kein Auskommen mehr mit ihm! Und doch ist es bloßer Zufall, nichts wie Zufall. Höre einmal, Aggy! Sag die Wahrheit oder ich haue dich zusammen.«

Auf diese fürchterliche Drohung berichtete der Schwarze schlotternd mit wenigen Worten den wahren Zusammenhang, und er beschwor den immer noch drohenden Richard, ihn vor dem Zorn des Richters zu schützen.

»Das will ich tun«, erwiderte der kleine Mann frohlockend, »sage nichts, aber laß mich gewähren. Jetzt schnell nach Haus, Aggy. Ich muß den jungen Mann verbinden helfen.«

Drittes Kapitel

 

Der Weg senkte sich und führte über die Brücke eines schmalen, reißenden Flusses, gerade in das Dorf Templeton hinein. Hier erreichten die raschen Pferde Richards den ersten Schlitten, und bald befanden sich beide mitten zwischen den Häusern des Dorfes. Die letzten Strahlen der untergehenden Sonne waren verschwunden, und der dunkle Dezembertag lag wie ein schwarzer Schleier über dem gefrorenen See. Schließlich bogen die Pferde des Richters mit einer raschen Wendung in den offenen Torweg ein, und dann ging es durch eine kahle Pappelallee auf das steinerne Haus zu. Fünf Stufen führten hier zu einem Vorplatz hinauf. In der großen Tür des Vorhauses standen zwei weibliche Dienstboten und ein Mann, der groß und vierschrötig aussah. Dieser Mann gab sich für einen Engländer aus der Grafschaft Cornwall aus. Er hatte anscheinend ein recht abenteuerliches Leben hinter sich gebracht, bevor er in das Haus des Richters kam und von Richard Jones als Haushälter angestellt wurde. Sein eigentlicher Name war Benjamin Penguillan, doch hatte er wegen einer merkwürdigen Geschichte, die er häufig erzählte, allgemein den Spitznamen Ben-Pump bekommen. Er rühmte sich nämlich, nach dem Sieg des Admirals Rodney sein Schiff durch anhaltendes Pumpen gerettet zu haben.

Neben Benjamin drängte sich eine Frau von mittleren Jahren. Sie sprach der Tabakdose so fleißig zu, daß man ihre gelbe Hautfarbe als eine Folge des Schnupfens ansehen konnte. Ihr Name war Remarkable Pettibone. Sie war alles in einem: Oberaufseherin über den weiblichen Teil der Dienerschaft, Haushälterin und Spinnerin. Jetzt kam ein stattlicher Bullenbeißer, der ein Halsband mit den Buchstaben M. T. um seinen Hals trug, zur Begrüßung die Stufen herunter und ging langsam auf den Richter zu, der ihn freundlich streichelte. Als er zu Elisabeth kam, küßte sie ihn zärtlich und nannte ihn ihren lieben, alten Bravo. Das Tier schien sie wiederzuerkennen und sah ihr aufmerksam nach, als sie von ihrem Vater und Herrn le Quoi die glatten Stufen hinaufgeführt wurde.

Elisabeth folgte den Herren in einen großen Saal, der nur sparsam durch zwei Lichter auf hohen, altmodischen Leuchtern erhellt war. Der Raum hatte etwas Feierliches. Auch konnte man auf die Wohlhabenheit des Richters schließen.

Jetzt erhob sich plötzlich die Stimme Richard Jones’, der heftig mit seiner Peitsche knallend eintrat. »Wie, Ben-Pump! Ist das die Art, wie man eine Erbin empfängt? Verzeih ihm, Elisabeth! Geschwind, Penguillan! Zünden Sie mehr Lichter an, daß man sich gegenseitig erkennen kann. Hier, Vetter Duke, habe ich dir auch den Hirsch mitgebracht! Was soll damit werden?«

Nachdem sämtliche Kron- und Wandleuchter angezündet waren, glänzte der Saal in hellem Licht. Das junge Mädchen sah sich prüfend im Zimmer um und betrachtete neugierig und liebevoll alle Gegenstände.